Kreisvolkshochschule Wismar plant Kurs, um Schulabschluss nachzuholen

Videobearbeitung, Deutsch, Englisch, Dänisch oder vielleicht doch lieber Töpfern oder Fotografieren? An der Kreisvolkshochschule Nordwestmecklenburg Wismar gibt es etliche Möglichkeiten, sein Wissen zu erweitern oder zu vertiefen. Was es jedoch nicht gibt, ist die Chance, seinen Schulabschluss nachzuholen. Weder die mittlere Reife noch das Abitur sind im Nordwestkreis auf dem zweiten Bildungsweg machbar. Hohe Schulabbrecherquote: Das Problem gibt es bereits seit zwei Jahren. „Und das, obwohl wir im Kreis die höchste Zahl an Schulabbrechern haben“, sagt Simone Oldenburg, Vorsitzende des Bildungsausschusses im Landkreis und Fraktionschefin der Linken im Landtag. „Es kann nicht sein, dass es bei uns keine Möglichkeit gibt, seinen Schulabschluss nachzuholen.“ Ein Grund, weshalb es keine solchen Angebote gibt, sind fehlende Lehrkräfte. Ihrer Ansicht nach seien genügend pensionierte Lehrer vorhanden, man müsse sie nur überzeugen. „Wir müssen dringend etwas tun.“ Lehrkräfte aus dem Ruhestand geholt: Nägel mit Köpfen macht nun Roland Hollmann aus Grevesmühlen. Der ehemalige Leiter der Kreisvolkshochschule mit Arbeitsstellen in Wismar und Grevesmühlen wurde nach fast fünf Jahren seines Weggangs aus dem Ruhestand geholt, um das Thema wiederzubeleben. Mit der Erkrankung seiner Nachfolgerin fehlte schlichtweg Personal, das sich der Organisation der Schulabschlusskurse annahm, erklärt er. „Teilnehmer, die die mittlere Reife auf dem zweiten Bildungsweg nachholen wollten, musste in den vergangenen beiden Jahren nach Schwerin fahren“, weiß er. Von den derzeit 82 Schülern dort sind 16 aus Nordwestmecklenburg. „Der Bedarf ist also da“, meint Hollmann. Er entwickelte ein Konzept, sprach Lehrkräfte im Ruhestand an – und nun fehlen eigentlich nur noch die Teilnehmer, die am 3. Mai starten könnten, um ihren Realschulabschluss – mittlere Reife – nachzuholen. Lernort wird dann die Kreisvolkshochschule in Wismar sein. Bisher acht Fächer im Stundenplan: „Bis zu den Sommerferien wird zunächst der Stoff aus der neunten Klasse wiederholt“, erklärt Roland Hollmann. Am 2. August beginnt dann der eigentliche, prüfungsrelevante Unterrichtsstoff. Auf dem Stundenplan stehen die drei Prüfungsfächer Mathematik, Deutsch und Englisch sowie Geschichte, AWT, Informatik, Chemie und Sozialkunde. „Ich bin auch noch mit einem Biologielehrer im Gespräch, aber dahingehend ist noch nichts entschieden“, berichtet Roland Hollmann. Lesen Sie auch Grevesmühlen: Kostenloser Lieferdienst für Händler und Kunden Grevesmühlen: Bargeldloses Parken mit App möglich Geklärt werden muss auch noch, ob der Unterricht am Vor- oder Nachmittag stattfindet. „Wir sind flexibel und machen das von den Bewerbungen abhängig“, sagt er. Aus der Vergangenheit weiß er, dass viele, die ihren Schulabschluss nachholen, einer beruflichen Tätigkeit nachgehen und erst am Nachmittag die Schulbank drücken können. Bewerbungen bis Mitte April: Bewerbungen sind bis Mitte April möglich. Anmeldungen nimmt Roland Hollmann unter hollmann@vhs-nwm.de entgegen, sie sind aber auch über die beiden Arbeitsstellen der Kreisvolkshochschule möglich (Telefon: 038 41 / 32 670 oder 038 81 / 71 97 51). „12 bis 15 Teilnehmer wäre eine ideale Anzahl“, meint Roland Hollmann und bezeichnet es als „geschütztes Lernen in kleiner Klassenstärke“. Und egal, wohin die Reise in der Coronapandemie geht: Als Abschlussklasse dürfen die Teilnehmer in den Präsenzunterricht. Frage nach Bezahlung der Lehrkräfte: Seit 2014 sind die Abschlusskurse an der Kreisvolkshochschule gebührenfrei. Aus der Vergangenheit weiß Roland Hollmann, dass die Teilnehmer im Alter von 18 bis Mitte 20 waren. „Wir konnten sogar schon einem 32-jährigen Familienvater mit zwei Kindern ein Abschlusszeugnis überreichen“, erinnert er sich. Mit einer neuen Ausbildung wollte er noch einmal durchstarten, für die allerdings die mittlere Reife Bedingung war. Roland Hollmann betont, dass der Schulabschluss über die Kreisvolkshochschule nicht weniger Wert ist als der Abschluss auf dem ersten Bildungsweg. „Die Gleichwertigkeit ist gegeben.“ Ein Problem sieht Simone Oldenburg in der Bezahlung der Lehrkräfte. Das Land unterstütze die Volkshochschulen bei den Schulabschlusskursen, insofern es pro Stunde 20 Euro zur Verfügung stellt. Diese Summe werde eins zu eins an die Lehrkräfte durchgereicht. „Aber dieses Geld ist steuerpflichtig. Was am Ende davon übrig bleibt, kann sich jeder ausmalen“, so die Linken-Politikerin. Andere Landkreise würde das Entgelt für die Lehrkräfte aufstocken, dort gebe es solche Probleme wie hier nicht. Von Jana Franke und Michael Prochnow