Kröpeliner-Tor-Vorstadt. Die Lippen knallrot, der Lidschatten grün- golden, die Wimpern künstlich verlängert, weißes Puder für die Wangen — das obligatorische Make-up, wenn Jörgen Heiser als „Schwester Rosa La Ola Grande vom Orden der perpetuellen Indulgenz“ beim Christopher Street Day (CSD) um Spenden für Aids-Projekte wirbt. Am 20. Juli, wenn Schwule, Lesben und Transgender durch Rostock ziehen, könnte Heiser diese Optik Handschellen einbringen. Nebst Strafanzeige. Auslöser sind die Auflagen des Stadtamts.
Das sieht in der frech-fröhlichen Maskerade einen Verstoß gegen das Vermummungsverbot. Und legt elf Tage, bevor bis zu 5000 Menschen für gleiche Rechte aller auf die Straße gehen, mit einem dicken Katalog an Verboten nach. Fassungslosigkeit beim Rostocker CSD-Verein. „Bleibt die Behörde hart, müssen wir den Tag kurzfristig absagen“, kündigt Mathias Luther vom Vorstand an. Bitter für die sechs Ehrenamtler, die seit einem Jahr Demo und Bühnenprogramm auf dem Neuen Markt vorbereiten.
„Geht es nach dem Behördenwillen, dürfen weder Musik gespielt noch Getränke oder Grillwurst verkauft, nicht mal Sitzmöglichkeiten aufgestellt werden“, zählt CSD- Vorstand André Kurth auf. „Und das bei einer auf neun Stunden ausgelegten Großveranstaltung.“
Noch schwerer wiegt das Verbot der Kinderbetreuung. Keine Hüpfburg, keine Bastelecke. „Gemäß unserem Motto ,Familie ist Vielfalt! Denn auch wir sind gute Eltern wollten wir dem Nachwuchs von Teilnehmern und Zuschauern Ablenkung bieten. Das Nein ist ein Schlag unter die Gürtellinie“, sagt Luther. Resignation auch bei Mitstreiter Hannes Möller: „Um das Alkoholverbot sicherzustellen, müssten wir den Platz einzäunen, alle Taschen kontrollieren. Unmöglich.“
Das Hickhack zwischen Sachbearbeitern und Organisator zieht sich über Monate. „Das Amt zweifelt die politische Ausrichtung an“, erläutert Luther. „Will uns in die Ecke ,Vergnügungsevent drängen und damit Gebühren verlangen.“ Kosten, die dem Verein bei einer angemeldeten Demo nicht entstünden. Das Geld ist knapp. Rund 10 000 Euro muss der Verein aufbringen, um den CSD zu stemmen. Finanziert von Sponsoren und aus den Einnahmen beteiligter Gastronomen. „Die Jahr für Jahr zu gewinnen, ist ein mühsames Geschäft, da bleibt nichts über“, sagt Kurth.
In einem letzten Akt des Aufbegehrens sucht der Verein nun Hilfe bei den Parteien der Stadt. „Linke und Rostocker Bund haben sofort reagiert“, sagt Luther. Auch die Schirmherrin des CSD, Bürgerschaftspräsidentin Karina Jens, hat sich in die Spur gesetzt: „Die Forderungen der Verwaltung kann ich nicht nachvollziehen.“ Schützenhilfe gibt es auch von Oberbürgermeister Roland Methling (UFR). Der hat seine Mitarbeiter zu einem heutigen Gespräch mit den Veranstaltern vergattert. „Und das mit Ergebnis“, so Methling.
• Infos:
unter www.csdrostock.com
Katrin Starke