„Dann erwischen dich die Schüsse“

Mit einem beherzten Satz springt Martin Semmelrogge hinter einem Felsen in Deckung. Neben ihm rasseln die Säbel in der Schlacht. Im Hintergrund wanken riesige Segelschiffe. Eigentlich alles so spektakulär wie immer beim Piraten Open Air Theater in Grevesmühlen. Doch etwas ist anders. Semmelrogge sieht in seiner Dreiviertelhose, seiner knallgelben Weste und mit seinem Basecap aus, als würde er sich gleich auf Radtour zum Strand begeben. „Peng, erster Einschlag“, ruft plötzlich jemand über die Lautsprecheranlage. Marc Zabinski stürmt über das Schlachtfeld. „Paulanus“, ruft wieder diese Stimme, „du musst Richtung Dock laufen, dann erwischen dich die Schüsse.“ Pause. Der Urheber der mysteriösen Stimme tritt auf, Capt‘n Flint persönlich, Benjamin Kernen, führt Regie beim neuen Stück „Der Alte Freibeuter“, das am kommenden Freitag Premiere feiert. „Es ist von Vorteil, wenn der Hauptdarsteller Regie führt. Dadurch kann er sich in seiner Rolle viel besser ins Stück hineinversetzen“, erzählt Theaterintendant Peter Venzmer während Kernen Pater Paulanus Zabinsky dessen Laufweg erklärt. Geprobt wird in sogenannten Bildern. Das gesamte Stück besteht aus 18 davon, die einzeln einstudiert und Stück für Stück aneinandergeklebt werden. Heute ist Bild 16 dran. „Kurze Zigarettenpause. Heppo muss durch“, gibt Benjamin Kernen über das Mikrophon bekannt. Ein großer Kran schiebt sich durch die Karibikkulisse, zieht tiefe Spuren in den Sand. Eine Steinplatte muss transportiert werden. Die Schauspieler atmen kurz durch. Ohne die Crew hinter der Crew ginge beim Piraten Open Air nichts. Wieder einmal ist ein beeindruckendes, detailverliebtes Bühnenbild entstanden. Heraus sticht das große Piratenschiff, die „Revenge“. Mit 20 Metern Länge und 18 Metern Masthöhe ist es das bisher größte Segelschiff, das in den Werkstätten des Theaters entstanden ist, ausgestattet mit allerlei technischer Raffinessen, um etwa auch ein Seegefecht stattfinden zu lassen. Zahlreiche Grevesmühlener Firmen wurden zudem für den Kulissenbau engagiert, etwa die Schlosserei Duwe, der Putzbetrieb Jablonski oder der Kranservice Grevesmühlen. Bis es jedoch wirklich knallt und qualmt, vergehen noch ein paar Tage. Anfang kommender Woche wird die Pyrotechnik getestet und erstmals in die Proben integriert. Bis dahin muss „Peng“ und „Wusch“ reichen, um während der Proben klarzumachen, wann und wo es einschlägt. „Äh . . . ich . . . ja . . . Ich hab ‘nen Hänger“, ruft Benjamin Kernen von seiner Regieposition aus. Er schaut sich das Treiben von außerhalb der Bühne an. Seine Position wird auf der Bühne ersetzt durch Kollegin Bianca Mc Namara. Bis zum Start am kommenden Freitag wird der Text sitzen. „Man ist immer nervös, auch so kurz vor der Premiere gibt es immer noch viele Unwegsamkeiten“, erzählt Intendant Peter Venzmer. Der Ticketvorverkauf laufe besser als im vergangenen Jahr. 2012 kamen rund 50 000 Besucher. Dieses Jahr sollen es etwas mehr werden, wenn das Wetter mitspielt. „Verdammt mach ich kitschige Inszenierungen“, ruft Benjamin Kernen mit einem Augenzwinkern nachdem Pater Paulanus ein weiteres Mal durch den imaginären Kugelhagel gelaufen ist. „Das war Bild 16, die Abläufe sehen doch schon ganz gut aus.“ Und weil‘s so schön war: Alles auf Anfang. Schließlich wird noch geprobt. Ministerpräsident kommt zur Premiere Für die Premiere des Stückes „Der Alte Freibeuter“ am Freitag, 21. Juni, 19.30 Uhr, gibt es laut Auskunft der Veranstalter noch wenige Restkarten. Zu ersten Aufführung der neunten Episode der „schicksalhaften Abenteuer des Capt‘n Flint“ habe sich sogar Ministerpräsident Erwin Sellering angekündigt. Karten gibt es im Internet unter www.www.piratenopenairtheater.de, Telefon 038 81/75 66 00 und 07 00/44 00 22 11, Fax 038 81/75 66 029 oder per E-Mail: info@piratenopenair.de Kurze Zigarettenpause. Heppo muss durch.“Anweisung von Regisseur und Hauptdarsteller Benjamin Kernen Robert Niemeyer

Piraten Open Air Theater Grevesmühlen: Noch eine Woche bis zur Premiere - „Dann erwischen dich die Schüsse“