Funktionäre glaubten nicht an den DDR-Sieg

Wismar — Jürgen Sparwasser, 53-facher Fußballnationalspieler der DDR, war am Sonnabend der Ehrengast auf der Sportgala. 1974 war sein großes Jahr. Mit seinem 1. FC Magdeburg gewann er den Europapokal der Pokalsieger durch einen 2:0-Sieg gegen den AC Mailand. Und bei der Weltmeisterschaft schrieb er deutsch-deutsche Geschichte. Im Gruppenspiel zwischen der DDR und Gastgeber BRD erzielte er das 1:0-Siegtor für den krassen Außenseiter. Die OSTSEE-ZEITUNG sprach mit Jürgen Sparwasser (66). OSTSEE-ZEITUNG: 40 Jahre nach dem Tor für die Ewigkeit: Haben Sie damals geahnt, dass Sie das Tor dermaßen berühmt machen wird? Sparwasser: Dass es einmal deutsch-deutsche Fußballgeschichte schreiben wird, war erst nach der Wiedervereinigung klar, weil es das einzige offizielle Länderspiel bleiben wird. OZ: Wurde nach dem Tor in der Kabine die „Sau“ rausgelassen? Sparwasser: Nein, erst im Quartier im Hotel wurden ein paar Bier getrunken. Die Funktionäre hatten keine alkoholischen Getränke mit ins Stadion genommen, weil wohl keiner an einen Sieg geglaubt hatte. OZ: Zum aktuellen Fußball: Kann jemand den Bayern in dieser Saison das Wasser reichen? Sparwasser: Die Bayern werden souverän und vorzeitig die Meisterschaft nach München holen. Ich glaube nicht, dass Wolfsburg und auch Gladbach, die im Moment eine gute Serie haben, den Bayern über die gesamte Saison hin ernsthaft den Meistertitel streitig machen können. OZ: Wie sehen Sie die Entwicklung vom 1. FC Magdeburg und von Hansa Rostock und wo stehen die Vereine in fünf Jahren? Sparwasser: Beide Traditionsvereine haben zwei wichtige Voraussetzungen, um höher zu spielen. Das sind die Fans, die jedes Mal im Stadion ihre beispielhafte Verbundenheit mit ihrem Verein zum Ausdruck bringen, und sie haben die Stadien für das Vorhaben Bundesliga. Die Fans von Hansa kennen ja die Atmosphäre Bundesliga, aber mein Verein dümpelt in der 4. Liga rum. Ich bin nicht sehr optimistisch, dass mein 1. FCM so schnell Bundesligaluft schnuppern wird. OZ: Sie und auch Ihre Frau haben 1988 die DDR verlassen und wohnen seit einigen Jahren bei Frankfurt/Main. Was machen Sie heute? Sparwasser: Ich bin schreibender Rentner. Erst im April habe ich zwei Bücher herausgegeben, die für die Kids, Eltern und Trainerkollegen in den kleinen Vereinen wichtige Bestandteile des täglichen Trainings im Kindesalter beinhalten. Wer mehr dazu wissen möchte, kann sich das unter www.juergen-sparwasser.de ansehen. OZ: Was verbindet Sie mit dem Norden? Sparwasser: Der Norden, speziell die Ostseeregion, hat eine wunderschöne Landschaft, viele Sehenswürdigkeiten, nette Menschen. All das ist immer wieder eine Reise wert. Seit 2010 verbindet uns auch eine enge Freundschaft mit der Familie Pollack aus Stove. Interview von Heiko Hoffmann

Jubiläumssportlerball: 580 Gäste feiern in der Wismarer Mehrzweckhalle bis weit nach Mitternacht - Funktionäre glaubten nicht an den DDR-Sieg