Uecker 85: Rerik feiert den Ehrenbürger

— Das Ostseebad Rerik feiert den Geburtstag des berühmtesten Sohnes der Stadt. „Uecker 85!“ — unter diesem Motto stand gestern Abend eine Festveranstaltung in der Kösterschün, dem Kultur- und Veranstaltungshaus des Städtchens. Ein wissenschaftlicher Vortrag zu Leben und Werk des Künstlers, die Premiere eines Dokumentarfilms über „Uecker in Havanna“, eine Ausstellung über das besondere Verhältnis von Günther Uecker zu Rerik, Swing und Jazz vom Pasternack-Duo, Gespräche bei Schnittchen und Getränken: Gefeiert wurde mit allem, was bei einem solchen festlichen Anlass dazugehört. Fast. Denn das Sahnehäubchen blieb den Rerikern verwehrt. Der Meister selbst konnte nicht kommen. Zur Festveranstaltung übermittelte Günther Uecker „Grüße an alle Reriker, die ich lieb gewonnen habe. Die Beziehung zu Rerik bedeutet mir sehr viel“, schrieb er. Er freue sich auf einen Besuch von Rerikern in seinem Atelier in Düsseldorf und er werde auch in diesem Jahr wieder ein paar Tage am Ort seiner Jugend verbringen. Günther Uecker feierte am 13. März seinen 85. Geburtstag — ein Ereignis, das weltweit zur Kenntnis genommen wurde. In seiner Wahlheimat Düsseldorf ist eine große Schau seines Lebenswerks zu sehen. Reriks Nachfeier kam gestern ganz nahe an das Datum heran, das vor zwei Jahren „hier und in der Region etwas verändert hat“, so Pastorin Karen Siegert, die Moderatorin der Veranstaltung. Denn am 30. März 2013 wurden die beiden Uecker-Glocken für die Kirche geweiht. Gesponsert von Mäzen Uecker, der sie auch noch mit Reliefs verzierte. „Das ist etwas ganz Besonderes: Es war bisher das einzige Mal, dass Uecker an Glocken gearbeitet hat“, hob Kunsthistorikerin Dr. Karen Michels aus Hamburg hervor. Sie arbeitet an einem Buch über Uecker. Der weltberühmte Künstler, dessen großformatige Nagelreliefs auf Kunstauktionen in aller Welt Preise bis zu 600000 Euro erzielen, hatte 2011 extra für den Glockenguss das Relief „Spirale“ geschaffen. Nach Abzug des Anteils für das Auktionshaus blieb ein Erlös von 340000 Euro übrig und Reriks Kirchengemeinde war alle finanziellen Sorgen beim Glocken-Projekt los. Die Rerikerin Ruth Grundmann (84) schaut auf ein altes Klassenfoto in der Ausstellung. „Der dort, mit dem Kreis um den Kopf, ist Günther Uecker. Und hier stehe ich“, zeigt sie auf das Foto, das eine achte Klasse zeigt — meistens 14-jähriger Mädchen und Jungen. „Er war damals ein ganz normaler Junge, der viel in der Landwirtschaft seiner Eltern auf der Halbinsel geholfen hat. Dass aus ihm mal ein so berühmter Künstler werden würde — das hätte damals niemand gedacht.“ Das änderte sich spätestens ab 1956/57, als Uecker seine ersten Nagelreliefs schuf. „Er etablierte sich damit auf dem Kunstmarkt als Marke, schuf etwas Extremes, in dieser Form bisher Einmaliges“, erklärte Dr. Karin Michels in ihrem Vortrag den Erfolg Ueckers. Mit Rerik eng verbunden 1930 — am 13. März — wurde Günther Uecker in Wendorf/Pommern geboren. Er wuchs auf der Halbinsel Wustrow bei Rerik auf. Sein Vater, ein Ingenieur, arbeitete auf dem Flugplatz der Flakschule, die dort von der Wehrmacht bis zum Ende des zweiten Weltkrieges betrieben wurde. 1955 verließ Uecker die DDR, um an der Kunstakademie Düsseldorf zu studieren. Ab 1956 entstanden die für ihn typischen Nagelbilder: dreidimensionale, weiß bemalte Reliefs aus Nägeln. Uecker gilt als einer der bedeutendsten deutschen Künstler der Gegenwart. 2010 verlieh ihm die Stadt Ostseebad Rerik die Ehrenbürgerschaft. Lutz Werner

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