Kühlungsborn - Verbrannte Bilder — erhalten auf Dias

Sie waren echte Lebens-Künstler. Zwei Menschen, die mit wenig Geld und unter widrigsten Bedingungen ihre Leidenschaft lebten: das Malen. „Verbrannte Bilder“ — die Ausstellung im Atelierhaus Rösler-Kröhnke zeigt Arbeiten des Künstler-Ehepaars Walter Kröhnke (1903-1944) und Louise Rösler (1907-1993). Neben einigen Originalen sind vor allem Kopien von Fotografien, Dias und Dokumenten zu sehen. Weil etwa 350 Arbeiten des Ehepaars am 22. und 23. November 1943 im Atelier in der Nettelbeckstraße verbrannten — im zweiten Weltkrieg, im Bombenhagel auf Berlin. Um die 150 Dias und einige Schwarz-Weiß-Negative, die Walter Kröhnke anfertigte, verwahrte Louise Rösler und gab sie später an Tochter Anka Kröhnke weiter, die das Museum-Atelierhaus Rösler-Kröhnke vor zehn Jahren gründete. Wilfried Schröder, ein Kühlungsborner Bildhauer und Grafiker, bearbeitete die Dias, die im Laufe der Jahrzehnte gelitten hatten. „Er tat das mit großem Verantwortungsgefühl und hoher Sensibilität gegenüber dem Werk meiner Eltern“, so Anka Kröhnke. „Es ist der Versuch einer Annäherung“, sagt Schröder über seine Arbeit. Im Atelierhaus gab es jetzt eine Lesung aus Briefen aus der Zeit von 1927-1934. Briefe, die Louise Rösler an ihre Mutter, die Porträtmalerin Oda Hardt-Rösler (1880-1965) schrieb. „Liebste Muttel“, so fing die Tochter immer an. Sie bedankte sich für Lebensmittel und ein wenig Geld, dass sie und ihr Mann brauchten, um malen zu können. Und sie beschrieb, was sie erlebte. Es war die schlimme Zeit der Weltwirtschaftskrise. Die Zuhörer erfuhren, wie die damals 20-Jährige mit ihrem Lebenspartner nach Frankreich reiste, um zu malen. Louise Rösler rang immer mit sich, hinterfragte ihre Werke, war selten mit ihnen zufrieden. Die Malereien ihres Mannes empfand sie jedoch als künstlerisch wertvoll. Louise Röslers Attraktivität ließ sie flüchten, weg von der schönen Naturkulisse, wo ihr Lebenspartner malte. Denn ständig scharrten sich Männer um sie, was ihr nicht behagte. „So kann man nicht konzentriert arbeiten“, schrieb sie der Mutter. Die Künstlerin fing an, aus dem Gedächtnis zu malen. Eine Technik, die sie ihr Leben lang beibehielt. Gekocht wurden in der kargen Zeit vor allem Nudeln, Kartoffeln, auch Reis. Dazu gab es meist nichts. Die Hamburger Verlegerin Dr. Dorothee Gremliza betreute den redaktionellen Teil des Kataloges zur Ausstellung und übernahm im August auch den Vorsitz des Fördervereins des Atelierhauses. Die Politikwissenschaftlerin lernte Louise Rösler noch persönlich kennen: „Sie war durch und durch Künstlerin. Ganz sie selbst, klug, und hat fast bis zu ihrem Tod gemalt. Wobei sie immer in einfachen Verhältnissen lebte. Sie blieb trotzdem optimistisch und mutig.“ Dorothee Gremliza kennt Anka Kröhnke, die Tochter und Hüterin des Familien-Vermächtnisses, noch aus deren Hamburger Zeit. „Im Atelierhaus wird Zeitgeschichte mit Bezug zur Kunst geschrieben. Viele Malereien und Zeichnungen entstanden unter sehr schwierigen Bedingungen“, sagt sie und verweist auch auf das Berufsverbot für Louise Rösler und Walter Kröhnke durch die Nazis. 1936 kam der Bannstrahl: Walter Kröhnkes Arbeiten wurden in seiner ersten Einzelausstellung in einer Berliner Galerie diffamiert und „als harmloseste Variante als Schmiererei“ bezeichnet — mit dem Hinweis, sie sofort zu entfernen. Das nationalsozialistische Kulturdiktat machte weitere Ausstellungen der Beiden unmöglich. Ab 1938 konnten sie nur noch für verlässliche Freunde und gute Bekannte im eigenen Atelier in Berlin ausstellen. Walter Kröhnke gilt seit dem 23. März 1944 als vermisst. Ausstellung: „Verbrannte Bilder“, Atelierhaus Rösler-Kröhnke, Kühlungsborn, zu sehen bis zum 2. Mai 2015. Sabine Hügelland