Busunternehmen aus Rethwisch: 2021 Fokus auf Reisen in Deutschland

Die Busse sind abgemeldet, die Reisebüros für die Kunden geschlossen: Dennoch blickt Tilo Joost, Geschäftsführer Joost’s Ostsee-Express, optimistisch ins Jahr 2021. Auch wenn er nicht damit rechnet, dass es mit den Busreisen vor dem Frühjahr wieder losgeht. „Die Leute wollen verreisen. Die Frage ist, was man machen darf.“ Um die 400 Abfahrten zählt das Unternehmen in der Regel im Jahr für längere Busreisen. Hinzu kommen Tagesfahrten, Vereinsfahrten, Schulklassenausflüge. Eigentlich sollte 2020 ein besonderes Jahr für das Busreiseunternehmen werden. Die Buchungslage war besser als je zuvor, so Tilo Joost. Am 12. März wurde 30-jähriges Firmenjubiläum gefeiert. Einen Tag später folgten die ersten Regelungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, Grenzen wurden geschlossen. Es wurde ein besonderes Jahr, aber in einem andere Sinne. „Das letzte Jahr war nichts für schwache Nerven“, sagt Tilo Joost. Hätte ihm 2019 jemand gesagt, dass es einmal diese Einschränkungen im Tourismus geben würde, „hätte ich das nicht geglaubt“. Nachfrage nach Busreisen sehr verhalten: Jetzt sind ein Teil der Mitarbeiter in Kurzarbeit, sieben große Busse abgemeldet. Zwar können Busreisen gebucht werden, die Nachfrage sei aber noch sehr verhalten. „Die Reisebüros sind geschlossen. Es ist schwierig, eine Reise telefonisch oder online zu vermitteln“, sagt Joost. „Wir gehen davon aus, wenn die Lage wieder stabil ist, dann kommt auch die Nachfrage wieder.“ Seit 2005 ist Tilo Joost Geschäftsführer des Familienunternehmens mit etwa 40 Mitarbeitern. Die Firma ist auf Busreisen spezialisiert. In seiner Existenz bedroht, fühlte sich der 56-Jährige bisher nicht. „Schwierig waren die ersten Wochen nach dem 16. März, wo noch nicht klar war, welche Unterstützung kommt und alle Kunden ihr Geld zurückhaben wollten“, sagt er. Das sei eine unsichere Zeit gewesen. Am 12. März 1990 wurde das Unternehmen Joost’s Ostsee-Express gegründet. Der erste Bus war ein gebrauchter Reisebus vom Typ Mercedes O 303. Im Jahr 1991 ist aus der Einzelfirma dann die Joost’s Ostsee-Express Busreisen GmbH hervorgegangen. Dem wachsenden Zuspruch wurde das Unternehmen mit der Anschaffung zusätzlicher Omnibusse gerecht. 1991 wurde die erste Filiale von Joost’s Reisebüro in Bad Doberan eröffnet. 1992 wurde die Joost’s Linienverkehre GmbH gegründet. Heute bedient das Unternehmen das Streckennetz zwischen Bad Doberan und dem Rostocker Nordwesten (Warnemünde, Lütten-Klein). Doch die wirtschaftlichen Hilfen, die er dann beantragt habe, seien auch angekommen. „Es sind immense Hilfen auf dem Markt, aber es ist ein Riesenaufwand, herauszufinden, welche auf einen zutreffen und ob die Voraussetzungen erfüllt sind“, sagt er. Fokus auf Reisen innerhalb Deutschlands: Der Fokus liege jetzt auf Reiseangeboten innerhalb von Deutschland. Das sei im vergangenen Jahr mit den Corona-Verordnungen, die jedes Bundesland für sich beschlossen hatte, eine Herausforderung gewesen. Er hätte noch nie so viel mit Ordnungsämtern telefoniert wie 2020. „Wir haben darauf geachtet, dass wir Reisen mit gutem Gewissen durchführen können“, sagt der Geschäftsführer. Kreativ muss das Unternehmen bei den Tagesfahrten werden, wenn Veranstaltungen wie im Sommer 2020 die Störtebeker Festspiele ausfallen. „Da müssen wir jetzt Alternativen finden.“ Ebenso bei den Musicalreisen nach Hamburg oder Berlin. „Da ist auch die Frage, wann das wieder losgeht.“ Strenge Maßnahmen im November 2020 gewünscht: „Obwohl sowohl wir als Busbetrieb als auch die Hotels, Gaststätten, Museen usw. große und erfolgreiche Anstrengungen unternommen haben, das Reisen sicher zu gestalten, ist uns dies weiterhin nicht gestattet“, schreibt Tilo Joost an seine Kunden auf der Homepage des Unternehmens aus Börgerende-Rethwisch. „Wir unterstützen natürlich alle Anstrengungen, dass die Pandemie eingedämmt wird – aber wir bedauern es zutiefst, dass wir nicht unsere (sehr sicheren, gut organisierten und vorbereiteten) Leistungen erbringen und nicht mit Ihnen auf Reise gehen dürfen.“ Er hätte sich strengere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie Anfang November gewünscht. „Die Schulen bleiben offen, aber alles andere dicht.“ Am 5. November 2020 wurden unter anderem die Kontaktbeschränkungen verschärft, touristische Reisen ins Land untersagt, Restaurants geschlossen. Tierparks und Zoos blieben geöffnet, ebenso der Einzelhandel. „Die Maßnahmen haben die Lage stabilisiert, aber keinen Rückgang der Infektionszahlen bewirkt.“ Mitte Dezember folgte der verschärfte Lockdown. Die gegenwärtige Lage sei suboptimal. Dennoch: „Ich bin optimistisch.“ Man müsse nach vorne schauen und Produkte für die Zukunft finden. Die Kunden wollen die Reisen nachholen. Linienverkehr zwischen Warnemünde und Bad Doberan: Als zweites Standbein bedient Joost als Partnerunternehmen des Busunternehmens Rebus den Linienverkehr zwischen Warnemünde und Bad Doberan. Den Verlust aus dem Reiseunternehmen könne der öffentliche Personalverkehr aber nicht auffangen. „Das ist ein eigenes Geschäftsfeld, was sich trägt. Es ermöglicht uns lediglich, die Arbeit anders zu verteilen.“ Seit Montag fährt Joost in Auftrag von Rebus die Linie 119 zwischen Warnemünde und Bad Doberan im 20-Minuten-Takt. „Das ist ein hervorragendes Angebot und ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Joost. Von Anja Levien