Frischer Wind an der Spitze der Kreisverwaltung

Man möchte fast behaupten: Für eine Beamtin in Nordwestmecklenburg hat Karla Pelzer ein überdurchschnittlich sonniges und offenes Gemüt. Nun soll an dieser Stelle allen anderen Verwaltungs-Schreibtischtätern der Region keineswegs chronische Griesgrämigkeit unterstellt werden. Doch man nimmt der neuen Beigeordneten der Landrätin ab, dass sie Spaß an ihrem Job hat. „Ich bin froh, hier zu sein. Alles ist total spannend“, sagt die 51-Jährige, die am 2. Januar ihren ersten Arbeitstag als Leiterin des Fachbereiches für Jugend, Soziales, Bildung und Gesundheit in der Kreisverwaltung hatte. Möglich, dass es an ihrem rheinländischen Naturell liegt — Pelzer begeistert sich selbstverständlich für Karneval — oder daran, dass sie einen aus ihrer Sicht tollen Job gefunden hat. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem. „Ich hätte nicht gedacht, dass mir die Kommunalpolitik so gefehlt hat“, sagt Karla Pelzer. Die Juristin war knapp 18 Jahre in Schwerin für die Treuhand tätig, arbeitete als Referentin für Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) und nach deren Weggang nach Berlin im Versorgungsamt in Schwerin. Gleichzeitig war sie seit 1999 fast ununterbrochen Stadtvertreterin in der Landeshauptstadt, anfangs für die CDU, aus der sie nach Zerwürfnissen mit der Fraktion und dem damaligen Schweriner Oberbürgermeister Norbert Clausen austrat. Danach wurde sie von der SPD angeworben. „Politik hat mein Leben stets begleitet“, sagt Karla Pelzer. Erst im Sommer 2013 schied sie aus der Schweriner Stadtvertretung aus. Doch die kommunalpolitische Perspektive hilft ihr in ihrem neuen Arbeitsfeld. Eines der ersten Vorhaben: Das Zeitmanagement für Beschlüsse verbessern, um alle Gremien ordentlich einzubinden. „Man sollte nicht die Politik vor sich hertreiben“, sagt sie, „wir machen das für den Landkreis.“ In den kam sie über Umwege, aber mit voller Absicht. In Aachen geboren zog es sie und ihren damaligen Partner nach dem Studium Anfang der 90er-Jahre in die ehemalige DDR. „Wir waren eine Gruppe von zwei Paaren. Wir waren eine Doppelkopfrunde und haben für uns eine Perspektive gesucht.“ Abenteuer und Neugier hätten sie nach Thüringen getrieben, wo Karla Pelzer für die Industrie- und Handelskammer arbeitete. „Mein Bild von der DDR war geprägt von Gerhard Löwenthal und dem ZDF-Magazin. Ich bin mit einem ganzen Sack voller Vorurteile hergekommen.“ Doch der genaue Blick auf die neue Heimat hat „das Bild ziemlich schnell zurechtgerückt.“ Die Nähe zur Küste war ausschlaggebend für den Wechsel nach Schwerin. „Im Versorgungsamt spielte ich mit dem Gedanken, dass das mein Job bis zur Rente sein könnte“, sagt Karla Pelzer. Doch wie so oft kam es anders. Die Trennung von ihrem Mann im Jahre 2010 spielte für ihre Bewerbung auf die Stelle im Nordwestkreis zwar eine eher indirekte Rolle, gleichwohl aber zumindest zum Teil ihr neuer Partner, ein Polizist aus Lübeck, den sie 2012 kennen- und lieben gelernt hat. „Er ist gebürtiger Lübecker, hat immer da gelebt, ich wollte ihn da nicht rausholen“, sagt die Mutter eines 22-jährigen Sohnes. Sie zog zu ihm nach Travemünde. Vergangenes Jahr schließlich wurde die Stelle in der Kreisverwaltung ausgeschrieben. Erst gegen Ende des Bewerbungsverfahrens erfuhr sie davon. „Da habe ich auch Kerstin Weiss kennengelernt. Mein Bauchgefühl hat mir gesagt, dass ich meinen Hut in den Ring werfen sollte“, sagt Karla Pelzer. Dass ihre neue Chefin gleichzeitig ihre Vorgängerin auf dem Stuhl der Fachbereichsleiterin ist, sei eher Segen denn Fluch. „Klar wird es die eine oder andere kritische Nachfrage geben. Die Landrätin kennt sich in dem Bereich ja bestens aus“, sagt Karla Pelzer. Allerdings profitiere sie auch davon. „Grundlegende Voraussetzung ist Loyalität und Vertrauen.“ Das müsse sie sich nun verdienen. Doch Tag für Tag bekomme sie einen besseren Einblick in ihren Arbeitsbereich, lerne Tag für Tag die Mitarbeiter besser kennen, ebenso den Landkreis. Und vor allem für dessen Bürger sei sie angetreten. Oder wie Karla Pelzer es formuliert: „Wir sitzen alle im gleichen Boot.“ Karla Pelzer zu . . . . . . der aus ihrer Sicht wichtigsten Aufgabe in ihrem Fachbereich: „Im Moment ist dies vordringlich der weitere Umgang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern. Der Aufwuchs an Aufgaben stellt den Landkreis vor Herausforderungen“, sagt die neue 2. Beigeordnete der Landrätin. Es gehe dabei um die Unterbringung, aber auch um das Verständnis in der Bevölkerung. Kapazitätsgrenzen sowie die geplante Teilrenovierung der zentralen Asylunterbringung des Landkreises an der Haffburg in Wismar „bedingen eine dezentralere Unterbringung“.. . . zur Finanzierung der sozialen Ausgaben: „Das größte Budget im Haushalt hat der Fachbereich drei. Wir haben einen solide geplanten Haushalt“, sagt Karla Pelzer. Überplanmäßige Ausgaben seien oft jedoch nicht prognostizierbar. „Wir werden unsere Aufgaben sorgfältig wahrnehmen und gucken, ob wir mit den Geldern gut haushalten. Wir wollen nicht per se dem Land zurufen: ‘Gebt uns mehr!‘ Wer gackert, muss auch legen können.“. . . zur Schulentwicklungsplanung: „Schon meine Vorgängerin Kerstin Weiss hat angeschoben, prophylaktisch Daten zu Fahrzeiten zu erheben, eine umsichtige Vorausplanung, wie ich finde“, sagt Karla Pelzer. Damit würden Argumente gesammelt, um die kleinen Grundschulen, die teilweise nicht die Mindestschülerzahlen in den Eingangsklassen erreichen, zu sichern. Zu den Wismarer Gymnasien, die die Kapazitätsgrenzen erreicht haben, sagt Karla Pelzer: „Die Politik muss entscheiden, ob sie den Elternwunsch erfüllen will und damit Kinder aus dem Wismarer Umland nach Wismar fahren lässt oder ob Nordwestmecklenburg ein flächendeckendes Schulnetz haben soll.“ An anderen Gymnasien seien Kapazitäten frei.. . . zum Pflegesozialplan des Landkreises: Der Durchschnitt der Nordwestmecklenburger wird immer älter, dementsprechend muss sich der Landkreis darauf einstellen. „Im Moment werten wir die Daten aus und wollen unter Federführung des Landkreises alle Beteiligten an einen Tisch bekommen“, sagt Karla Pelzer. Der Kreis könne dabei jedoch nur begleitend unterstützen und beispielsweise zu Ansiedelungen motivieren. „Wichtig ist darüber zu sprechen. Wir versuchen, ein Netzwerk aufzubauen.“ Mein Bild von der DDR war geprägt von Gerhard Löwen- thal und dem ZDF-Magazin.“Karla Pelzer Robert Niemeyer

Wismar - Frischer Wind an der Spitze der Kreisverwaltung