Geliehenes Geld nicht zurückzahlen?

Was Griechenland und europäische Banken bekommen haben, das wurde auch der Stadt Dassow zuteil: eine Liquiditätshilfe, die vor dem finanziellen Kollaps bewahrt. Mehr als 1,8 Millionen Euro erhielt die 4050 Einwohner zählende Stadt 2009, nachdem das DVD-Werk als größter Gewerbesteuerzahler pleite gegangen war. Mehr als die Hälfte hat Dassow in zwei Raten ans Land zurückgezahlt. Zwei fehlen noch: je 450000 Euro in diesem Jahr und im nächsten. Doch die 900000 Euro soll Dassow behalten dürfen — wenn es nach dem Wunsch der Wählergemeinschaft „Ostseestrand“ geht. Zur Begründung sagt der WGO-Stadtvertreter Heinz-Dieter Priewe: „Wenn uns die Rückzahlung erlassen wird, haben wir als Stadt mehr Möglichkeiten, auf die Wünsche der Bevölkerung einzugehen.“ Unstrittig ist, dass es der Stadt in den nächsten Jahr besser geht, wenn sie die 900000 Euro behalten darf. Doch über einen Antrag ans Land, auf das Geld zu verzichten, sagt Bürgermeister Jörg Ploen (SPD): „Das ist im Moment schlecht zu begründen.“ Dassow habe immer noch 600000 Euro auf dem Konto. Der Grund: Zwar waren die Bilanzen von 2007 und 2008 desaströs, doch in folgenden Jahren blieb am Ende ein Plus, das der Stadt sogar Zinseinnahmen bescherte, während die Liquiditätshilfe zinslos war. 2012 betrug das Jahresergebnis 748424 Euro, 2013 immerhin noch 424578 Euro. Das fiel dem Innenministerium in Schwerin auf. Also lehnte es 2013 ab, die Zahlungsfrist zu verlängern und verlangte das Geld in vier Jahresraten zurück. 2015 und in den folgenden Jahren drohen Dassow allerdings wieder Defizite zwischen 984000 Euro und knapp 1,4 Millionen Euro. Damit begründet die Wählergemeinschaft Ostseestrand ihren Antrag, über den in den kommenden Wochen die Stadtvertreter abstimmen werden. Ihr zweites Argument: Land und Bund haben angekündigt, zusätzlich Geld für die Kommunen bereitzustellen. Das betont auch die SPD-Fraktion in Dassow. Sie will unter anderem beantragen, die Frist zur Rückzahlung der 900000 Euro auf mindestens fünf Jahre zu streichen, sodass die Raten 180000 Euro nicht überschreiten. Das Ergebnis ist offen. Das Finanzausgleichsgesetz für Mecklenburg-Vorpommern kennt zwar nur „rückzahlbare Liquiditätshilfen“. „Rückzahlbar“ kann laut Duden aber zwei Bedeutungen haben: sowohl „zurückgezahlt werden müssend“ als auch „zurückgezahlt werden könnend“. Wenn uns die Rückzahlung erlassen wird, haben wir als Stadt mehr Möglichkeiten, auf die Wünsche der Bevölkerung einzugehen.“Heinz-Dieter Priewe (Wählergemeinschaft Ostseestrand) Jürgen Lenz

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