Barrierefreiheit in Kühlungsborn: Schüler testen im Rollstuhl Toiletten und öffentliche Plätze

So richtig barrierefrei ist Kühlungsborn nicht. Zumindest nicht, was öffentliche Toiletten und Plätze angeht. Zu diesem Schluss kamen Jasmin Götz und Max Jäckel vom Schulzentrum Kühlungsborn im ersten Teil eines Projekts. Toiletten oft zu eng oder geschlossen: Eine Woche lang waren die beiden im Ort unterwegs – im Rollstuhl. „Wir haben zehn WC-Anlagen besucht“, sagt Jasmin Götz, die genau wie Max Jäckel nicht gehbehindert ist. „Davon waren nur zwei uneingeschränkt barrierefrei.“ Bei dem Rest bestehe Handlungsbedarf. Um für Gehbehinderte problemlos nutzbar zu sein, müssten Toiletten über Griffe und Lehnen verfügen. Wichtig ist aber auch das Platzangebot. Unter anderem an der Kunsthalle und dem Bahnhof Mitte gebe es gar keine Toiletten für gehbehinderte Menschen. „Am Fulgen 4 zum Beispiel war der Eingang umständlich, eine Kante behindert den Weg“, sagt die Schülerin. Andere WCs, etwa am Lindenpark und am Anglerstieg, seien im Winter geschlossen. Die Toiletten an der Strandpromenade 11 und 14 unter andere seien zu klein, um sich darin im Rollstuhl zu bewegen. Lobende Worte fand Jasmin Götz für die Anlage Schwarzer Diamant. Sie sei perfekt – abgesehen davon, dass die Tür nicht richtig schlösse. Rollstuhlräder sinken in den Boden ein: Die beiden Schüler waren auch an zehn öffentlichen Plätzen unterwegs. Dazu gehörten die Kunsthalle, die Seebrücke und die Bahnhöfe. Ihr Ergebnis: „Keiner ist barrierefrei für Gehbehinderte“, sagt Max Jäckel, der meistens den Rollstuhl schob. Auf der Seebrücke etwa hätten die beiden den Abstand zwischen den Bohlen als zu groß empfunden, auf dem Baltic Platz seien die Wasserrinnen zu tief, um sie mit dem Rollstuhl uneingeschränkt passieren zu können. An der Kunsthalle ist dem Bericht der Schüler zufolge zwar eine Rampe für Rollstuhlfahrer vorhanden. Der Boden sei dort jedoch so weich, dass er gerade nach Regenfällen unpassierbar werde. „Das fällt einem sonst gar nicht so richtig auf“, sagt Jasmin Götz, „wenn man nicht im Rollstuhl unterwegs ist.“ Auch zwischen den Testorten gebe es Verbesserungsbedarf, sagt Evelin Wolfram, Stellvertretende Vorsitzende des Seniorenbeirates. Dieser begleitet das Projekt. Der gerade neu gemachte Weg entlang der Mollischienen sei ebenfalls sehr weich. Die Räder von Rollstühlen und Rollatoren würden teilweise einsinken. Sie kritisierte auch die Poststraße. Von der Neuen Reihe in Richtung Edeka gebe es viele Absenkungen und Stolpersteine. Ein weiteres Problem: Oft seien Rillen im Bodenbelag, die Sehbehinderte etwa auf Bahnsteigkanten hinweisen sollten, für Rollstühle und Rollatoren eher hinderlich. Projekt geht im Sommer weiter: „Ich finde es toll, wie viel ihr gefunden habt", sagt Evelin Wolfram zu Jasmin Götz und Max Jäckel. Im Juni beginnt die zweite Phase des Projekts. Dann testen Schüler zwei Wochen lang die Barrierefreiheit von Arztpraxen, Apotheken und Sanitätshäusern in Kühlungsborn. „Hier sind gerade ältere Menschen und Behinderte ja häufiger anzutreffen“, sagt Evelin Wolfram. Jasmin Götz und Max Jäckel übergeben Ihre Ergebnisse übergeben an Bürgeramtsleiterin Stefanie Zielinski. „Wir müssen sehen, ob und wie man die Schwachstellen abstellen kann“, sagt Evelin Wolfram. Rathaus soll Rolli-Aufzug bekommen: Kein Teil des Tests war das Rathaus des Ostseebades. Doch auch hier haben es Gehbehinderte schwer. Denn momentan gibt es für sie keinen barrierefreien Zugang. Rollstuhlfahrer scheitern sowohl an der Vorderseite als auch an der Rückseite des Gebäudes an Treppen. „Wir planen einen Fahrstuhl an der Seite zum Hotel Upstalsboom“, sagt Bürgermeister Rüdiger Kozian. „Das ist aber nicht so einfach, weil das Rathaus denkmalgeschützt ist.“ Da sei eine Abstimmung mit der Landesbehörde nötig. „Wichtig ist, dass gemeinsam Lösungen erarbeitet werden“, sagt Landkreis-Sprecher Michael Fengler. Das könnten auch Einzelfalllösungen sein, um den Zugang zu ermöglichen. Bisher werden Rollstuhlfahrer in Kühlungsborn bei Bedarf von den Mitarbeitern hineingetragen. „ Klar ist, dass jede Barriere eine zu viel ist“, sagt Michael Fengler. Mehr zum Thema: Kühlungsborn prüft neue Busstationen im Zentrum Kühlungsborn macht sich fit für Senioren Kein Segelzentrum für die Jüngsten Von Cora Meyer