So läuft ein Tag in der DRK-Rettungswache Kühlungsborn

8.13 Uhr. Draußen hat es aufgehört zu schneien. Die Straßen sind noch nicht wieder ganz frei. Der Pager von Johannes Fork und Cindy Miller piept. „Ungeklärtes Abdomen“, heißt es darauf. Die beiden Rettungsassistenten machen sich bereit und fahren mit dem Rettungswagen zum Einsatzort. Blaulicht und Sirene ertönen. Nur wenige Minuten später erreichen sie den Pflegewohnpark in Kühlungsborn, der sich knapp einen Kilometer entfernt von der Rettungswache des Deutschen Roten Kreuzes in Kühlungsborn befindet. Vor Ort werden die beiden mit neugierigen Blicken von den Pflegern und Bewohnern empfangen. Mit FFP2-Maske geht es zum Patienten, der wegen schlechter Blutwerte ins Krankenhaus gebracht werden soll. Die zuständige Pflegerin informiert die Rettungsassistenten über den Gesundheitszustand des Mannes. „Wie geht es Ihnen denn?“, fragt der 26-Jährige und wendet sich damit freundlich an den Patienten. Der Mann gibt keine eindeutige Antwort, habe aber keine Schmerzen, wie er später sagt. Er wird mit der Liege in den Rettungswagen transportiert. Vitalfunktionen werden im Rettungswagen kontrolliert: Blutdruck, Puls, Temperatur und Blutzucker werden gemessen. Auch die Pupillen werden kontrolliert. Das ist das übliche Vorgehen bei einem Einsatz, wie Johannes Fork erklärt. „Wir sind wie kleine Detektive, die auf der Suche nach der Krankheit des Patienten sind“, beschreibt der Bastorfer. Denn das Einsatzstichwort auf dem Pager sei nicht immer genau. Auch in diesem Fall sei das Stichwort „Abdomen“, das in der Regel für Bauchschmerzen stehe, widersprüchlich, da der Patient keine Schmerzen habe. Zwar gebe es einen Überleitbogen vom Pflegeheim, dennoch müssen sich die Rettungsassistenten selbst ein Gesamtbild verschaffen. Lesen Sie auch Rostock: Tiktok-Video von Rettungssanitäter geht viral Kündigungswelle an Fachklinik Waldeck: Mitarbeiter bangen um Zukunft 8.43 Uhr. Der Rettungswagen macht sich auf den Weg ins Krankenhaus. Unterwegs informiert Cindy Miller, die hinten bei dem Patienten sitzt, das Krankenhaus über ihre Ankunft. Während der Fahrt füllt sie das digitale Protokoll auf dem Tablet aus, das für die Übergabe am Krankenhaus benötigt wird. Liege und Geräte werden nach jedem Einsatz desinfiziert: 9.04 Uhr. Das Fahrzeug kommt vor dem Eingang für den Rettungsdienst zum Stehen. Die Ärztin und zwei Schwestern empfangen Johannes Fork und seine Kollegin. Gemeinsam wird der Patient in ein Bett gelegt. Draußen hat es wieder angefangen zu schneien. Der Patient ist im Krankenhaus, ob er dortbleiben muss, wird von den Ärzten geklärt. Für die beiden Rettungsassistenten endet der Einsatz hier. Bildergalerie: So sieht es in der DRK Rettungswache Kühlungsborn aus Zurück am Fahrzeug desinfizieren sie die Liege, reinigen die Geräte und machen sie wieder einsatzbereit. Seit der Corona-Pandemie sind die Hygienemaßnahmen noch größer geworden, doch auch zuvor gehörte diese Aufgabe zur Routine, wie der 26-Jährige erzählt. 24 Stunden Schicht für die Rettungsassistenten: Es war der erste Einsatz für Johannes Fork und Cindy Miller an diesem Tag. Ihre Schicht startete um 7 Uhr morgens. Die nächsten 24 Stunden werden sie hier verbringen. Als ersten Punkt auf der Tagesordnung überprüfen Johannes Fork und Cindy Miller die Fahrzeuge und Geräte. Ist genügend Strom auf dem Defibrillator? Wie viel Sauerstoff ist auf dem Beatmungsgerät? Auch der Rucksack für unterwegs, in dem sich alles befindet, was in dem Fahrzeug ebenfalls vorhanden ist, wird auf Vollständigkeit überprüft. Pupillenleuchte, Fiebermessgerät, Spritzen, Medikamente, Schere. Alles vorhanden. Bevor es zur Rettungswache zurückgeht, wird der Rettungswagen noch mal vollgetankt, um für weitere Fahrten vorbereitet zu sein. In dem Aufenthaltsraum tauschen sich Johannes Fork und Cindy Miller mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus, die ebenfalls bei einem Einsatz waren. Dabei wird auch über die kommenden Vollsperrungen in Neubukow gesprochen. Denn auch darüber müssen sie informiert sein und alle Ausweichstrecken kennen, damit es nicht zu einer vermeidbaren Verzögerung bei einer Einsatzfahrt kommt. Traumjob Rettungsassistent: Bis zum nächsten Alarm können sich die Rettungskräfte ihre Zeit auf der Wache frei einteilen – sie müssen aber stets einsatzbereit sein. Johannes Fork ist seit sieben Jahren beim DRK. „Das ist mein Traumberuf“, ist er überzeugt. Nach der Schule hat er mit einer Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger angefangen. Dabei habe er aber gemerkt, dass es nicht das ist, was er wollte und er gerne mehr unterwegs wäre. Da seine Mutter in der Leitstelle arbeitet, kam es dazu, dass er sich dafür entschied, Rettungssanitäter zu werden. Nach der dreimonatigen Ausbildung folgte die Ausbildung zum Rettungsassistenten. Nun ist er dabei, den Ergänzungslehrgang zum Notfallsanitäter zu absolvieren. Die DRK-Rettungswache vom Kreisverband Bad Doberan hat in Kühlungsborn seit letztem Jahr dauerhaft zwei Fahrzeuge, von denen eines 24 Stunden und das andere zwölf Stunden im Einsatz ist. Zuvor war eines nur während der Saison von Mai bis September in Betrieb. Dass derzeit die Touristen ausbleiben, merkten die Rettungskräfte. Das Ostseebad sei als Touristenhochburg bekannt und selbst im Sommer 2020 sei der Rückgang an Notfällen spürbar gewesen. Rettungskräfte sind geimpft: Am 11. Februar ist europäischer Tag des Notrufes. Gerade zu Corona-Zeiten sind die Herausforderungen größer und die Einsätze anstrengender geworden, ist sich das Team vom DRK in Kühlungsborn einig. Die Maske und die zusätzlichen Schutzmaßnahmen zehren an den Kräften. Die Sorge, sich selbst mit Corona zu infizieren, ist seit der Impfung nicht mehr so groß. Am 22. Januar haben die Rettungskräfte die zweite Spritze erhalten. Die Anzahl der am Tag eingehenden Notrufe in der Leitstelle Landkreis Rostock betrug im Jahr 2019 durchschnittlich 510. Im vergangenen Jahr lag sie bei 475. Dem Landkreis zufolge gab es in den Monaten Januar und Februar 2020 noch einen leichten Anstieg der Notrufzahlen um etwa 2,5 Prozent. Mit Beginn der Corona-Pandemie sei dagegen ein Rückgang der Notrufe zu verzeichnen gewesen. Im April 2020 habe das Aufkommen um 25 Prozent unter dem Vorjahresdurchschnitt gelegen. Nach dem Ende des ersten Lockdowns kam es zum Sommer wieder zu einer Normalisierung des Notrufaufkommens. Der erneute Lockdown im Herbst war mit einem Rückgang der Notrufe verbunden. Gründe dafür sind unter anderem, dass weniger Urlauber kamen, es mehr Homeoffice gab, dass Schulen, Gastronomie und Einzelhandel schließen mussten. So gab es deutlich weniger Betrieb im öffentlichen Raum und dadurch weniger Verkehrs- und Arbeitsunfälle. 10.13 Uhr. Der Pager piept erneut. Diesmal ist es aber nicht der von Johannes Fork und Cindy Miller, sondern ein Einsatz für ihre Kollegen, die sich auf den Weg zum nächsten Patienten machen. Draußen bricht die Sonne langsam durch die Wolken. Was die beiden Rettungsassistenten heute noch erwartet, ist ungewiss, denn jeder Tag ist anders. Von Gina Henning

Kühlungsborn: DRK Rettungswache - Der Tag eines Sanitäters