Leiterin der Grevesmühlener Anti-Gewalt-Beratung bringt neuen Roman raus

Eigentlich wäre Karina Brauer zurzeit gar nicht in Deutschland. Eigentlich hatten sie und ihr Mann für Dezember 2020 Urlaub im Ausland geplant. „Wir waren vorher noch nie in Portugal und wollten uns dort vor der Küste so gern Wale anschauen.“, sagt sie. Und wer weiß, welche Inspiration ihr der Anblick der großen Meeressäuger geschenkt hätte? Vielleicht wäre Karina Brauer nach Hause zurückgekehrt, mit der Idee für ihr nächstes, fünftes Buch? Die Schwerinerin, die in Grevesmühlen die Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt für von Gewalt Betroffene leitet, schläft abends nie ein, ohne sich eine Geschichte auszudenken oder eine Idee, die sie bereits hatte, weiterzuspinnen. Welche dieser Ideen dann ein konsistentes Eigenleben entwickelt, erzählt sie in ihrer Schweriner Wohnung, weiß sie nicht. „Ich kann vorher nie sagen, was wird, wohin sich eine Geschichte bewegt. Meist fange ich an, ohne das Ende zu kennen.“ Die Figuren in ihren Büchern, sagt sie, entwickeln irgendwann ihr ganz eigene Individualität. „Manchmal erzählen sie mir so viel, dass ich sogar anfangen muss, sie zu bremsen, weil ich nicht alles, was sie berichten, mit in ein Buch hineinnehmen kann.“ Das neueste und vierte Buch von Karina Brauer, das Ende des Jahres 2019 bereits erschien – bisher aber aufgrund fehlender Möglichkeiten Lesungen zu halten, noch nicht so bekannt ist –, trägt einen Titel, der nahezulegen scheint, dass es sich hier um einen Kriminalroman handelt. So wie das Leben: Tatsächlich jedoch, sagt Brauer, lasse sich „Dann bist du tot! Mausetot!“ nicht in ein Genre einordnen. „Ja, es geht um ein Verbrechen, das ein Arzt verübt, dessen Zeugin die eigene Tochter ist, die – unter Androhung zu sterben – schweigen soll, beziehungsweise unter dem enormen Druck und unter Todesangst zunächst zu verdrängen beginnt. Aber es geht auch um Liebe. Man könnte es also auch eine Liebesgeschichte nennen.“ Für Karina Brauer und auch für ihre Leser – sie hat bereits einen Fan-Kreis, der ungeduldig auf neue Bücher wartet – ist es nicht wichtig, in welche Schublade der Roman passt. Brauer schreibt, sagt sie, „so, wie das Leben ist“. So wie sie das Leben erlebt hat, so wie viele andere ihrer Generation oder auch Jüngere oder Ältere das Leben erleben. Die ehemalige DDR, der Alltag im real existierenden Sozialismus, den Karina Brauer auch als Kind und junge Frau erlebt hat, spielt dabei eine Rolle. Dennoch, und das ist der Leiterin der Anti-Gewalt-Beratungsstelle wichtig, ihre Bücher sind keine Biografien. „Es wird sich auch keine Geschichte in meinen Büchern wiederfinden, die ich in meiner Arbeit in der Beratungsstelle erfahren habe, zumindest niemals so, dass sie nachvollziehbar oder identifizierbar ist.“ Dass die Dinge, die sie privat und beruflich erlebt, dennoch Inspiration für diese oder jene Wendung in ihren Geschichten sind, sei dennoch klar. „Jeder Autor, jede Autorin schöpft natürlich aus dem, was er oder sie hört und sieht.“ Hörbuch befindet sich in Produktion: Das größte Kompliment sei, wenn Menschen zu ihr sagten: „Mensch, das habe ich fast genau so erlebt.“ Oder: „Ja, das kenne ich.“ Brauer hat jedoch auch kein Problem damit, wenn Menschen Kritik üben, dieses oder jenes nicht annehmen können oder manches nicht mögen. „Die Geschichten sind so geschrieben, dass sie für mich glaubhaft sind“, sagt sie. „Das ist für mich immer der Maßstab. Kann ich sie glauben und können sie so passiert sein?“ Bei ihrem ersten Buch hat die Autorin mit einem Verlag zusammengearbeitet, doch bereits beim zweiten Buch übernahm sie die Veröffentlichung in kompletter Eigenregie. Eine Druckerei, die sie über das Internet fand, druckt das fertige Manuskript. Für die Gestaltung der Buchumschläge holt sie sich manchmal Unterstützung. Für die Umschlaggestaltung von „Dann bist du tot! Mausetot!“ ist die Grafikerin Uta Stockdreher verantwortlich, die ihr Designbüro für Grafik in Damshagen betreibt. Bestellt werden kann das Buch, wie auch die anderen drei, über die Webseite der Autorin (www.karinabauer.com). Ein Hörbuch zu ihrem vierten Buch befindet sich derzeit in Produktion. Lesen Sie auch: Nordwestmecklenburg: Häusliche Gewalt in Corona-Zeiten Roggenstorf: Hobby-Historiker veröffentlicht 14. Buch Mecklenburgs Ortschronisten bewahren Geschichten ihrer Heimat Karina Brauer freut sich auf die Zeit nach der Pandemie. Nicht nur, weil sie dann die Reise mit ihrem Mann nach Portugal nachholen kann – auch weil sie dann endlich Lesungen mit ihrem neuesten Buch abhalten und direkt mit den Leserinnen und Lesern in Kontakt gehen kann. Von Annett Meinke