Wiro-Tochter sorgt für kleine Energiewende in Rostock

Etwas mehr als ein Jahr nach ihrer Gründung zieht die Wiro-Tochter „Wir“ (Wärme in Rostocker Wohnanlagen) ein erstes positives Fazit: In 75 Häusern sind inzwischen moderne Heizungssysteme eingebaut worden, teilt das Unternehmen mit. Im Jahr 2018 sollen nun noch einmal so viele folgen. Dafür werden in mehr als 260 Wiro-Wohnungen die alten Einzelthermen ausgebaut. Künftig bekommen die Mieter dann Heizwärme und Warmwasser aus modernen Zentralanlagen. Die Umrüstung dauere etwa eine Woche pro Aufgang, sagt „Wir“-Geschäftsführer Ingolf Wenzel. Mit den neuen Anlagen soll das Warten auf warmes Wasser passé sein. Umstrittene Gründung: Hintergrund: Die städtische Wohnungsgesellschaft Wiro muss in mehr als 6500 Wohnungen die Wärmetechnik erneuern. Die Gasanlagen sind hier zum Teil 20 Jahre alt. Ein Millionen-Vorhaben: Wiro- Chef Ralf Zimlich schätzte die Kosten einmal auf rund 19,5 Millionen Euro. Zunächst gab es jedoch Streit darüber, wer die Wohnungen mit Wärme versorgen darf – und wie. Die Wiro hatte sich gegen eine Zusammenarbeit mit den Stadtwerken entschieden. Denn zum einen sei die dort angebotene Fernwärme nicht für alle betroffenen Gebäude verfügbar und außerdem sei das Angebot des Schwester-Unternehmens für die Mieter im Schnitt bis zu 30 Prozent teurer als andere Heiz- Formen, so die Argumentation. Die Stadtwerke warnten dagegen vor einer „Doppelstruktur“ auf dem Energiemarkt der Stadt – und davor, dass dem Konzern und somit auch der Stadtkasse Gewinne aus dem Verkauf von Gas für die Wohnungen entgingen. Nach langer Diskussion gab die Rostocker Bürgerschaft dennoch grünes Licht für die Gründung der neuen Wiro- Tochter: Die „Wir“ darf seitdem für mehr als 10000 Mieter die Wärme selbst erzeugen. Ziel: Verbrauch halbieren Seit Anfang 2017 betreibt das neue Energie-Unternehmen alle 280 zentralen Wiro-Heizungsanlagen, die ausschließlich Gas als Brennstoff nutzen. Die „Wir“ übernimmt Betriebsführung, Instandhaltung und Wartung. Vier Mitarbeiter sind hier angestellt. Stück für Stück soll die Tochterfirma die alten Anlagen gegen moderne und effiziente Technik austauschen. „Klar ist: Die Energiepreise werden langfristig steigen. Unser Ziel ist es, die Heizkosten zu stabilisieren. Das ist die Voraussetzung für bezahlbare Gesamtmieten“, sagt Wiro-Geschäftsführer Ralf Zimlich. Gleichzeitig soll der Kohlendioxid-Ausstoß verringert werden. Neben neuen Anlagen setzt das Unternehmen daher auf umweltfreundliche Technologien. „Solaranlagen sind die ideale Ergänzung für unsere Gasheizungen“, sagt „Wir“-Chef Wenzel. Die Firma plane, auf rund 3000 Quadratmeter Dachfläche neue Kollektoren zu installieren. Die Module sollen jedoch keinen Strom erzeugen. Sie liefern direkte Sonnenenergie für die Warmwasseraufbereitung und entlasten die Heizung besonders im Frühjahr und im Herbst. Dann muss zwar weiter klassisch geheizt werden – jedoch deutlich weniger als ohne Solarunterstützung. Über das Jahr gesehen will die Wiro-Tochter auf diese Weise den Energieverbrauch halbieren. Das spare mehr als 265400 Kilowattstunden und es werde bis zu 52 Prozent weniger Kohlendioxid in die Atmosphäre abgeben, rechnet das Unternehmen vor. Und weil weniger Brennstoff gebraucht wird, bleiben die Heizkosten stabil. Darüber hinaus sind Blockheizkraftwerke und Luftwärmepumpen geplant. Energiekonzept der Stadt fehlt Als Kompromiss für die Gründung der „Wir“ rief die Bürgerschaft Wiro und Stadtwerke dazu auf, ein Beteiligungskonzept für die Stadtwerke zu erarbeiten – um gemeinsame Angebote für Kunden zu entwickeln: maßgeschneidert, preiswert und ressourcenschonend. Wie aus einer aktuellen Stellungnahme der Stadt hervorgeht, ist diese Beteiligung jedoch noch nicht vollzogen worden. Grund: Die Wiro habe juristische Bedenken, heißt es. Auch die Erarbeitung eines städtischen Konzeptes zu zukünftigen Entwicklungen auf dem Energie- und Wohnungswirtschaftsmarkt zieht sich weiter hin. 2019 sollen hier zunächst Erfahrungen ausgetauscht werden, ehe eine externe Projektbeauftragung erfolgt, teilt das Rathaus mit. Die Wiro-Tochter „Wir – Wärme in Rostocker Wohnanlagen GmbH“ wurde am 21. September 2016 gegründet. Mit etwa 270 eigenen Heizanlagen versorgt die Wiro seitdem mehr als 3250 Haushalte ihres Wohnungsbestands mit Wärme. In den kommenden Jahren sollen diese Heizanlagen sukzessive durch die neue Unternehmenstochter modernisiert und mit klimafreundlicher Technik ergänzt werden. Mittelfristig plant die „Wir“ auch, die bestehenden Gasetagenheizungen umzubauen. Außerdem übernimmt die Gesellschaft die Energieversorgung der Wiro-Neubauprojekte. Der überwiegende Teil des Wiro-Bestandes wird unverändert über Fernwärme versorgt. André Wornowski

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