Rostock. Alles „Psycho“ oder was? Diesem Hype steht Professor Wolfgang Schneider, Direktor der Rostocker Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin an der Uni-Klinik, skeptisch gegenüber.
Doch wie viel Erschöpfung ist normal? Denn: Immer häufiger scheinen Stress, Angst, Beziehungsprobleme, Arbeitsüberlastung oder Arbeitslosigkeit zu Depressionen oder Angststörungen zu führen.
Epidemiologische Studien haben ergeben, dass heute pro Jahr jeder vierte Mann und jede dritte Frau an einer psychischen oder psychosomatischen Krankheit leiden würden. „Die Krankschreibungen wegen psychischer Probleme haben in den letzten zehn Jahren deutlich zugenommen“, unterstreicht Schneider. Auch bei den Berentungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit stellen diese Erkrankungen die größte Gruppe dar: 40 Prozent bundesweit. Seiner Auffassung nach stellen Ärzte zu bereitwillig Diagnosen wie Burn-out, Mobbing, Depression und posttraumatischen Belastungsstörung. „Mehr und mehr werden soziale Probleme in scheinbar medizinische umgewandelt.“
Während der 14. Warnemünder Psychotherapietage, die heute beginnen, diskutieren Experten aus ganz Deutschland. Tagungspräsident Schneider meint, dass oft mehr Zuwendung nötig sei, damit Patienten ihre Probleme im Alltag meistern können.
Wolfgang Thiel