Millimeterarbeit am Doberaner Münster

Nach über 120 Jahren wird für das Doberaner Münster ein neuer Grundriss angefertigt. Der Möckelsche Plan von 1890 wurde zwar in den 60er und 70er Jahren aktualisiert, doch mit den neuen Messungen wird der Bau millimetergenau erfasst. Dafür waren Christian Kayser und Cecylia Skwirzynska diese Woche mit Scanner und weißen Kugeln im Baudenkmal unterwegs. Vor dem Altar steht das Stativ mit dem Scanner. „Der nimmt von seinem Standort alle optischen Dinge auf, die er sieht und macht eine Art 3D-Foto“, erläutert Kayser vom Ingenieurbüro Barthel & Maus Beratende Ingenieure GmbH aus München. Dafür werfe der Laserscanner pro Minute Tausende Laserstrahlen aus. „Alle zwei bis drei Millimeter ist also ein Messpunkt“, sagt Kayser. Alle fünf Meter wird das Stativ aufgestellt und eine Aufnahme gemacht. So sind am Ende 140 Einzelaufnahmen innen und außen samt Dachwerk zusammengekommen. Am Computer werden die Aufnahmen zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Damit das geschehen kann, gibt es Passpunkte im Bild — die durch die weißen Kugeln, die vorher im Münster verteilt wurden, entstehen. Am Ende entsteht ein dreidimensionales Bild. Die Vermessung diene als Basis für die künftige Pflege, Instandsetzung und Forschung, sagt der gelernte Architekt. Der Möckelsche Plan liege 1:100 vor. „Der ist aber längst nicht so genau“, sagt Kustos Martin Heider. „Das gibt eine Messgenauigkeit plus, minus einem Meter. Das ist ein bisschen wenig, wenn man sich mit den Instandsetzungsarbeiten für das Dach auseinandersetzt“, fügt Kayser hinzu. Aufgrund hoher Planungskosten für andere Arbeiten, die am Münster durchgeführt wurden, kann das Aufmaß erst jetzt realisiert werden, sagt Heider. Für die Sanierung im Münster beispielsweise des Altars sei der Grundriss nicht so notwendig. Anders bei den Dacharbeiten, die demnächst anstehen. „Im Dachraum des Hauptschiffes finden statische Sicherungsmaßnahmen statt“, sagt Heider. Die Vermessung sei also eine Investition in die Zukunft, so Kayser. Erste Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Das Aufmaß sei laut dem Architekten auch für die baugeschichtliche Bewertung wichtig. „So werden kleine Unregelmäßigkeiten im Bau bemerkt, die man so nicht sieht. Das verrät viel über den Bauablauf, das ist für uns interessant.“ So würden Knicke in der Wand sichtbar. Man erkenne, ob die Arkaden gleich groß seien oder sich damals vermessen wurde. „Das sind interessante Details, die helfen, die Geheimnisse dieses Baus auszuknobeln“, sagt der 35-Jährige. Die Arbeiten am Münster seien für ihn Leidenschaft und Hobby, „weil das ein toller Bau ist.“ Der Bauforscher arbeitet deutschlandweit an historischen Baudenkmälern, hat im Augsburger Dom oder an der Burg Hohenzollern Messungen vorgenommen. Vor zehn Jahren war er für seine Doktorarbeit das erste Mal im Münster. Vor etwa acht Jahren habe er sich dann mit dem Stützapparat des Gewölbes beschäftigt. Risse hätten gezeigt, dass sich hier etwas bewegt. „Die hölzernen Anker aus dem Mittelalter waren deutlich überlastet“, erinnert sich Kayser. So wurden in 20 Metern Höhe Zuganker zur weiteren Stütze gesetzt. Damals habe er noch mit einem Handlasergerät den Abstand gemessen. Durch das Aufmaß sei das nun nicht mehr notwendig. Sechs Rundgänge am Tag 6 Münsterführungen werden während der Sommerzeit täglich angeboten. Um 11 Uhr wird durch das Münster geführt, um 12, 15 und 16 Uhr stehen das Gewölbe, der Turm und die Glocken im Mittelpunkt. Dafür geht es eine Wendeltreppe mit 50 und 70 Stufen hinauf. Um 13 Uhr findet eine Sonderführung im Münster mit Klosteranlage und Beinhaus, um 14 Uhr ein Rundgang mit einem thematischen Schwerpunkt statt. Kinder führen samstags um 11 Uhr. Das Doberaner Münster hat werktags von 9 bis 18 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Anja Levien

Bad Doberan - Millimeterarbeit am Doberaner Münster