Düstere Aussichten für kleine Kommunen

Erhard Bräunig hat schon als Landrat von Nordwestmecklenburg kein Blatt vor den Mund genommen. Als Bürgermeister von Plüschow und Mitglied im Amtsausschuss von Grevesmühlen ist der 69-Jährige kein Stück leiser geworden. Im Gegenteil: „Alle Reformen, die ich seit 1990 mitgemacht habe, waren ein Schuss in den Ofen“, erklärte Bräunig in dieser Woche während der Amtsausschusssitzung. „Das Problem ist doch, dass das Land Reformen anschiebt und selbst rein gar nichts am eigenen Apparat ändert; die hängen doch alle an ihren Posten.“ Hintergrund ist ein Termin vor wenigen Tagen, als Mitarbeiter des Schweriner Innenministeriums die Stadt und das Amt Grevesmühlen besuchten. Einige Bürgermeister aus dem Amtsbereich hatten an dem Termin teilgenommen. Unter anderem war die Frage aufgekommen, ob das Ministerium Fusionen von kleinen Gemeinden weiter fördert und fordert. Amtsvorsteher Peter Koth: „Uns wurde gesagt, dass das Thema bis zur Landtagswahl nicht mehr angefasst wird.“ In den vergangenen Jahren hatte das Schweriner Innenministerium die kleinen Gemeinden mehrfach aufgefordert, sich zu größeren Einheiten zusammenzuschließen und das auch finanziell unterstützt. Laut Bräunig werde das grundlegende Problem damit jedoch nicht gelöst. „Das Land legt mehrere Hundert Millionen Euro auf die hohe Kante und wir als kleine Gemeinde werden aufgefordert, die Steuern zu erhöhen, um unsere notwendigen Ausgaben zu bewältigen.“ Lars Prahler, Bauamtsleiter und 2. Stadtrat von Grevesmühlen, hatte an dem Termin ebenfalls teilgenommen und den Eindruck, „dass dem Ministerium sehr daran gelegen war, das Treffen sehr harmonisch zu gestalten“. Sprich: Kritische Punkte wurden außen vorgelassen. „Mein Fazit des Termins ist, dass die Gemeinden zwar alle Freiheiten haben, aber kein Geld, um sie auch umzusetzen.“ Und eine Lösung ist nicht in Sicht. Wie Uwe Wandel, Bürgermeister der Gemeinde Gägelow monierte, hatte er auf die Frage, wie das Ministerium sich die künftige Entwicklung der kleinen Gemeinden vorstelle, keine befriedigende Antwort erhalten. „Da kam einfach nichts vom Staatssekretär, das hatte ich mir anders vorgestellt.“ So wäre es sinnvoll gewesen zu erfahren, ob das Innenministerium künftig konkrete Zahlen festlegen würde, wie groß und wie finanzstark eine Gemeinde sein müsse, um eigenständig zu bleiben. „Oder ob es möglicherweise andere Vorstellungen dazu gibt“, so Wandel. Er betonte in diesem Zusammenhang, dass es nicht grundsätzlich schlecht sei, wenn Gemeinden sich zusammenschließen. „Aber“, so der Bürgermeister, „das muss freiwillig passieren.“ Bürgermeister fordern mehr Spielraum Erneute Kritik gibt es aus Grevesmühlen am aktuellen Entwurf der Landesentwicklungsplanung, der jetzt vorliegt. Das Gewerbegebiet Upahl ist trotz der Proteste von Landkreis und der Stadt Grevesmühlen auch weiterhin nicht als „bedeutsames Gewerbe- und Industriegebiet“ ausgewiesen. Das bedeutet, dass eine Erweiterung des Gewerbestandortes fast unmöglich ist. Grund für die Herabstufung des Areals ist laut Prahler das Fehlen eines Bahnhofes und eines Flughafens in der Nähe. Lüdersdorf hingegen hat den begehrten Status erhalten. Schlechte Nachrichten gibt es zudem für den Großteil der Gemeinden in Nordwestmecklenburg in Sachen Erweiterung beziehungsweise Umnutzung von Flächen. So gibt es einen Passus im Entwurf, der besagt, dass Flächen, deren Bodenwert über 50 liegt, nicht anders als für die Landwirtschaft genutzt werden dürfen. „Das betrifft 60 Prozent der Flächen in unserer Region“, so Prahler. Die Ausweisung von neuen Baugebieten wird dadurch erschwert, dass die Gemeinden nur noch den Eigenbedarf abdecken sollen. Bedeutet: Für neue Familien ist kein Platz mehr in Dörfern wie Plüschow oder Warnow. Das Grevesmühlener Bauamt soll nun in Zusammenarbeit mit den einzelnen Gemeinden eine entsprechende Stellungnahme erarbeiten, die in den Plan miteinfließt. Ziel, so fordern die Bürgermeister aus dem Amt Grevesmühlen, muss es sein, dass die Dörfer auch weiterhin die Möglichkeit haben, sich zu entwickeln. proch Michael Prochnow

Grevesmühlen - Düstere Aussichten für kleine Kommunen