Boltenhagen: Ruinen des Grenzbataillon 4 in Tarnewitz verschwinden

Die Ruinen der früheren Militäranlage in Boltenhagens Ortsteil Tarnewitz werden vermutlich bald verschwinden. Schon seit drei Jahren gibt es eine Abrissgenehmigung für die grauen, fensterlosen Gebäude in denen zu DDR-Zeiten das Grenzbataillon 4 untergebracht war, das die Küste von Barendorf im Westen bis nach Poel östlich von Boltenhagen kontrollierte. Einige der Ruinen stammen sogar aus der Zeit der militärischen Erprobungsstelle für Waffen der Marine und Luftwaffe aus dem zweiten Weltkrieg. Hotelpläne seit 15 Jahren: Seit 15 Jahren gibt es Pläne, auf dem Gelände ein Hotel zu bauen. Inzwischen ist die Primus Immobilien AG mit der Gemeinde fast soweit gekommen, dass der Bebauungsplan fertig ist. In der jüngsten Sitzung des Bauausschusses der Gemeinde wurde angekündigt, dass je nach Wetterlage Ende Februar mit dem Abriss der ersten Gebäude begonnen werden könnte. Lesen Sie auch: Das wurde aus den ehemaligen Armeestützpunkten in Mecklenburg Lost Places für Einsteiger in MV Haupthaus mit Offiziersmesse: Michael Steigmann ist langjähriger Gemeindevertreter der Partei „Die Linke“ und Vorsitzender des Bauausschusses. Außerdem wohnt er direkt angrenzend an das ehemalige Militärgelände. Daher durfte er sich an Abstimmungen über das geplante Hotel auch nicht beteiligen. Aber er kennt die früheren Bestimmungen der einzelnen Gebäude auf dem Gelände. Bildergalerie: Ruinen des Grenzbataillons 4 in Boltenhagen „Das Hauptgebäude vorne hatte auf der einen Seite den Speisesaal und auf der anderen die Küche“, erklärt Steigmann. Auch die Offiziersmesse und Werkstätten zur Instandhaltung von Generatoren und Bootstechnik waren in dem langen Haupthaus. Vergitterte Telefonzentrale: Links davon sind die Fenster eines eingeschossigen Hauses noch bis heute mit Gittern gesichert, obwohl alles aus den Ruinen ausgebaut wurde. „Da waren die Nachrichtentechnik und die Telefonzentrale drin“, sagt Michael Steigmann. Es musste ja der Kontakt zu den Einheiten entlang der Küste gehalten werden. Von Tarnewitz aus wurde auch immer der Funk auf der Ostsee abgehört. „Die wussten genau, was der Bundesgrenzschutz so spricht“, ist Michael Steigmann sicher. Ein Wohnheim für Ledige: Im hinteren Bereich des Ruinengeländes, dichter an der Ostsee gelegen, steht noch ein zweigeschossiger Bau, der als einziger nicht völlig ergraut ist. Das frühere Wohnheim für ledige Soldaten hat noch Reste des hellen Anstrichs. „Wer verheiratet war, suchte sich ein Haus im Ort. Die unverheirateten mussten hier wohnen“, erklärt Steigmann. Wohnungen der Pioniere und MHO-Laden: Er berichtet, dass auch die heutigen Wohnhäuser der Tarnewitzer Huk neben dem Gelände mit den Ruinen früher zum NVA-Areal gehörten. „Das waren die Wohnungen für den Pionierzug. Dort war noch ein Stabsgebäude und das war die Turnhalle“, sagt Michael Steigmann vor den Gebäuden. „Das da vorne war der MHO“, sagt er und zeigt auf das einzige Haus aus dick lackiertem Holz. „Für die Soldaten gab es eigene Läden der Handelsorganisation.“ Dieser HO der NVA liegt kurz hinter dem Haus der früheren Torwache des Geländes. Bunker sind noch intakt: Eigentlich war die Hälfte des heutigen Ortsteils Tarnewitz, abgesehen vom alten Dorf, Militärgebiet. Das erstreckte sich auch noch bis zur heutigen Marina, die damals mehr eine Anlegestelle für die Boote der Grenztruppen war. Auch Bunker gibt es noch in dem gesamten Gebiet, zu dem zwischen den Wohnhäusern und der Weißen Wiek auch ein Naturschutzgebiet, die eigentliche Erprobungsstelle aus dem zweiten Weltkrieg, gehört. Quartiere für Fledermäuse und Vögel: Die Bunker sollen, im Gegensatz zu den alten Gebäuden, nicht verschwinden. Sie werden umgebaut, um sie unter anderem als Quartier für Fledermäuse zu nutzen. In der Nähe des künftigen Hotelgeländes haben dessen Investoren einen solchen Bunker umbauen lassen. „Das war ursprünglich ein Pistolenschießstand. Mit dem Planer Ronald Mahnel haben die Gemeinde und der Investor hier ein Ausgleichsquartier geschaffen“, sagt Steigmann. So werde sichergestellt, dass Tiere, die bisher in den Ruinen leben, neue Quartiere bekommen. Zu sehen ist nur eine stabile Tür mit einem kleinen Schlitz, durch den die Tiere ein- und ausfliegen können. Dahinter erstreckt sich ein langer Gang unter der Erde. Sicher verschlossen wird er schon von Fledermäusen angenommen. Von Malte Behnk