Ostseekrimi aus Bad Doberan: Rechtsmediziner wird in Retschower Mordfall verfolgt

Wenn es um Sterben und Tod geht, liegt es nahe, dass auch ein Facharzt für Rechtsmedizin gefragt sein kann – in Kriminalfällen ohnehin. Dass aber die Sekretärin der Landtagspräsidentin, Diana Salow, immer mal wieder den Münsterstädter Dr. med. Ulrich Hammer vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Rostock, um einen professionellen Check von entsprechenden Befunden bat, verwundert auf den ersten Blick dann schon. Doch auf den zweiten klärt folgende Erläuterung des Bad Doberaners das alles fix auf: „Die Schwerinerin Diana Salow schreibt seit Jahren für die Hinstorff-Reihe ,Ostseekrimi’ – mittlerweile ihr achtes Buch - und fragte mich immer wieder, ob ich ihr ein paar Tipps geben könne, damit die Befunde in der Story stimmen und richtig beschrieben sind.“ Dieser Bitte war Dr. Hammer jahrelang nachgekommen und tauchte dadurch in Salow-Krimis als Rostocker Rechtsmediziner Dr. Karsten Brandenburg auf: „Das ist mein zweiter Vorname und meine Heimatstadt an der Havel.“ Ein Hammer-Buch über Leichenschau gibt es schon länger: Schließlich sagte sich das Original, eher getrieben von sportlichem Ehrgeiz, wie Ulrich Hammer dazu meint: „Wenn ich da sowieso in diesen Büchern rumlaufe, kann ich mir auch selbst mal eine Geschichte schreiben.“ Schnell wurde er sich der Neu-Ruheständler mit dem zuständigen Hinstorff-Lektor Henry Gidom einig und brachte für seine Story in einem Jahr rund 60 000 Wörter aufs „Papier“. Bislang hatte er „nur“ das Fachbuch „Leichenschau -Differenzialdiagnostik häufiger Befunde“ federführend verfasst, obwohl der Experte berufsbedingt praktisch täglich am Schreiben war. Natürlich nicht als Prosa-Mann, sondern als Gutachten- und Fachtexteschreiber. Seit der Wende ist es auch hier üblich geworden, dass Rechtsmediziner oft als Sachverständige in Gerichtsverhandlungen geladen werden: „Da müssen medizinische Sachverhalte so eingedeutscht werden, dass Nichtmediziner, sprich Juristen, alles verstehen. Dadurch sind wir Formulierungskünstler geworden – und mittlerweile macht es mir Spaß zu formulieren“, zeichnet Dr. Hammer seinen Weg zum Krimi-Autoren nach. Lesen Sie auch: Mord in der Rostocker Heide: Ostsee-Krimi „Das Böse ruht nie“ Corona-Krise: Buchverlage aus MV verkaufen kaum noch Bücher „Weltenschreiber“ in Mecklenburg-Vorpommern: Wenn aus fiktiven Figuren Menschen aus Fleisch und Blut werden Story aus der Geocacher- und Hacker-Szene: Sein erster Ostsee-Krimi dreht sich nun um den titelgebenden Tatort „Grundloses Moor“. Dieses Kranich-Brutgebiet liegt zwischen Hohenfelde und Retschow und bietet quasi die Kulisse für einen Kriminalfall aus der Geocacher- und Computerhacker-Szene: Pilzsucher fanden im Moor eine Leiche, die Dr. Karsten Brandenburg obduzieren soll. Es handelt sich bei dem jungen Mann offenbar um einen Geocacher, der gewaltsam ums Leben gekommen sein soll. Da Brandenburg – wie Ulrich Hammer übrigens auch – dieses GPS-gestützte Schatzsucher-Hobby teilt, fällt es ihm schwer, sich aus den Ermittlungen herauszuhalten. Dabei wird es unheimlich, jemand verfolgt den Arzt... Seit dem Sommer ist dieses 304-seitige Hinstorff-Taschenbuch von Ulrich Hammer für 15 Euro auf dem Büchermarkt zu haben. Die erste Auflage soll 3000 Exemplare betragen haben. Auf der Homepage des Rostocker Verlages sind insgesamt 42 Titel der Reihe Ostsee-Krimi zu finden. Und der 65-jährige Ulrich Hammer arbeitet bereits an einem weiteren: „Schwarzes Moor“. Es liegt gleich neben dem Grundlosen in der Nähe von Bad Doberan. In der neuen Geschichte würden auch zwei Schweriner Kommissare auftauchen, heißt es, die die Ostseekrimi-Freunde bereits aus Büchern der Schweriner Autorin Diana Salow kennen. Solche Verquickungen sollen Ostsee-Krimi-Fans sehr honorieren, hat Ulrich Hammer vom Hinstorff-Verlag erfahren. Das Vorab-Szenario seines neuen Buches – auch Plot genannt – hätte ihm zwar etwas Mühe bereitet, doch nun entwickelten sich seine Figuren und damit auch die Handlung halt beim Schreiben. Dabei würden die Geschichten bei ihm grundsätzlich erfunden sein, aber die Art und Weise des Umgangs mit dem jeweiligen Fall sei echt – wie auch die Ortsangaben in den Büchern der ganzen Reihe. Er möchte nicht, wie manche andere Kollegen, alte Fälle in seinen Büchern darstellen, weil er sich stets ausrechne, dass er damit vielleicht irgendeinem Angehörigen von Mordopfern auf die Füße trete. So habe er damals auch eine Mitarbeit an einer TV-Dokumentation über die Ermordung einer 16-Jährigen in der Rostocker Heide abgelehnt: „Ich hatte mit den Eltern darüber gesprochen – sie waren entsetzt und wollten das nicht.“ Von Thomas Hoppe