Bad Doberan: Bürgermeister kritisiert Corona-Regeln und bekommt Ärger

Ein Facebook-Post von Bürgermeister Jochen Arenz schlägt Wellen. Stadtvertreterin Birgit Mersjann (SPD) hat sich in einer persönlichen Erklärung während der Stadtvertretersitzung am Montag davon distanziert. Grund: „Obskure Plattformen im Internet, die eine Nähe zu querdenkerischen Theorien vermuten lassen“, feierten ihn als „besten Bürgermeister Deutschlands“. Der Post sei nicht zum Wohle der Stadt. Hintergrund: Am 29. Oktober schrieb Jochen Arenz auf seiner Seite im sozialen Netzwerk Facebook: „Als Bürgermeister der Stadt Bad Doberan möchte ich eine klare Position zum erneuten Lockdown beziehen: Nein, ich bin mit diesem Bündel undifferenzierter und hilfloser Maßnahmen absolut nicht einverstanden. Kultureinrichtungen wie Kinos, Kirmes oder Theater, unsere Gastronomie und Hotels, Sport und Fitnessstudios haben beispielhafte Hygienekonzepte und spielen bei der Verbreitung des Coronavirus statistisch bewiesen kaum eine Rolle.“ Hallo zusammen, als Bürgermeister der Stadt Bad Doberan möchte ich eine klare Position zum erneuten Lockdown beziehen:... Posted by Jochen Arenz on Thursday, October 29, 2020 Die meisten Infektionen gebe es im privaten Bereich, in den die Menschen durch den Lockdown jetzt hineingedrängt würden. „Das soll die Pandemie bremsen, im Dezember soll dann alles gut sein? Ich akzeptiere nicht, dass unsere Kinder nicht mehr zum Training dürfen oder sich mit Freunden treffen können (...).“ Leser-Umfrage: Darf der Bürgermeister die Corona-Maßnahmen öffentlich kritisieren? Private Meinung als offizielle der Stadt dargestellt: Als Birgit Mersjann den Hinweis erhielt, dass „obskure“ Formate den Inhalt teilen würden, entschied sie sich zu einem Statement. „Sie posten hier eine persönliche private Meinung und stellen diese als offizielle Meinung der Stadt Bad Doberan und demnach der Bürger der Stadt dar“, sagte Mersjann in ihrer persönlichen Erklärung. „Ich distanziere mich energisch von dieser Meinung und Ihrem Vorgehen, auch im Namen der SPD-Fraktion.“ Noch schlimmer finde sie, dass „obskure Plattformen“ ihn als „besten Bürgermeister Deutschlands“ feierten. „Damit rücken Sie das Ansehen der Stadt und seiner Bürger in ein Licht, in dem ich und viele andere nicht stehen wollen.“ „Ihre Meinung ist nicht die Meinung aller Doberaner Bürger. Im Gegenteil. Ich bin von vielen entsetzten Bürgern und auswärtigen, geborenen Doberanern auf diesen Post angesprochen beziehungsweise angeschrieben worden. Sie haben nicht das Recht, Ihre private Meinung als Meinung der Stadt zu vertreten“, so Mersjann. „Wenn Sie Facebook und andere soziale Medien nutzen, dann sind Sie verpflichtet, zwischen ihrer privaten Meinung und ihrer Amtsstellung zu differenzieren und ihre Privatmeinung gefälligst als solche zu kennzeichnen.“ Sie erinnerte ihn an den Amtseid, zum Wohl der Stadt zu agieren. Lesen Sie auch: MV verbietet öffentlichen Glühwein-Ausschank – neue Corona-Regeln gelten ab Dienstag Post wurde mehr als 10 000 Mal geteilt: Das sieht Bürgermeister Arenz anders. „Die Meinungsfreiheit ist das höchste Gut. Natürlich kann ich als Bürgermeister meine Meinung kundtun“, sagte er. Er spreche damit nicht im Namen der Stadt. „Die Stadt sind 13 000 Einwohner. Ich spreche als Bürgermeister, als Amtsperson.“ Der Post sei über 10 000 Mal geteilt worden, allein 9463 Mal von seiner Seite. „Ich habe viel positive Resonanz bekommen, auch aus Bad Doberan. Es kamen auch kritische Kommentare. Ich wollte zum Denken und zur Diskussion anregen.“ Wer seinen Post geteilt hat oder darauf eingegangen ist, dazu wollte sich Jochen Arenz in Bezug auf die „obskuren Plattformen“ nicht äußern. „Als Bürgermeister werde ich immer meine Meinung sagen“, sagte Arenz. Seine Befürchtungen, die er im Post äußerte, „haben sich leider bewahrheitet“. Die undifferenzierten Maßnahmen sind nicht für die Einschränkung der Pandemie geeignet. Meinung muss klar getrennt werden: Hans-Joachim Krüger (CDU) war von der persönlichen Erklärung überrascht. „Im Kern hat sie recht. Er muss seine private Meinung von der als Amtsperson trennen. Er kann natürlich verlauten lassen, dass er Bürgermeister ist, aber das ist seine private Meinung.“ Tim Schwanbeck (JA!) habe den Post als persönliche Meinung verstanden. „Er hat nicht für alle Doberaner gesprochen.“ Er könne sich aber vorstellen, dass dem Bürgermeister die Tragweite nicht bewusst gewesen sei. So hätten beispielsweise Gruppierungen von Verschwörungstheoretikern den Post geteilt und ihn als besten Bürgermeister Deutschlands bezeichnet. „Das war mit Sicherheit nicht seine Absicht.“ In Zukunft müsse er aufpassen, wie er seine Meinung äußert. Claudia Timm (Für Doberan) wollte sich zur persönlichen Erklärung nicht äußern. Hannes Roggelin (UDI): „Wir gehen konform mit der Erklärung der SPD. Populismus hat in der jetzigen Zeit keinen Platz. Ich fand es völlig unpassend, dass er als Bürgermeister der Stadt das Statement abgibt.“ Von Anja Levien