Schauspiellust vor zehn Jahren entdeckt

Ein kleines Buch weckte bei Reriker Einwohnern unentdeckte Talente. Am 10. Januar 2008 wurde das „Theatersansibar“ gegründet, seitdem treffen sich die Laienschauspieler immer montags zum Proben. Acht Theaterstücke haben sie seitdem aufgeführt. Das erwähnte Buch von Alfred Andersch begleitete die ersten Jahre, es heißt „Sansibar oder der letzte Grund“, erschienen 1957. Zehn Jahre ist das nun her, in denen sich die Mitglieder ihrem Motto „Rerik spielt für Rerik“ treu blieben. Das Buch wurde Grundlage für ihr erstes Theaterstück, doch wie kam es eigentlich dazu? 1990 reiste der heutige Bürgermeister Wolfgang Gulbis, damals noch Vize, nach Düsseldorf. Dort traf er Menschen, die Rerik vor allem aus dem Andersch-Buch kannten. Wieder zu Hause, nahm er sich das Werk vor und beschloss daraus mehr zu machen. Es dauerte noch eine Weile, bis die Idee ausreifte. Als Erstes hielt 1994 die Lektüre Einzug ins Heimatmuseum, wo es seitdem verkauft wird. Nachdem 2001 Pastorin Karin Siegert – eine Liebhaberin der schönen Künste – in die Pfarrgemeinde kam, nahm die Idee, das Buch für Rerik zu nutzen durch Gespräche mit dem Bürgermeister wieder Formen an. 2006 lernte Karen Siegert die Regisseurin Barbara Frank kennen und erzählte ihr von der Idee. Ein Jahr später erhielt Barbara Frank einen Vertrag, den Gulbis mit ihr abschloss: Sie sollte aus dem Buch über Rerik ein Theaterstück machen. „Nach sechs Jahren selbstständiger Theaterarbeit bin ich für eine Inszenierung wieder zu ,Theater Sansibar’ gekommen. Die Schauspieler waren an ihren Leistungen enorm gewachsen. Die künstlerischen Prozesse von Problembewusstsein, Risikobereitschaft und Infragestellungen sind, natürlich neben dem künstlerischen Handwerk, der beste ,Spirit’ für Erfolg. Die Arbeit mit den Reriker Schauspielern war mir eine Freude.“ Barbara Frank machte es sich nicht leicht. Das Projekt Theater wurde den Rerikern vorgestellt und schnell fanden sich Mitstreiter: „Ich erinnere mich noch, dass viele, so auch ich, dachten, wir machen vielleicht Bühnenbild oder die Kostüme, kaum jemand sah sich als Schauspieler“, so Kirsten Grapentin. „Barbara Frank hat uns sozusagen rekrutiert und ab da waren wir Schauspieler. Ich staune nach wie vor, wie wir das geschafft haben“, sagt die Pepelowerin. 13 Mitglieder hat „Theatersansibar“ aktuell. Davon ist die Mehrzahl von Anfang an dabei. Die Laienschauspieler stammen aus verschiedenen Berufsgruppen. Schüler stehen mit Lehrern, der Fischer mit der Designerin auf der Bühne – das Ensemble ist so vielschichtig wie der Ort Rerik . Anfang 2008 wurde die Theatergruppe gegründet und im Herbst schon das erste Stück uraufgeführt. Es hieß „Der Sprung“ und ist Teil einer Theater-Trilogie. Handlungszeit – die 30er Jahre. Die Reriker zeigten sich begeistert, wollten mehr und so schrieb Barbara Frank 2009 das Stück „Der Traum – Rerik 50“, in dem die Romanfiguren ihren Handlungsort Rerik in der gesellschaftlichen Umstrukturierung der 50er Jahre erleben und 2010 das Stück „Die Ankunft – Rerik 70“, mit dem die Figuren ihre Zeitreise in den 70igern beenden. „Wir alle sind sprachlich, auch menschlich gewachsen“, sagt Kirsten Grapentin. Texte zu lernen, sei nicht so schwierig: „Das ist wie Gedichte lernen, aber das Zusammenspiel mit den anderen, dass alles passt, das ist immer wieder eine Herausforderung“, so Kirsten Grapentin. Weil mittlerweile die Gruppe schauspielerisch enorm gereift ist, und die Lust am Spielen nicht nachlässt, machen sie bis heute Theater. 2001 schrieb und inszenierte Barbara Frank „Rerik sucht Albert“. Mit ihrem Umzug in die Schweiz war die Gruppe auf sich allein gestellt. Sie suchten sich Theaterstücke im Internet und traten 2013 mit einer freien Version „Das Klassentreffen“ von T. Böhmer auf. Es folgte „Kiss me Hanni“, inszeniert von Bianca v. Oertzen, 2015 der Krimi „Mord am Kuhberg“ und 2017 „Der Wechsel“, wo wieder Barbara Frank das Stück schrieb und inszenierte. „Jetzt sind wir dabei das nächste Stück auszusuchen“, sagt Kirsten Grapentin und freut sich schon auf die Proben. „Sansibar oder der letzte Grund“ ist ein 1957 erschienener Roman des Schriftstellers Alfred Andersch (1914 – 1980). Der Roman spielt im Herbst 1937. Es geht um den kommunistischen Funktionär Gregor und die Jüdin Judith, die aufgrund der Rassengesetze auf der Flucht ist. Sie treffen sich in der kleinen Ostsee-Hafenstadt Rerik. In diesem Ort verbindet sich ihr Schicksal mit dem des Fischers Knudsen und dessen Schiffsjungen sowie dem Schicksal des Pfarrers Helander. Der Geistliche möchte die von den Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ kategorisierte und daher bedrohte Holzskulptur „Lesender Klosterschüler“ retten. Das Rerik des Romans trägt Züge der Städte Rerik und Wismar. Wikipedia Sabine Hügelland

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