Kalkhorster Kfz-Azubi muss in die Berufsschule kommen

An Masken und Abstandsregeln haben sich die meisten Menschen mittlerweile gewöhnt. Außerdem wird seitens der Regierung zur Eindämmung der Pandemie den Betrieben für ihre Angestellten Homeoffice empfohlen. Da sollte es doch auch für Berufsschulen möglich sein, Distanzunterricht zu ermöglichen, wie der Kalkhorster Kfz-Mechaniker-Meister Maik Schröter meint. Er muss aber gerade selbst erfahren, dass das scheinbar längst nicht überall machbar ist. Sein Lehrling im 2. Jahr zum Kfz-Mechatroniker, den Namen möchte er nicht nennen, muss die Berufsschule in der Mozartstraße in Wismar besuchen. Eine andere Wahl hat er nicht. Denn Distanzunterricht wird ihm dort nicht angeboten, so die Aussage von Schröter. Beim ersten Lockdown Mitte März des vergangenen Jahres war der Kalkhorster Lehrling nach Darstellung des Kfz-Meisters noch nicht gezwungen, vor Ort am Unterricht teilzunehmen. Es ging auch anders. Der Auszubildende bekam Aufgaben, die er zu Hause bearbeiten konnte. Hatte er diese erledigt oder ergaben sich Fragen für ihn, dann kam er in den Kfz-Betrieb nach Kalkhorst. Maik Schröter, der auch gleichzeitig sein Ausbilder ist, half ihm dann gerne weiter. Angst vor einer Ansteckung: Nach dem ersten Lockdown und den ersten Lockerungen war für die Lehrlinge Präsenzunterricht im Wechsel mit dem praktischen Teil in den Betrieben angesagt. Das blieb auch mit Beginn des zweiten Lockdowns so, was Maik Schröter richtig wütend macht und entsetzt. „Alle sollen sich an die staatlichen Vorgaben halten. Die Schule etwa nicht?“, fragt sich der 52-Jährige mit sorgenvoller Miene. Und das aus gutem Grund. Denn wenn sein Lehrling von der Schule kommt, weiß er ja nie, ob er nicht doch eine Infektion in sich trägt oder Auslöser einer solchen sein kann. Schließlich halten sich dort mehrere Lehrlinge, die dazu noch aus einem Umkreis von einigen Kilometern zur Schule kommen, in einem Raum auf. Das beunruhigt ihn zusätzlich. „Ich frage ihn deshalb immer, wie er sich fühlt und ob es ihm gut geht“, so Schröter. Um sicherzugehen, schickt er den Lehrling im Anschluss an die Woche in der Schule einige Tage nach Hause, auch wenn er ihn in seinem Betrieb ganz gut gebrauchen könnte. Das Risiko einer Ansteckung mit unkalkulierbaren Folgen ist Schröter einfach zu hoch. Für sich, seine noch im Betrieb mitwirkenden Eltern – der Vater ist 81, die Mutter 74 Jahre alt – sowie seine beiden fest angestellten Gesellen und die halbtags beschäftigte Sekretärin. Keine Antwort auf Brief an Berufsschule: „Wenn mein Lehrling aus der Schule in meinen Betrieb kommt, gehe ich ein lebensgefährliches Risiko ein und schicke ihn lieber in Quarantäne, als dass ich hier Russisch Roulette spiele“, hatte es der Kalkhorster Kfz-Mechaniker-Meister in einem Brief an die Schule mit Datum vom 13. Januar in noch drastischeren Worten auf den Punkt gebracht und so auf die Situation aufmerksam gemacht. „Mir ist es unverständlich, dass Lehrer selbst so ein hohes Risiko eingehen. Bei solch einer Situation würde ich die Arbeit verweigern. Kein Geld der Welt ist es wert, Gesundheit und sogar Leben aufs Spiel zu setzen“, heißt es weiterhin darin. Lesen Sie auch Wie Bräute in Mecklenburg im Corona-Lockdown zum Brautkleid kommen Abgesagte Sitzung in NWM: Werden die beiden Stellvertreter des Kreistagspräsidenten abgewählt? Viele neue Fälle in Nordwestmecklenburg: Höchster Anstieg des Inzidenzwertes in MV Vor dem Schreiben des Briefes, welcher der OZ vorliegt, hatte Schröter aus Sorge um die Gesundheit seiner Eltern und Angestellten selbst einige Male bei der Berufsschule angerufen und darum gebeten, für seinen Lehrling Distanzunterricht anzubieten und ihm nicht weiterhin vorzuschreiben, am Präsenzunterricht teilzunehmen. Eine Antwort war, dass es in seinem Ermessen liege, ob er seinen Auszubildenden zur Schule schickt. Außerdem bekam er zu hören, dass sein Lehrling eine Zwischenprüfung habe und der Unterricht deshalb unbedingt notwendig wäre. Aussagen, mit denen sich Schröter nicht zufriedengab. Deshalb schrieb er den besagten Brief, eine Antwort darauf hat er bis heute nicht bekommen. Berufsschule verlangt Gesundheitsbestätigung: Holger Stein, Leiter des Berufsschulzentrums Nord, zu dem auch die Berufsschule in der Mozartstraße gehört, bedauert die bislang ausgebliebene Antwort. Er kann die Ängste von Maik Schröter durchaus nachvollziehen und hat Verständnis dafür. Aber von der Schulseite wird alles unternommen, um die Gefahr einer Infektion auszuschließen, wie Stein versichert. So hält man sich an die Hygienevorschriften. Außerdem müssen die Auszubildenden an jedem Montag vor Schulbeginn eine Gesundheitsbestätigung vorlegen. Darin erklären sie unter anderem, dass sie sich in den zurückliegenden zehn Tagen in keinem Risikogebiet aufgehalten haben. In einigen Fällen kann nach Aussage des Schulleiters auf Präsenzunterricht gar nicht verzichtet werden. So wie zum Beispiel bei der von Maik Schröter erwähnten Zwischenprüfung. Sie ist nach Darstellung von Stein deshalb so wichtig, weil sie als Note in die Abschlussbewertung zum Lehrlingsende einfließt. Vorbereitung und Durchführung der Prüfung müssen deshalb in präsenter Form erfolgen. Nachdem die Landesregierung die Präsenzpflicht aufhob, steht es nach Aussage von Stein natürlich jedem frei, am Präsenzunterricht teilzunehmen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass alle, die es vielleicht wollen, Distanzunterricht bekommen. Das wäre schlichtweg nicht möglich, da die Lehrkräfte neben dem Präsenzunterricht nicht noch zusätzlich Distanzunterricht geben könnten, wie Stein erklärt. Den Stoff müssten sich die Auszubildenden größtenteils dann schon selbst erarbeiten, Unterstützung von der Schule würden sie aber erhalten. So könnten ihnen Aufgaben zugeschickt oder bei Bedarf auch Leihgeräte zur Verfügung gestellt werden. Von Dirk Hoffmann