Noch hat flippige „Hexe“ kein Lampenfieber

„Lampenfieber habe ich nicht, gar nicht. Aber das wird sich ändern am kommenden Mittwoch, denke ich mal“, sagt die Wahlzweedorferin Ilka Richter, während sie die Feier ihres 50. Geburtstages vorbereitet. Der ist allerdings schon am heutigen Sonnabend und am besagten Mittwoch, am 24. Juni, ist dagegen Hexentag. Ab 20 Uhr werden dann nämlich zahlreiche Laienschauspieler hinterm Rathaus ihrer Stadt das Drama „Die Hexe von Kröpelin“aufführen. Und Ilka Richter, sie ist in Kröpelin hinter der „versenkbaren Mühle“ mit sechs Schwestern aufgewachsen und erst 1994 weggezogen, spielt die Titelrolle. Das hat sie ihrer Freundin Simona Zitterbart aus Hanshagen zu verdanken, auf die man in Kröpelin zunächst als Hexen-Darstellerin gesetzt hatte. „Doch sie ist nicht doll für so was zu haben und da sie weiß, dass ich ein bisschen flippiger bin, hat sie mich gefragt“, erzählt Ilka Richter, die eine geborene Greisert ist. Sie erklärt ihre Lockerheit in solchen Dingen damit, dass sie neben ihrer 29-jährigen Tochter — die in Neubukow selbst schon Mutti von zwei Kindern (6 und 8) ist — auch noch einen zwölfjährigen Sohn hat. Der möchte sich, entgegen seinen bisherigen Interessen, das Schauspiel mit seiner Mutti unbedingt anschauen, heißt es. Dagegen soll sich Gatte Heiko noch nicht so richtig zum Auftritt seiner Frau positioniert haben. Dafür wurde er aber bereits von Kollegen aus der Transportbranche augenzwinkernd vor Hexen gewarnt, weiß seine Ilka. Zum Theaterstück hatte sich 1999 die frühere Deutsch/Englisch-Lehrerin Elisabeth Cordshagen von der Historie eines Kröpeliner Hexenprozesses von 1666 inspirieren lassen. Ihren Text für die Hexe Köneke Latsch musste Ilka Richter, eine gelernte Handelskauffrau und Heilpraktikerin, in den vergangenen Wochen richtig pauken. „Ich habe wirklich viel Text, eigentlich den meisten. Wir improvisieren zwar auch, aber der jeweils letzte Satz muss bei allen genau stimmen, damit wir unsere Einsätze nicht verpassen. Ansonsten bauen wir auf unsere Souffleuse, die Leiterin der Stadtbibliothek Elke Peters. Sie ist top. Sie nickt einmal, sagt etwas oder verständigt sich augenmäßig“, erklärt dazu die Bühnen-„Hexe“. Sie hat sich die Aufführung des Dramas vom Juni 2011 auf Video angeschaut, „damit ich ungefähr weiß, was ich da richtig und falsch machen kann. Aber schlechter, denke ich mal, mache ich es auch nicht.“ Noch hat es wegen Regen gar keine Probe im Freien gegeben, die soll nun am Dienstag hinterm Rathaus über die Bühne gehen. Aber das weiß die Hauptdarstellerin für‘s Open-Air schon: „Ich ziehe unter mein Büßerkleid einen Pulli, denn erkälten möchte ich mich wegen dieser Hexengeschichte nun nicht.“ Hobby-Regisseur und Profi-Pastor Olaf Pleban arbeitet in Sachen Auftrittsort aber auch noch an einer garantiert trockenen Alternative. Dann könnte der „Hexen“-Pulli ja im Zweedorfer Kleiderschrank bleiben. Da hängt übrigens nicht eine Kittelschürze, denn die mag Ilka Richter überhaupt nicht, wie sie einwirft, als es um ihre offensichtliche Vorliebe für Hüte geht: „Ich ziehe mich doch nicht wie eine 50-Jährige zu früheren Zeiten an. Ich habe nicht eine Kittelschürze zu Hause!“ Wofür auch? Zumal sich die „Hexen“-Mime schon bei Auftritten in Polen und Frankreich sieht. Denn Aufführungen des Dramas in Kröpelins Partnerstädten sind im Gespräch. Da würde Ilka Richter gern mitspielen, sagt sie und betont, dass sie jedoch am schönsten den Gesang finde — der ohnehin ihre Leidenschaft sei. Das kann ihre Mutter im Haus an der Kröpeliner Mühle bestätigen: „Die hat schon in der Schule immer alleine gesungen und dann im Schulchor und in einem Rostocker Kirchenchor“, sagt Edith Greisert. Die 81-Jährige bescheinigt ihrer Tochter Ilka eine „kleine künstlerische Ader“ und unterstützt ihr Engagement: „Wenn sie sich das zutraut. Ich habe auch als Kind und junges Mädchen Theater gespielt.“ Dann verrät die Mutter von sieben Töchtern — die 1957 nach Kröpelin kam, dass sie in der Lausitz, in dem damals 350-Seelen-Ort Litschen, groß geworden sei, wo alljährlich am 30. April ein „Hexenbrennen“ veranstaltet wurde und wird: „Jeder von uns bekam einen Rutenbesen mit langem Stiel, auf dem wir geritten sind. Am Abend, als der Haufen brannte, wurden diese Besen angezündet und von uns, die alle Kopftücher trugen, kräftig gedreht...“. Aha! Vor der Aufführung des Dramas, die am 24. Juni um 20 Uhr hinter Kröpelins Rathaus beginnt, wird um 19 Uhr vor dem Rathaus ein Gedenkstein enthüllt, der an die Hexengeschichte erinnert. Thomas Hoppe

Kröpelin/Zweedorf - Noch hat flippige „Hexe“ kein Lampenfieber