Der Fall Barrein kann noch viel Geld kosten

Der Fall wird die Gemeinde Ostseebad Boltenhagen eine Stange Geld kosten. Wie viel, darüber muss das Gericht entscheiden. Der nächste Termin ist für Donnerstag, den 28. Februar, angesetzt. Dann soll es ein zweites Teilurteil geben. In einem ersten Teilspruch hatte das Gericht im Dezember verfügt, dass die Gemeinde knapp 15 000 Euro zahlen muss. Dagegen hat Boltenhagen Berufung eingelegt. „Jetzt wird zusammengestellt, was die Gemeinde konkret an Schadensersatzansprüchen zu leisten hat“, so Katrin Pardun, leitende Verwaltungsbeamte im Amt Klützer Winkel. Finanziell steht Boltenhagen auf den ersten Blick gut da: Ein geplanter Jahresüberschuss für 2012 von 91 000 Euro und das positive Ergebnis der Finanzrechnung von mehr als 1,2 Millionen Euro lassen eine hohe Haushaltsdisziplin der Gemeindepolitiker vermuten. Die Verbesserung der flüssigen Mittel ist aber auf nicht umgesetzte Projekte zurückzuführen. Im Haushalt standen 90 000 Euro für den Bau einer Feuerwehrgarage, 195 000 Euro für den Ausbau der Tarnewitzer Chaussee, 85 000 Euro für die Erschließung Mariannenweg, 15 000 Euro für den Neubau einer Zuwegung zur Lesehalle und 77 000 Euro für die Erschließung der Dorfstraße in Wichmannsdorf. Insgesamt eine Summe von 462 000 Euro. Dieses Geld wird vermutlich 2013 abfließen, wenn die verschiedenen Baumaßnahmen umgesetzt werden. Zusätzlich wird vermutlich der Fall Barrein den Boltenhagener Haushalt belasten. Nach Informationen aus der unteren Rechtsaufsichtsbehörde des Landkreises, müsse der Barrein-Aufwand im Haushaltsjahr 2011 berücksichtigt werden. Zudem sei eine Rückstellung in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2012 auszuweisen. Da sich die untere Rechtsaufsichtsbehörde auf das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Rostock bezieht, ist anzunehmen, dass mindestens das vom Gericht vorgeschlagene Vergleichsangebot von 720 000 Euro als Rückstellung erwartet wird. Dieses Angebot hatten beide Seiten abgelehnt. Der Gemeinde war es zu hoch, ihre Schmerzgrenze lag bei 600 000 Euro. Familie Barrein war es zu wenig, sie forderte zwei Millionen Euro. Die Möglichkeit, dass die 462 000 Euro Investitionssumme sowie die angenommenen 720 000 Euro Schadensersatzforderungen für die Familie Barrein in diesem Jahr haushaltswirksam werden, ist gegeben. Dann würden auf dem Konto der Gemeinde nur noch 32 457 Euro bleiben. Diese Rechnung stimmt aus Sicht von Katrin Pardun und Hans-Otto Schmiedeberg (CDU), Vorsitzender des Finanzausschusses in Boltenhagen, nicht — abgesehen davon, dass die Haushaltsberatungen vermutlich nicht vor Mitte Februar beginnen werden. „Die Zahlen stimmen zwar“, sagt Pardun, „sie haben aber zwei Schönheitsfehler: Erstens ist es nur der Nachtragshaushalt und zweitens wurden keine Einnahmen gegengerechnet.“ Zum Beispiel könne die Gemeinde in diesem und in folgenden Jahren Ausbaubeiträge in nicht unerheblichen Größenordnungen erwarten. Zudem stünden zwei Grundstücke zum Verkauf: Um die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes in Tarnewitz stehe es gut und auch das Grundstück mit der ehemaligen Gemeindeverwaltung sei ausgeschrieben. In beiden Fällen werde mit Einnahmen im sechs- bis siebenstelligen Bereich gerechnet. „Und das werden nicht die einzigen Einnahmen sein“, ist Hans-Otto Schmiedeberg sicher. Mit Blick auf den Fall Barrein sagt er: „Wir hatten in den Haushalten der vergangenen Jahre auch immer die Position Schadensersatz.“ Sie werde in Abstimmung mit den Anwälten der Gemeinde ganz sicher auch in diesem Jahr wieder aufgenommen, jedoch nicht in einem Nachtragshaushalt auftauchen, wenn sich an der Summe nichts ändere. „Derzeit können wir mit keinem Betrag planen, weil keine konkrete Forderung vorliegt“, betont Hans-Otto Schmiedeberg. Da müsste erst das Gericht entscheiden. Ihm sei um die Finanzen des Ostseebades nicht bange, erklärt er. Zumal alle Mitglieder des Finanzausschusses bemüht seien, die Ausgaben so gering wie möglich zu halten. „Wenn wir weiter so verfahren, können wir ruhig in die Zukunft sehen — trotz Barrein“, sagt Hans-Otto Schmiedeberg. Swen Bertram und Sylvia Kartheuser

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