Heiligendamm träumt von Haute Couture

Noch vor wenigen Monaten waren sie die großen Sorgenkinder der Münsterstadt. Doch jetzt planen sie, sogar den weltbekannten Kaiserbädern die Show zu stehlen — im wahrsten Sinne des Wortes: Das Grand Hotel und die Bad Doberaner Renntage wollen mit Haute Couture neue Gäste locken und die Modenschau „Baltic Fashion Award“ aus Heringsdorf nach Heiligendamm holen. Die Stadtpolitik signalisiert bereits Unterstützung — auch finanzielle. Und auch in den Nachbarorten kommt der Plan richtig gut an. „Eine große Modenschau würde uns bundesweit Aufmerksamkeit bringen — positive Schlagzeilen. Die können wir gut gebrauchen“, sagt CDU-Stadtpräsident Stephan Krauleidis. Ihm gefällt vor allem der Ansatz, das Mode-Event mit den Renntagen zu verknüpfen: denn die Haute Couture würde nicht nur zur Luxusherberge Grand Hotel, sondern auch zum edlen Flair des Ostsee-Meetings passen. „Wer zu den Renntagen geht, will nicht nur Pferde sehen. Da geht es auch um das Sehen und Gesehenwerden“, so Krauleidis. Das kann Harald Morgenstern, Präsidiumsmitglied im Doberaner Rennverein, nur unterschreiben: „Wenn Heringsdorf den Fashion Award wirklich aufgibt — ja, warum sollten wir uns den nicht holen?“, sagt er. Er könnte sich die Modenschauen zum Beispiel am so genannten „Ladies Day“ vorstellen. „Da würde das richtig gut passen. Gerne auch als Abendveranstaltung. Dann ist die Bahn ja frei.“ 2003 und 2004 habe es schon mal Modenschauen während der Renntage gegeben. Der „Fashion Award“ wäre aber nochmal einige Nummern größer als das einstige Programm: Der Jury des Preises gehörten zuletzt so namhafte Experten aus der Modebranche an — unter anderem Margareta van den Bosch, Ex-Chefdesignerin der Modekette H&M, und auch Martina Glomb, Modeprofessorin in Hannover und einst Chefdesignerin bei Vivienne Westwood. Sogar auf der Berliner „Fashion Week“ waren die Usedomer präsent. Kein Wunder also, dass längst auch andere Ostseebäder ein Auge auf die Veranstaltung geworfen hatten: „Ja, wir hatten uns für den ,Award‘ interessiert“, räumt jetzt nämlich auch Ulrich Langer, Chef des Touristik-Service Kühlungsborn ein. „Wir haben mit der Agentur auf Usedom verhandelt. Letztlich scheiterte das Ganze aber daran, dass wir keine passende Location haben — und es scheiterte an den Kosten.“ Wenn Heiligendamm die gestemmt kriegen sollte, würde Kühlungsborn das Projekt voll und ganz unterstützen: „Das wäre ein Gewinn für die ganze Region.“ Zuletzt auf Usedom hatte die Moden-Schau um die 300000 Euro pro Jahr gekostet. Viel Geld für den Rennverein und das Grand Hotel. „Deshalb muss die Stadt nicht nur mit warmen Worten, sondern auch finanziell helfen“, fordert bereits Jochen Arenz, der parteilose Chef des Doberaner Wirtschafts- und Tourismusausschusses. „Wir nehmen ja über den Tourismus auch genug Geld ein — zum Beispiel durch die Kurtaxe.“ Eine Moden-Schau sei eine riesige Chance für die Region, sagt Tom Wosar vom Tourismusbund: „Das hört sich für uns sehr gut an. Noch besser wäre es, wenn die Veranstaltung in der Vor- oder der Nachsaison stattfinden würde.“ Aber grundsätzlich sei jedes großes Event willkommen: „Wir haben zu wenig Aushängeschilder. Wir brauchen so etwas dringend.“ Der Verband Mecklenburgischer Ostseebäder (VMO) ist ebenfalls „Feuer und Flamme“ für den Plan: „Das war auf Usedom sehr erfolgreich, hatte bundesweite Strahlkraft. So etwas fehlt uns“, sagt Verbandsgeschäftsführerin Annett Bierholz. „Aber um ein solches Event auszurichten, braucht es nicht nur den Willen, sondern auch die Mittel.“ Der VMO sagt bereits Unterstützung zu — „im Rahmen unserer Möglichkeiten.“ Das Wirtschaftsministerium in Schwerin knüpft eine Förderung an Bedingungen: „Die Initiative für das Vorhaben muss aus der Bekleidungs-, Textil- oder Kreativwirtschaft kommen. Wichtig ist ebenso ein Schulterschluss vor Ort“, so Sprecher Gunnar Bauer. Bürgermeister Thorsten Semrau (parteilos) bremst die Euphorie: „Natürlich brauchen wir solche Höhepunkte, um die Rennbahn und die ganze Stadt zu beleben. Aber dann muss sich die Wirtschaft beteiligen.“ Für ihn kommt die Idee zu früh: „Wir müssen auf der Bahn erstmal die nötige Infrastruktur schaffen — Tribünen zum Beispiel.“ Mittelfristig könnte der Fashion Award aber ein Thema sein. Der „Baltic Fashion Award“ 2002 verliehen die Kaiserbäder auf Usedom zum ersten Mal den „Baltic Fashion Award“ an junge, baltische Designer. 300000 Euro kostet die Veranstaltung pro Jahr. Das Land würde sich maximal mit 70000 Euro beteiligen. Andreas Meyer

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