Wismar. Morgen lädt der Wismarer Friedhofsverein zum Sommerfest ein. Es beginnt um 17 Uhr auf dem Friedhof. Dr. Anja Kretschmer, Kunsthistorikerin und Vorsitzende des Vereins, erklärt: „Die Menschen kennen den Friedhof nur als Bestattungsort. Dabei ist es ein besonderer Platz mit einer interessanten Geschichte. Man kann sich auch ohne einen Trauerfall den Friedhof ansehen.“ Sie macht sie den Menschen Mut, durch den Friedhof als Park zu spazieren, ihn zu entdecken und zu genießen, trotz der meist damit verbundenen Gedanken an das Lebensende. Der Verein will die Menschen auf den Friedhof locken – ganz lebendig und für ein paar schöne Stunden.
Mit „Wandelei auf vergessenen Pfaden – Ein Sommerfest auf dem Gottesacker“ ist der morgige Sommerabend vor dem historischen Leichenwärterhaus überschrieben. Die Gäste haben die Möglichkeit, sich in Ruhe den Friedhof anzusehen, dazu werden auch das Leichenwärterhaus und die Mausoleen für Führungen geöffnet. Im Leichenwärterhaus wird eine Ausstellung zur Geschichte des Gebäudes gezeigt. Zudem werden die historischen Figuren des „Leichenwärterpaares“ Geschichten aus ihrem Leben und ihrer Arbeit erzählen. Kunsthistorikerin Dr. Anja Kretschmer weiß, das wird interessant, unterhaltsam und natürlich auch skurril aus heutiger Sicht. „Hier hat der Leichenwärter mit seiner Familie gewohnt und geschlafen, direkt im Raum neben der Leichenhalle“, erzählt sie. Denn in Zeiten, in denen der Tod nicht einwandfrei medizinisch nachweisbar war, wartete der Leichenwärter mit der Bestattung, bis die ersten Spuren der Verwesung eintraten. Heutzutage recht ungewöhnlich.
Genauso die Gästekutschfahrten über den Friedhof, wo sonst höchstens die Autos der Bestatter und die der Friedhofsmitarbeiter langfahren. „Wir wollten eigentlich wieder eine historische Leichenkutsche nach Wismar holen, aber das war finanziell nicht machbar“, erklärt Anja Kretschmer. Die Kutschfahrten übers Gelände wurden vor zwei Jahren schon einmal angeboten und sehr gut angenommen. Kulinarisches, Musik, Vorträge, Ausstellung und Führungen – das Sommerfest am ungewöhnlichen Ort verspricht, ganz lebendig zu werden.
Geplant ist auch die feierliche Übergabe der sanierten Tür der Hermeskapelle auf dem historischen Friedhof.
Treff ist vor dem Leichenwärterhaus. Für den Eintritt wird um eine Spende von fünf Euro gebeten.
Nicole Hollatz