Boltenhagen: Vier-Gänge-Menü bei Kerzenschein im eigenen Wohnmobil

Einen Ausflug in die Normalität, einen kurzen Urlaub vom Alltag, einen Moment des Verwöhntwerdens erlebten Paare in sieben Wohnmobilen am Freitag auf dem Campingplatz Regenbogencamp in Boltenhagen. Möglich ist das durch ein strenges Hygienekonzept und weil die Gäste ihr eigenes Esszimmer und Schlafzimmer mitbringen. Gäste wollen verwöhnt werden: „Ich hatte schon davon gehört, dass es so ein Angebot in anderen Orten gibt“, sagt Brigitte Korzak, die mit ihrem Mann Norbert den kurzen Weg von Grevesmühlen nach Boltenhagen gefahren ist. „Wir haben hier schon mal Silvester gefeiert und als ich dann durch einen Newsletter hiervon erfahren habe, habe ich uns sofort angemeldet“, sagt sie. Wie die Gäste in den anderen Wohnmobilen zahlen sie 89 Euro pro Person. „Das ist vollkommen in Ordnung. Wir werden uns ja schön verwöhnen lassen.“ Bei dem „Mobilen Candle-Light-Dinner“ sind ein Vier-Gänge-Menü, von dem die Gäste nur den Namen – in diesem Fall „Frühlingserwachen“ – kennen, mit Prosecco, Weißwein und Rotwein in Flaschen sowie die Übernachtung, also die Stellplatzmiete, enthalten. Frühstück kann hinzugebucht werden. Angeboten wird es freitags und sonnabends. Klare Regeln ohne Kompromiss: „In Schleswig-Holstein gibt es das ganz häufig und wir haben die Idee mit unserem Vorstand besprochen. Mein Chef war bei so einem Dinner in Neumünster und wir haben gesagt: Das können wir auch“, sagt Ralf Hoffmann, Chef des Regenbogencamps in Boltenhagen. „Es funktioniert aber nur mit ganz klaren Regeln und nur für Gäste aus Mecklenburg-Vorpommern“, sagt er. „Jeder bleibt in seinem Wohnwagen oder Wohnmobil und nutzt auch dort seine eigenen Sanitäreinrichtungen. Wenn die Kellner an den Wagen kommen, tragen die Gäste und das Personal Masken. Außerdem bekommt jedes Wohnmobil eine eigene Box, in der nur für diese Gäste Gläser, Geschirr, Besteck und Speisen transportiert werden.“ Lesen Sie auch Mecklenburgs Freizeitanbieter wollen öffnen: Konzepte und Forderungen Wieder Corona-Kontrollen der Polizei am Wochenende in MV Graal-Müritz, Kühlungsborn, Boltenhagen: Sommer-Urlaub gut gebucht „Nichtstun ist nicht schön“: Für Lea-Vivien Dambach und Julian Ptok ist die Aktion die Chance, endlich aus dem „Nichtstun“ der Kurzarbeit herauszukommen. Dafür verkleiden sie sich auch gerne, um den Gästen ein besonderes Erlebnis zu bereiten. Als Robin Hood und plüschiges Einhorn servierten sie ihren Gästen die vier Gänge und die passenden Getränke. Mit viel Freude, denn beide waren seit dem 1. November zu Hause. „Das ist nicht schön“, sagt Julian Ptok. „Wir bekommen zwar das Kurzarbeitergeld, aber neben dem Lohn leben wir ja zum großen Teil von Trinkgeldern. Außerdem fehlt mir auch die Freundlichkeit und das Lächeln, wenn man den Gästen etwas bringt.“ Frische Waren durch verbindliche Anmeldung: Durch die verbindlichen Anmeldungen der Gäste bis Mittwoch kann der Koch des Regenbogencamps genau abgezählt frisch für das jeweilige Menü einkaufen. Bevor die Gäste am Freitagabend aber genießen konnten, hatten sie noch eine Aufgabe, die in jedem Restaurant eigentlich das Personal übernimmt: das Eindecken. Besteck, Geschirr, Gläser und auch eine Tischdecke sowie Kerzen wurden in der ersten Box zu den Wohnmobilen geliefert. „Wir hatten sehr große Sehnsucht“: „Das ist okay. Ich komme selber aus der Gastronomie“, sagt Heidi Leuschner, die mit Mann Jürgen aus Hagenow gekommen ist. „Wir hatten sehr große Sehnsucht, mal wieder Essen zu gehen und rauszukommen. Wir wollten es schon in Neumünster machen, durften aber als Mecklenburger dort nicht einreisen“, sagt sie und hat etwa eine Stunde später entschieden, auf jeden Fall noch einmal das Campingdinner zu buchen. Frühlingserwachen mit Kaninchenkeule: Hinter dem „Frühlingserwachen“ versteckte sich übrigens eine Gravedlachsrolle gefüllt mit Frischkäse und Sesam, Feldsalat mit gratiniertem Ziegenkäse und fruchtiger Himbeervinaigrette gab es danach. Der Hauptgang war eine Kaninchenkeule mit Rosenkohl und in Butter geschwenkten Drillingen. Dazu wurde jeweils eine ganze Flasche Weißwein und Rotwein gereicht. Zum Dessert gab es ein Cappuccino Tartufo. Aktion solange Restaurants geschlossen sind: „Wir machen das weiter, solange die Restaurants zu sind“, sagt Ralf Hoffmann, der sich über den Erfolg freut, aber auch immer aufpasst, dass alle Regeln eingehalten werden. „Bei der Premiere letzte Woche war auch ein Paar hier, das Silberhochzeit hatte“, sagt Hoffmann. Dennoch kann er längst nicht alle Mitarbeiter aus der Kurzarbeit holen. Von Malte Behnk