Rostock. Früher war alles so einfach: Wer etwa ein Autokennzeichen hatte, das mit HWI begann, kam aus Wismar. Dort leben nur 45000 Menschen – umso schöner war es, in der Fremde ein Auto aus der Heimat zu sehen. Heute ist alles viel komplizierter: Seit der letzten Kreisreform gibt es neue Kennzeichen, aber auch die alten blieben gültig. Wer umzieht, kann sein Nummernschild behalten. Und dann lassen sich auch noch alte Kennzeichen früherer Kreise wählen. Dadurch entsteht auf den Straßen von MV eine immer buntere Mischung von Nummernschildern.
Beispiel Ribnitz-Damgarten: Früher gab es in der Stadt im heutigen Landkreis Vorpommern-Rügen fast nur das Kennzeichen NVP für den damaligen Kreis Nordvorpommern. Davon gibt es noch heute im ganzen Kreis etwa 54800. Dann kam die Kreisreform und neue Autos wurden auf VR zugelassen. Das sieht man inzwischen rund 24300 Mal. Seit auch alte Kennzeichen wieder erlaubt sind, erfreut sich RDG für Ribnitz-Damgarten wieder wachsender Beliebtheit: Fast 7600 Autos fahren damit durch die Gegend. Hinzu kommen die Zugezogenen, die ihr altes Nummernschild mitgenommen haben. Das waren alleine in diesem Jahr bislang rund 500 im Kreis Vorpommern-Rügen.
Insgesamt sind inzwischen rund 50 verschiedene Kennzeichen in MV vergeben, obwohl es nur noch sechs Kreise und zwei kreisfreie Städte gibt. Am buntesten geht es in den Kreisen Vorpommern-Greifswald und Mecklenburgische Seenplatte zu: Dort sind jeweils neun verschiedene Kürzel möglich.
In Vorpommern-Greifswald dominiert dabei das neue Kennzeichen VG, das auf rund 44500 Nummernschildern prangt. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die Altkreise Ostvorpommern (OVP, 38424) und Uecker-Randow (UER, 24774). Von den ebenfalls wieder erlaubten Städtekennzeichen ist UEM für Ueckermünde mit 8446 am beliebtesten.
Ganz anders sieht es an der Mecklenburgischen Seenplatte aus: Dort konnte sich das neue Kennzeichen MSE mit 10500 vergebenen Nummern bisher kaum durchsetzen. Zum Vergleich: Das alte MST für Mecklenburg-Strelitz rollt noch 53300 Mal durch den Kreis.
Aber nicht nur die Anfangsbuchstaben des Kennzeichens spielen für viele Autofahrer eine Rolle. Viele wünschen sich für den zweiten Buchstabensatz ihre Initialen oder bei den Zahlen ihren Geburtstag.
Manche Kennzeichen erlauben allerdings auch ganze Worte, wenn man alle Buchstaben hintereinander liest. So können Rüganer seit der Liberalisierung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung wieder die Kombination RÜG-EN wählen. „Viele Bewohner der Insel möchten so ihren eigenen Wohnort präsentieren“, sagt Olaf Manzke, Sprecher des Kreises Vorpommern-Rügen. Auch im Kreis Ludwigslust-Parchim bieten sich solche Wortspiele an: „Gerne werden die Kombinationen LUP-US oder LUP-O gewählt“, sagt Sprecher Andreas Bonin. Das passt: Lupus heißt der Wolf auf Latein und im Kreis Ludwigslust-Parchim lebt eines der beiden Wolfsrudel in MV. In Anklam (Kreis Vorpommern-Greifswald) bietet sich das alte Kennzeichen für das Wort ANK-ER oder den Namen ANK-E an. Im Landkreis Rostock sind es wiederum ROS-E, ROS-T und ROS-I, die durch den Altkreis Rostock ermöglicht werden, oder auch GÜ-TE im früheren Kreis Güstrow.
Die Rostocker wiederum hängen offenbar an ihren Kennzeichen, auch wenn sie gar nicht mehr in der Hansestadt wohnen. „Mit dem Kennzeichen HRO fahren 3783 Fahrzeuge, die mittlerweile anderswo registriert sind“, sagt Stadtsprecher Ulrich Kunze. Und das obwohl es eine unverschämte Verballhornung dieses Kürzels gibt: „Die einschlägige Literatur übersetzt HRO mit ,Hirnlose Rasende Ossis’, was natürlich eine einzige Lüge ist“, betont Kunze. Mit rund 110000 vergebenen Schildern ist HRO gleichzeitig das meist verbreitete Kennzeichen in MV.
Axel Büssem