Bundesliga-Bedingungen in Kühlungsborn

Chefcoach Valérien Ismaël geht mit seinen Co-Trainern über den Sportplatz Ost in Kühlungsborn. Sie schreiten das Spielfeld ab, legen Markierungen auf den Rasen — gleich beginnt die Trainingseinheit des VfL Wolfsburg II. Die Regionalliga-Mannschaft des DFB-Pokalsiegers absolviert bis zum 10. Juli ein Trainingslager im Ostseebad. Plötzlich bückt sich der ehemalige Bundesliga-Profi des FC Bayern München, von Werder Bremen und Hannover 96. Er fährt mit der Hand durch das Gras. Seine Assistenten folgen seinem Beispiel. Ein kurzer Blickkontakt — und es ist klar: Der Platz muss noch gewässert werden. Der Franzose ändert die Richtung, sein Weg führt ihn jetzt zum Platzwart — zu Gerold Habel, dem „Rasen-Flüsterer von Kühlungsborn“. Seit knapp 40 Jahren kümmert er sich um die grünen Halme des Sportplatzes. Der 60-Jährige gilt als einer der Besten seiner Zunft. „Das macht die Erfahrung — und wenn etwas gut funktioniert, warum sollte man etwas ändern“, fragt Gerold Habel und schaltet die neue rund 90 000 Euro teure Beregnungsanlage ein. „Früher sind wir mit Schläuchen über den Platz gelaufen um zu wässern. Die neue Anlage erleichtert vieles“, meint er. Es ist aber nicht nur eine Erleichterung — es war die Grundvoraussetzung, damit Bundesliga-Vereine in Kühlungsborn ihre Trainingslager abhalten. Denn: In den höchsten deutschen Ligen wird immer auf nassem Rasen gespielt. Valérien Ismaël, der erst vor ein paar Tagen das Amt des Cheftrainers der Wolfsburger U23-Mannschaft übernommen hatte und damit den ehemaligen Neustrelitz-Coach Thomas Brdaric beerbte, schwärmt: „Wir haben hier perfekte Bedingungen. Der Platz ist in einem ausgezeichneten Zustand.“ Wie wichtig die Sprenkler-Anlage ist, wird während des Trainings deutlich. Kurz vor dem Abschlussspiel signalisiert Valérien Ismaël: „Wir brauchen noch mehr Wasser.“ Gerold Habel drückt kurz den Knopf — alles läuft. Der Platzwart stützt seine Hände in die Hüften und beobachtet, wie die Sonne einen kleinen Regenbogen in die Wasserfontänen zaubert. „Valérien Ismaël und auch alle anderen sind total umgänglich — hier hat keiner Starallüren“, meint der 60-Jährige, der schon viele Fußball-Größen auf seinem Platz erleben durfte: Joachim Löw trainierte mit der Nationalmannschaft im Ostseebad, in den 1980er Jahren kickte Stefan Effenberg mit Borussia Mönchengladbach hier. „Michael Ballack hat mir damals ein Trikot geschenkt — das trage ich manchmal beim Training der alten Herren. Ich muss nur aufpassen, dass ich nicht herauswachse“, sagt Gerold Habel und lächelt. Dass er bald ein Wolfsburger Spieler-Shirt seiner Sammlung hinzufügen kann — daran besteht kein Zweifel. Egal, wen man fragt: Alle loben die Arbeit des Platzwarts. Es ist sehr wahrscheinlich, dass zukünftig noch weitere Trikots des deutschen Vize-Meisters in Gerold Habels Besitz übergehen. Denn: Der Bundesligist aus Niedersachsen und Kühlungsborn haben eine Kooperation abgeschlossen. Gut möglich, dass im kommenden Sommer sogar die Profis der „Wölfe“ ihr Quartier im Ostseebad aufschlagen. Die zweite Mannschaft der Wolfsburger wohnt derzeit im Hotel Aquamarin. Mit dem Rad fahren die jungen Kicker zum Training. „So gute Räder hatte ich noch nie in einem Trainingslager“, erzählt Nicolas Abdat — der 18 Jahre alte Linksverteidiger wechselte in diesem Sommer vom VfL Bochum zu den Wölfen. „Die Bedingungen sind hier perfekt für ein Trainingslager. Ich habe meiner Freundin Bilder geschickt, wie schön es hier ist. Und auch die Eltern sind beruhigt, dass ich gut untergebracht bin.“ Für Wolfsburgs Pressesprecher André Hahn ist der Tripp nach Kühlungsborn quasi ein Heimspiel. Die Familie seiner Mutter stammt aus Kröpelin und Rerik. „Als ich ein kleiner Junge war, habe ich drei Wochen in den Ferien immer bei Oma und Opa verbracht“, erzählt der 30-Jährige. „Wir werden hier viel trainieren. Ich denke aber, dass ein wenig Zeit bleibt, um am Ostseestrand zu regenerieren.“ Heute Test gegen Hansa Heute testet die zweite Mannschaft des VfL Wolfsburg (Regionalliga) beim Fußball-Drittligisten F.C. Hansa Rostock. Anpfiff des Freundschaftsspiels ist um 16 Uhr im Volksstadion. Am 7. Juli folgt in Kühlungsborn um 18 Uhr die Partie gegen den FC Förderkader des ehemaligen Bundesliga-Profis René Schneider. Auf der Rückreise aus dem Trainingslager macht die U-23-Mannschaft aus Niedersachen bei der TSG Neustrelitz Station und trifft am 10. Juli um 18 Uhr auf den Nordost-Regionalligisten. Derzeit umfasst der Kader des VfL Wolfsburg II im Trainingslager 19 Spieler. Der Trainer- und Betreuerstab besteht aus zehn Personen. Karsten Lehmann

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