Das kleine Paradies am Palmberg

Menschen haben sich das Paradies seit jeher als einen Garten vorgestellt. Ein Rundgang durch die Kleingartenanlage „Am Palmberg“ macht nachvollziehbar, warum das so ist. Links und rechts der Wege blühen Blumen in allen Farben, wächst Gemüse und Obst, sitzen Menschen vor ihren Lauben. Und alle Parzellen sind gepflegt. „Man muss immer sehen, dass es ein bisschen schön aussieht“, erklärt Peter Venske beim Rundgang durch die weitläufige Anlage am Stadtrand von Schönberg. Der 69-Jährige ist seit neun Jahren Vorsitzender des Kleingartenvereins „Am Palmberg“. Er sagt: „Unsere Kleingartenanlage ist ein Kulturgut.“ Peter Venske ist sichtlich stolz auf die Anlage und ihre Geschichte. „Sie hat in vier Jahren hundertjähriges Bestehen“, kündigt der Vorsitzende an. Er kennt den genauen Gründungstag: 17. Dezember 1919. So steht es in einem dicken Aktenordner, den Peter Venske zum Gespräch in seiner Laube mitgebracht hat. Neben dem Vorsitzenden sitzt sein Stellvertreter Hans-Jürgen Keil. Er sagt, dass nicht nur die Mitglieder des Vereins die Anlage zu schätzen wissen. Der 55-jährige Schönberger berichtet: „Viele Leute gehen hier durch. Im Sommer ist es richtig voll.“ Stolz klingt in der Stimme des stellvertretenden Vorsitzenden, als er sagt: „Unsere Kleingartenanlage ist ein anerkanntes Naherholungsgebiet.“ Peter Venske bestätigt das gerne. Er weiß noch mehr Positives zu berichten: „Unsere Anlage hat einen guten Leumund.“ Seines Wissen ist es die einzige Anlage in Nordwestmecklenburg, in der alle Gärten besetzt sind — „und das schon über Jahre“. Der Nachteil: Neue Interessenten haben‘s schwer. Hans-Jürgen Keil erklärt: „Es gibt immer wieder Anfragen für Gärten. Aber was soll man machen, wenn keiner frei wird?“ Dann heißt es für den Bewerber: warten. 79 Gärten bilden die idyllisch gelegene Anlage. Sie verteilen sich auf etwas mehr als drei Hektar. Vor 15 Jahren waren es noch vier Hektar. Doch 29 Gärten mussten dem Bau einer Umgehungsstraße für Schönberg weichen. Heute gehören dem Kleingärtnerverein „Am Palmberg“ 83 Frauen und Männer an. „Einige sind Mitglieder geworden, ohne einen Garten zu haben“, erläutert Peter Venske und verrät noch etwas: Dem Verein gehören nicht nur Kleingärtner an, die in Deutschland groß geworden sind. In den Reihen der Mitglieder sind auch ein Armenier, ein Este, ein Russe und: „Jetzt kriegen wir noch einen Türken dazu.“ Eins haben sie nach Auskunft von Hans-Jürgen Keil gemeinsam: „Bei Arbeitseinsätzen sind sie auch dabei.“ Ein Drittel für Blumengarten und Rasen, ein Drittel für Erholung inklusive Laube, ein Drittel für den Gemüsebau: Das ist hier Standard. Vier Zentner Tomaten und mehrere 100 Gurken erntete Peter Venske allein im zurückliegenden Jahr. Er betont allerdings: „Wichtiger ist der Erholungsfaktor und dass man Menschen trifft.“ Der Vorsitzende und sein Stellvertreter wohnen, wie die meisten Mitglieder, in nahe gelegenen Mehrfamilienhäusern. Hans-Jürgen Keil erklärt: „Die meisten Wohnungen haben keinen Balkon. Da ist man froh, wenn man draußen im Garten sein kann.“ Dabei muss niemand reich sein, um sich ein Stück Paradies mit Blick aufs Naturschutzgebiet „Stepenitz- und Maurineniederung“ leisten zu können. Der jährliche Mitgliedsbeitrag ist mit zwölf Euro sozial verträglich. Hinzu kommen 30 Euro Umlage für die Bewirtschaftung der Anlage und die Pachtzinsen, die der Verein an die Stadt weitergibt. Auch sie sind nicht hoch. „Wir haben einen geringen Pachtpreis von sechs Cent pro Quadratmeter“, sagt Peter Venske. Sorgen bereitet ihm dagegen die Instandhaltung der Wasseranlage. Der Vorsitzende bedauert: „Die Reparaturkosten fressen uns auf.“ Leitungen, Gebäude und Pumpen sind teils 40 Jahre alt. Da geht immer wieder etwas kaputt. Schade findet Peter Venske noch etwas: „Das Kleingartenwesen ist vielen gar nicht bewusst.“ Bedauerlich sei auch, dass es keinen Kreisverband der Kleingartenvereine mehr gebe, sagt der Vorsitzende im Gespräch in der Laube. Dann reißt er ein anderes Thema an: „Wir haben eine gute Beziehung zum Bauern Arndt Burmeister. Er beliefert uns mit Dung.“ Bewegung ist immer in der Kleingartenanlage „Am Palmberg“. Wie sollte es auch anders sein? Man wird nie fertig mit einem Garten. Gärten mit Geschichte 1919 stellte die Stadt Schönberg drei Hektar Land für Schrebergärten unter ihre Verwaltung. 1934 gründeten die Kleingärtner einen gemeinnützigen Verein. 1964 wurde die Kleingartenanlage „Am Palmberg“ erweitert. 1995 erfuhren die Schrebergärtner, dass die für Schönberg geplante Umgehungsstraße mitten durch das idyllische Areal führen wird. Die Gartenbesitzer sahen die Notwendigkeit der Straße ein. Doch einige Betroffene besaßen seit mehr als 30 Jahren eine eigene Laube. 29 Gärten mussten weichen. Das Straßenbauamt zahlte Entschädigungen. Es eröffnete die 60 Millionen Mark teure Entlastungsstraße am 23. Mai 2000 zeitgleich mit dem A 20-Teilstück zwischen Schönberg und Grevesmühlen. jl Unsere Kleingarten- anlage ist ein Kulturgut.“Peter Venske, Vorsitzender des Kleingartenvereins „Am Palmberg“ Jürgen Lenz

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