Integrationslotsen helfen beim Ankommen

Willkommenskultur zu artikulieren ist das eine, sie mit Leben zu füllen das andere. Klar ist, dass sich Deutschland und damit auch der Landkreis Nordwestmecklenburg aufgrund der anhaltenden und anwachsenden Flüchtlingswellen auf immer mehr neue Mitmenschen aus anderen Staaten einstellen muss. Um einen weiteren Schritt zu einem funktionierenden Miteinander zu machen, hat die Kreisverwaltung in Kooperation mit der Arbeiterwohlfahrt Wismar (Awo) und mit finanzieller Unterstützung des Landes das Projekt Integrationslotsen ins Leben gerufen. Seit dem 1. Juni kümmern sich zwei Mitarbeiter der Awo darum, dass sich Flüchtlinge im Nordwestkreis schnell zurechtfinden und so aus ihrem neuen, fremden Umfeld schneller zumindest ein Stück weit ein Zuhause wird. Noch befindet sich das Projekt in der Anlaufphase, wie Matthias Koch, Geschäftsführer des Awo-Kreisverbandes Wismar sagt. „Wir wollen Orientierungsgeber sein.“ In persona sind das Kathrin Müller und Uwe Feuersenger, beide seit 22 Jahren Awo-Mitarbeiter. Die 44-Jährige und der 60-Jährige sind fortan für anerkannte Flüchtlinge Ansprechpartner in nahezu allen Belangen des alltäglichen Lebens in Deutschland. „Wir helfen, angefangen bei der Wohnungssuche über das Ausfüllen von Anträgen bis zur Suche nach einem Hausarzt“, sagt Uwe Feuersenger. Selbst so scheinbar profane Dinge wie der tägliche Einkauf im Supermarkt stellen zumindest am Anfang eine Herausforderung dar, vor allem auch deshalb, weil die Verpackungen in der Regel in deutscher Sprache beschriftet sind. „Die Sprache dürfte eines der größten Probleme werden“, sagt Feuersenger. Damit die beiden Awo-Mitarbeiter gut vorbereitet sind, absolvieren sie zurzeit nicht nur mehrere Schulungen, sondern schauen quasi um die Ecke anderen Kollegen über die Schulter. So stehen sie in engem Kontakt mit Roy Rietentidt, der sich als Sozialarbeiter um die dezentral untergebrachten Asylbewerber kümmert. Auch einen Tag in der zentralen Asylbewerberunterkunft Haffburg in Wismar seien sie bereits mitgelaufen. „Man muss kontaktfreudig sein. Die Menschen müssen merken, dass man es ehrlich meint, dass man wirklich helfen will“, sagt Kathrin Müller. Darüber hinaus soll das große Netzwerk der Awo mit ihren 130 Mitarbeitern und den vielen sozialen Angeboten und guten Kontakten zu Behörden, Vereinen und Kommunen genutzt werden. Eine, die bereits Erfahrung mit Flüchtlingen hat und mit Müller und Feuersenger in einem Büro sitzt, ist Kristina Borgwarth. Die 35-Jährige ist Migrationsberaterin bei der Awo und kümmert sich unter anderem um Flüchtlinge in der Hansestadt Wismar. „Vieles entwickelt sich im Laufe der Zeit. Aber die Flüchtlinge sind sehr offen und freuen sich über die Hilfe“, sagt Borgwarth. Die traumatischen Erlebnisse, die die meisten Kriegsflüchtlinge mit sich tragen, würden nur am Rande eine Rolle spielen. „Sie sind hergekommen, um hier neu anzufangen, sie wollen sich etwas aufbauen.“ Doch wann ist Integration geglückt? „Es ist gut, wenn sich ein Klient länger nicht meldet. Das bedeutet, dass er zurecht kommt. Ich freue mich aber auch, wenn sich jemand meldet und mir berichtet, dass die Anmeldung zum Sprachkurs geklappt hat“, erzählt Kristina Borgwarth. Im Grunde könnte man sagen, die Integration ist dann erfolgreich verlaufen, wenn derjenige die Integrationslotsen nicht mehr braucht. „Wir werden das Projekt quartalsweise evaluieren. Integration ist ist sehr individuell, mal dauert es länger, mal geht es schneller“, sagt Matthias Koch. Schwer abzuschätzen ist allerdings, um wie viele Flüchtlinge sich Kathrin Müller und Uwe Feuersenger tatsächlich kümmern müssen. Denn im Unterschied zu Asylbewerbern, die im Asylverfahren stecken, haben diese Menschen bereits ein Bleiberecht in der Bundesrepublik. Das schließt sämtliche Rechte und Pflichten Deutscher mit ein, also auch die freie Wohnsitzwahl. „Wir müssen abwarten. In Europa ist derzeit viel in Bewegung. Wir können uns vorbereiten, aber auf noch nicht alles eine Antwort geben“, sagt Karla Pelzer, Fachbereichsleiterin Jugend, Soziales, Bildung und Gesundheit in der Kreisverwaltung. Wichtig sei, dass der Landkreis mit der Awo einen Partner gefunden habe, bei dem „die Kompetenz für diese Aufgabe gebündelt ist“, so Karla Pelzer. Die Verwaltung sei direkt auf die Awo zugegangen. „Der Landkreis hätte es selber machen können, aber hier ist die Struktur vorhanden, um quasi einen 24-Stunden-Dienst abzusichern. Wir wollten möglichst zeitnah an den Start gehen.“ Deshalb die Verwaltungsvereinbarung mit der Awo. Finanziert wird das Ganze mit Geld vom Land, das den Kreisen und den kreisfreien Städten jeweils 100000 Euro pro Jahr für die Dauer von zwei Jahren dafür zur Verfügung stellt. Unterschiede Ein Flüchtling unterscheidet sich von einem Asylbewerber dadurch, dass sein Status als Flüchtling von einer nationalen Regierung anerkannt wurde. Wird ein Mensch in Deutschland als Flüchtling aufgenommen, hat er sofort die Erlaubnis zu arbeiten. Ein Asylbewerber ist eine Person, die internationalen Schutz sucht, ihn aber noch nicht bekommen hat. Bis zu einer Entscheidung, dürfen die Menschen nur in zugewiesenen Unterkünften wohnen und in den ersten neun Monaten nicht arbeiten. Robert Niemeyer

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