Heiße Debatten um Windkraft bei Dassow

Vier Stunden lang konnten sich am Sonnabend Anwohner aus Dassow und speziell aus dem Ortsteil Groß Voigtshagen über die Pläne zur Errichtung von Windkraftanlagen an dem Ortsteil informieren. Gutsbesitzer Max von Nesselrode hat die Absicht, dort Strom aus Wind zu gewinnen. Beim Forum hatten Fachleute und Befürworter der Windenergie aber auch Kritiker Stände aufgebaut, an denen die Bürger sich informierten und Fragen auf Karten abgeben konnten. Die wurden zum großen Teil später in einer Podiumsdiskussion erörtert. Doch das Forum auf dem Gutsgelände zeigte, dass Max von Nesselrode und die Vertreter der Stadt Dassow noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, bis sie das Projekt ohne großen Widerstand umsetzen können. Dabei soll es eigentlich aus Sicht der Stadt und des Gutsbesitzers schneller voran getrieben werden, als der Regionale Planungsverband Westmecklenburg arbeitet. Der wäre voraussichtlich in zwei Jahren soweit, die Fläche als Eignungsgebiet für Windkraftanlagen auszuweisen. Möglich wäre eine vorherige Umsetzung der Pläne durch ein so genanntes Zielabweichungsverfahren. Dazu muss die Stadt einen Flächennutzungsplan erstellen, an dem sich die Bürger mit Einwänden beteiligen können. Das wollte Michael Roolf aber nicht so stehen lassen. Er unterstützt die neu gegründete Bürgerinitiative gegen die geplanten Windräder in Groß Voigtshagen. Roolf ist auch Mitinitiator des landesweiten Bündnisses „Freier Horizont“, das sich gegen einen Wildwuchs von Windkraftanlagen wehrt und dazu ein Volksbegehren anstrebt. „Warum soll hier ein Zielabweichungsverfahren durchgeprügelt werden, anstatt die zwei Jahre abzuwarten die der Regionale Planungsverband benötigt?“, fragte er die Verantwortlichen. „Es gibt mehr Kohle“, war ein Zwischenruf aus dem Publikum. Ulrich Peters vom Energieministerium des Landes erklärte es anders: „Wenn der Regionale Planungsverband fertig ist und hier in zwei Jahren ein Eignungsgebiet ausgewiesen wird, gibt es für Bürger keine Möglichkeiten mehr. Mit dem Verfahren zum Flächennutzungsplan bieten sich mehr Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung.“ Allerdings scheinen viele Bürger bereits entschieden zu haben, dass sie gegen Windräder bei Groß Voigtshagen sind. „Wir haben etwa 400 Unterschriften schon gesammelt. Von 80 möglichen Stimmen hier im Dorf haben wir 74 gegen die Windkraftanlagen“, sagt Jürgen Scherrer, Landwirt aus Dassow-Ausbau und Mitbegründer der Bürgerinitiative. Er rechnet vor, dass auch eine finanzielle Beteiligung der Bürger nicht besonders attraktiv wäre:„Wenn ein Haushalt hier 5000 Euro übrig hat und sich damit einbringt, bekommt er im Jahr eine Rendite von 300 Euro. Das wird wohl kaum einer machen.“ Dabei ist Scherrer durchaus für erneuerbare Energien. „Wir haben selber Photovoltaikanlagen auf dem Dach einer Halle. Es gibt in der Region und auch hier auf dem Gut viele Hallendächer auf denen man auch Energie erzeugen könnte, anstatt Windräder aufzustellen“, sagt er. Tatsächlich hat auch Max von Nesselrode schon über Solarenergie nachgedacht. „Aber alle Dächer bis auf das Haupthaus haben eine Ost-West-Ausrichtung, das lohnt nicht“, sagt der Gutsbesitzer. „Es ist aber nicht ausgeschlossen, wenn sich die Technik weiter entwickelt. Ich denke auch über eine Holzschnitzelheizung nach, von der das Dorf profitieren könnte“, sagt der Landwirt. „Wenn Deutschland die Energiewende nicht schafft, machen es auch keine anderen Länder“, argumentierte er auf die Aussage von Kritikern, dass in Nachbarländern ja noch Atomkraftwerke gebaut würden. Dem Gutsbesitzer gehören zwei Drittel der Fläche des geplanten Windeignungsgebiets. Ein Drittel gehört der Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern, also dem Land. Darin sieht Dassows Stadtvertreter Sven Dutschke (CDU) ein Problem. „Ich sehe es kritisch, dass der Gesetzgeber hier gleichzeitig Landeigentümer ist“, sagte er. Einerseits gebe das Land die Mindestabstände von Windrädern zu Wohnhäusern vor, andererseits profitiere es von deren Bau. „In Bayern ist per Gesetz erlassen, dass der Abstand von Windrädern zu Wohnhäusern die zehnfache Höhe der Anlagen betragen muss“, so Jürgen Scherrer. Das solle aus seiner Sicht in MV auch gelten. Ein Protokoll der Podiumsdiskussion sowie die Fragen der Bürger mit Antworten sollen in den nächsten Tagen auf der Internetseite der Stadt Dassow veröffentlicht werden, kündigte Bürgermeister Jörg Ploen an. Malte Behnk

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