Greifswald. „Ehrenamtliche für die Vereinsarbeit zu gewinnen, wird immer schwieriger“, sagt Klaus Ledderhos, Vereinsvorsitzender des Greifswalder Seesportclubs. „Wenn wir unsere Jugendlichen so weit haben, dass sie Übungsleiter werden könnten, gehen sie meist weg, weil sie hier keine Arbeit finden“, sagt Ledderhos.
Auch ein verändertes Arbeitsleben mit hohen Anforderungen an die Flexibilität der Mitarbeiter mache das Ehrenamt oft unmöglich. „Kaum jemand kann noch regelmäßig um halb vier auf dem Sportplatz stehen, um eine Kindermannschaft zu betreuen“, sagt Thomas Lewerenz, zweiter Vorsitzender des Greifswalder SV. Wie andere Vereine hat auch der GSV im Herbst vor der Mensa um Erstsemsterstudenten geworben — mit Erfolg. „Wir haben schon einige Studenten bei uns, die wirklich sehr engagiert sind“, so Lewerenz.
Auch im Seesportclub füllen Studenten die Lücke bei den Ehrenamtlichen. „Ohne die ginge es bei uns gar nicht mehr“, sagt Klaus Ledderhos, beklagt aber auch die Semestergebundenheit der Studierenden.
Den Studenten selber wird nachgesagt, dass sie seit Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge zunehmend weniger Zeit haben, ehrenamtlich aktiv zu sein. Das kann Nicolas Wartenberg, Vorsitzender des Studierendenausschusses, nicht bestätigen. „Wir haben keine Nachwuchssorgen, es gibt hier viele die sich in den Hochschulgruppen und Clubs engagieren. Darunter auch eine Reihe von Bachelorstudenten.“
Aus der Gruppe der Studenten oder Berufseinsteiger speist sich auch der Pool der Ehrenamtlichen beim Naturschutzbund (NABU). „Viele sind Biologie- oder Landschaftsökologiestudenten“, sagt Anja Reuhl, die beim NABU ein Ehrenamtsprojekt zur Betreuung eines Schutzgebietes angeschoben hat. Schwierig sei es, wenn es darum gehe, kontinuierliche Arbeit aufzubauen oder Freiwillige für die Vorstandsarbeit zu gewinnen. „Eine wichtige Erkenntnis ist auch, dass wir die Ehrenamtlichen nicht alleine lassen dürfen, sondern dass auch sie begleitet und betreut werden müssen“, sagt Reuhl.
Neben größeren Vereinen und Verbänden gibt es in Greifswald und Umgebung viele kleine Initiativen, die ohne Ehrenamtliche gar nicht existieren könnten. Und es gibt politische und institutionalisierte Ehrenämter. Eines davon sind die Elternräte der Schulen. Claudia Metz, Kreiselternratsvorsitzende, sagt, das Problem sei nicht, Eltern von Schulkindern für den Elternrat zu gewinnen, sondern welche zu finden, die sich dann auch engagieren. „Um politisch etwas zu bewirken, muss man eine ganze Menge Zeit und Energie investieren, die haben viele nicht“, sagt sie.
Eines der ältesten Ehrenämter ist das Schöffenamt. „Ich habe nur gute Erfahrungen mit den Schöffen gemacht“, sagt Jörg Dräger, Direktor des Amtsgerichts. „Sie sind zuverlässig und motiviert. Seitdem ich am Gericht bin, kann ich keinen negativen Trend erkennen.“
„Wir haben unsere Aufgaben stets im Kollektiv bewältigt“, erzählt Betty Krüger. „Besonders schön war, zu sehen, wie junge Sanitäter, um deren Ausbildung wir uns gekümmert haben, bei Wettkämpfen Erfolge feiern konnten. Das waren Momente, die mir gezeigt haben, dass es Sinn macht.“
„Kameradin Krüger ist ein leuchtendes Beispiel dafür ,wie wir uns alle engagieren sollten“, begründete Landesverbandsarzt Dr. Bernd Müllejans die Entscheidung. kl
Anke Lübbert