Freude in Schönberg: Unesco erklärt Martensmann zu Kulturerbe

Die Schönbergerin Emanuela Glöde freut sich. „Es ist toll“, sagt die Vorsitzende des Heimatbunds für das Fürstentum Ratzeburg. Der Grund für ihre Freude: Die deutsche Kommission der Unesco hat den Martensmann-Brauch in die Liste des immateriellen Kulturerbes der aufgenommen. Damit würdige die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur die besondere Bedeutung des Martensmanns. Ziel der Unesco ist, die Vielfalt des lebendigen Kulturerbes weltweit zu erhalten, zu pflegen und zu fördern. Korn: „Es ist positiv für die Stadt.“: Schönbergs Bürgermeister Stephan Korn (Kommunale Wählergemeinschaft) sagt über die Aufnahme des Martensmanns in die Liste des immateriellen Kulturerbes: „Es ist positiv für die Stadt.“ Das alljährliche Martensmann-Fest in Schönberg fällt nach Auskunft des Bürgermeisters allerdings aus – wie auch die gewohnten Feste Anfang November in Rehna und Schwerin. Der Grund: Gesundheitsschutz in Coronazeiten. Erstmals erwähnt wird der Martensmann in einer Urkunde aus dem Jahr 1520. Der Bote der Hansestadt Lübeck brachte alljährlich ein Fass Wein nach Schwerin. Ob die Lübecker das als Zeichen der Freundschaft machten oder aus Pflicht und Schuldigkeit, ist heute nicht bekannt. 1817 erlosch der Brauch. 1991 wurde er neu belebt im Rahmen der Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland. Nichtsdestotrotz wollen der Heimatbund und der Landkreis Nordwestmecklenburg die Anerkennung des Martensmann als immaterielles Kulturerbe würdigen, Dank sagen und Anerkennungsplaketten an diejenigen überreichen, die das Brauchtum in Schönberg, Rehna, Schwerin und Lübeck am Leben halten. Die Organisatoren erwarten zu der Feierstunde in kleinem Kreis bekannte Politiker. Der Landkreis erläutert auf Anfrage: „Unter anderem ist eine Festrede des ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Björn Engholm, und ein Grußwort der Landesministerin für Bildung Bettina Martin geplant.“ Ein Kulturprogramm sei ebenfalls vorgesehen. Emanuela Glöde sagt: „Der Martensmann wird gut angenommen in Schönberg.“ Es sei sehr zu begrüßen, wenn eine Tradition weiter gepflegt wird. Der Heimatbund hatte den Antrag unterstützt und gestellt. Erster Antrag wurde abgelehnt: Um die Aufnahme in die Unesco-Liste des immateriellen Kulturgutes bemühten sich seit 2015 neben dem Heimatbund auch das Schweriner Bildungsministerium, der Landeskulturbeirat, der Landkreis Nordwestmecklenburg und die Städte Schönberg und Rehna. 2017 war die Enttäuschung groß, denn ein erster Antrag scheiterte. Das Nein kam vom „Expertenkomitee immaterielles Kulturerbe“ mit Vertretern der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur, des Auswärtigen Amtes, der Länder, der kommunalen Spitzenverbände, des Bundes Heimat und Umwelt und des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. In ihrer Ablehnung schrieben sie: „Die Wiederentdeckung des Martensmannbrauches nach der deutschen Vereinigung wird jedoch vor allem als Initiative von staatlichen Stellen präsentiert.“ Damit bezog sich das Komitee auf ihr Kriterium: „Eine möglichst weitreichende Beteiligung von Gemeinschaften, Gruppen und Einzelpersonen, die dieses Erbe schaffen, pflegen und weitergeben, muss gewährleistet werden und nachweisbar sein.“ Mittlerweile hat der Heimatbund klar gemacht, dass sich am Martensmann-Brauch sehr wohl Gemeinschaften, Gruppen und Einzelpersonen beteiligen. Die Schönberger feierten deshalb auch 2017 ihr Martensmann-Fest – unabhängig von der damaligen Entscheidung des Komitees, den Brauch nicht ins deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufzunehmen. Bürgermeister Lutz Götze (SPD) erklärte: „Die Bürger warten jedes Jahr darauf, dass der Martensmann kommt.“ Bereits aufgenommen wurden das niederdeutsche Theater, das Tonnenschlagen in Mecklenburg-Vorpommern, der rheinische Karneval, die Passionsspiele in Oberammergau und zahlreiche andere Bräuche. Eingetragen sind jetzt nach Auskunft der Unesco 106 „lebendige Kulturformen sowie Modellprogramme der Erhaltung immateriellen Kulturerbes.“ Über den Autor Lesen Sie auch Borner Maskenball soll immaterielles Kulturerbe werden Schönberg: Martensmannfest im Zeichen der Einheit Schönberg feiert Kulturerbe auch ohne Anerkennung Von Jürgen Lenz