Halbinsel Wustrow: Hotel- und Wohnprojekt erneut verzögert

Es ist ein weiterer herber Rückschlag für die Entwicklungs-Compagnie Wustrow (ECW): Das Unternehmen, das die Halbinsel bei Wustrow entwickeln will, muss erneut mit erheblichen Verzögerungen rechnen. Das Unternehmen der Jagdfeld-Gruppe will dort 550 Wohneinheiten bauen. Der Schwerpunkt liegt auf Erst- und Zweitsitzwohnungen und nicht mehr auf Ferienwohnungen. Zudem ist ein Hotel geplant. Um für das Vorhaben die Genehmigung zu erhalten, ist aber ein gültiger Bebauungsplan der Gemeinde nötig. Und den gibt es nicht. Die Stadtvertretung der Stadt Ostseebad Rerik hatte 1999 beschlossen, vier Bebauungspläne für die Halbinsel aufzustellen. Darüber war auf einer Erörterungsveranstaltung auch die Öffentlichkeit informiert werden. Sie muss in solchen Fällen – das ist gesetzlich vorgeschrieben – stets beteiligt werden. Danach ruhte das Vorhaben aber. „Die Bauleitplanverfahren wurden nie fortgeführt“, teilte Jessica Joost aus dem zuständigen Amt Neubukow-Salzhaff mit. Nun will die Stadt es wieder komplett zurücksetzen. „Was 21 Jahre lang nicht bearbeitet wurde, braucht kein Mensch mehr“, sagt Reriks Bürgermeister Wolfgang Gulbis. Die ursprünglichen Pläne – einen Golfplatz und eine Marina – wolle ohnehin niemand mehr umsetzen. „Wenn allgemeine Einigkeit besteht, wird es wieder einen Aufstellungbeschluss geben“, sagt Wolfgang Gulbis. Nach Angaben von Jessica Joost gibt es derzeit keine wirksamen Bebauungspläne für die Halbinsel Wustrow. Streit um Bebauungsplan: Und das Ostseebad Rerik muss auch keine aufstellen und beschließen. Der Rechtsanspruch könne auch durch Vertrag nicht begründet werden. „Die Gemeinden haben Bebauungspläne nur aufzustellen, sobald und so weit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist“, teilt Jessica Joost mit. 1273 wurde die Halbinsel erstmals urkundlich erwähnt. In den folgenden Jahrhunderten lebten die Menschen hauptsächlich von Landwirtschaft und Fischerei. 1933 kam die Reichswehr und gründete die größte Flakschule Deutschlands. Am 2. Mai 1945 wurde die Halbinsel kampflos an die sowjetischen Truppen übergeben und wurde ab 1949 sowjetische Garnison. Mitte Oktober 1993 endete die militärische Nutzung. Der neue Eigentümer, die Bundesrepublik Deutschland bot Wustrow zum Verkauf an und erteilte 1998 der Fundusgruppe um Anno August Jagdfeld den Zuschlag. 100 Hektar ist die Gartenstadt groß. Sie und das 200 Hektar große Landschaftsschutzgebiet wurden von Munition befreit. Der 700 Hektar große Rest ist Naturschutzgebiet und nicht beräumt. Das sei in diesem Fall allerdings gegeben, argumentiert die ECW in einem Brief an die Stadtvertreter und den Bürgermeister. „Da die Stadt Ostseebad Rerik die Aufstellung der infrage stehenden Bebauungspläne beschlossen hatte, liegt auf der Hand, dass ein entsprechendes Erfordernis bestand. Insofern ist es bisher unerklärlich, warum dieses Erfordernis nachträglich weggefallen sein soll, zumal eine diesbezügliche Abwägung bisher ersichtlich in keiner Weise stattgefunden hat.“ Interessen des Investors nicht berücksichtigt: Die ECW sei, so heißt es in dem Schreiben, „ganz erheblich in Vorleistung getreten.“ Bereits der Kauf der Halbinsel Wustrow sei mit Zustimmung und Unterstützung der Stadt Ostseebad Rerik erfolgt. In der Folge habe die ECW dann hohe Beträge in die städtebauliche Planung des Vorhabens sowie in die Vorbereitung der Bebauungspläne investiert. Hierzu habe die ECW sogar über Jahre eine Stelle innerhalb der Stadtverwaltung finanziert, um das Vorhaben zu beschleunigen. Aber nicht nur das. Denn neben der Halbinsel gehörten auch der Haffplatz und die Parkplätze auf dem Wustrower Hals der ECW. Das Grundstück und ein Nutzungsrecht an den Parkplätzen habe man der Stadt in einem städtebaulichen Vertrag kostenlos übertragen. Lesen Sie auch: Überblick: Das sind die wichtigsten Tourismusprojekte in MV im Jahr 2021 Wustrow: Suche nach Bernsteinzimmer geht weiter Streit um einen Zaun: So geht es mit der Halbinsel Wustrow weiter Trotzdem, so steht es in dem Brief, der von zweien der drei ECW-Geschäftsführer, Hartmut Polzin und Philip Hayessen, unterzeichnet ist, seien die beachtlichen Interessen der Grundstückseigentümer in ihrem Gewicht überhaupt nicht, völlig falsch beziehungsweise unzureichend bewertet worden. Ein vollständiger Ausschluss jeder Bebaubarkeit könne nur als unverhältnismäßig angesehen werden. Deshalb sei die Gemeinde unter Umständen verpflichtet, dem Grundstückseigentümer eine Entschädigung zu zahlen. Stadtvertreter Kai Kloss hatte den Antrag gestellt, die Verträge mit der ECW über die Flächen am Wustrower Hals juristisch zu überprüfen. Das sei nach Angaben des Bürgermeisters inzwischen geschehen. „Ich gehe davon aus, dass das nach wie vor unsere Flächen sind und bleiben“, sagt er. Im Zuge der Prüfung sei man auch auf die seit langem ruhenden Planungen für die Halbinsel gestoßen. „Da räumen wir jetzt auf“, sagt Wolfgang Gulbis. Hoffnung auf Zusammenarbeit besteht weiter: Die ECW hofft weiterhin auf eine Zusammenarbeit mit der Stadt: „Wir denken, dass es im Interesse aller Beteiligten ist, das Thema Bauleitplanung für die Halbinsel Wustrow – wie bis 2003 auch erfolgreich praktiziert – in Abstimmung und Kooperation mit uns als betroffener Grundstückseigentümerin zu behandeln.“ Das Bauvorhaben auf Wustrow stößt in dem Ostseebad Rerik seit Jahren auf Widerstand. Einer der Hauptkritikpunkte ist die Verkehrsbelastung, die man zunächst von den Baufahrzeugen und dann von den künftigen Bewohnern und Feriengästen der Anlage auf Wustrow erwartet. Im Ort hat sich auch eine Bürgerinitiative dagegen gebildet. Sie sorgt sich vor allem um den Schutz der Natur auf der Halbinsel und spricht sich deshalb gegen eine Bebauung aus. Von Cora Meyer