Lüdersdorf droht Verlust wegen Baugebiet

Als die Lüdersdorfer Bürgermeisterin Sigrid Sandmann am 19. September 1994 den ersten symbolischen Spatenstich für das an Lübeck anschließende Wohnbaugebiet Herrnburg-Nord vollzog, war die Freude groß. Die Zeichen standen auf Wachstum. Tatsächlich entstanden in Herrnburg bis heute Häuser mit mehr als 1000 Wohneinheiten, eine Schule, ein Einkaufszentrum, ein Haus für betreutes Wohnen, Spielplätze und Kindergärten. Für die Kommune allerdings bleibt am Ende ein Defizit von 1,05 Millionen Euro oder mehr, befürchten nun die Lüdersdorfer Gemeindevertreter, nachdem sie die Haushaltssatzung des städtebaulichen Sondervermögens für 2013 durchgearbeitet und teilweise unter Protest auch beschlossen haben. Hans-Peter Schulz (SPD) sagt, die Zahlen seien in dieser Form erstmals auf den Tisch gelegt worden. „Es ist für viele ein Schock“, so Schulz. Er bedauert, dass eine Genehmigung des Haushaltes der Gemeinde nur im Zusammenhang mit einer Zustimmung zur Haushaltssatzung des städtebaulichen Sondervermögens zu erwarten sei. Dieser Kritik stimmt der SPD-Fraktionskollege Thomas Böhm zu. Er sagte vor dem Beschluss: „Wir fühlen uns erpresst und zum Hampelmann gemacht.“ Seine Fraktion stimme dem Haushalt nur zähneknirschend zu. „Das ist ein ganz mieses Gefühl in dieser Situation“, betonte Böhm. Hintergrund der Zustimmung: Nur wenn ein Haushalt beschlossen und genehmigt ist, kann die Gemeinde neue Aufträge auslösen. Der Lüdersdorfer Bürgermeister Erhard Huzel (CDU) sagte zudem ironisch: „Die Zahlen werden sich nicht kurzfristig ändern, wenn wir nicht zwischenzeitlich auf eine Goldmine treffen.“ Die Haushaltssatzungen der Gemeinde und ihres städtebaulichen Sondervermögens würden nach dem Beschluss umgehend beim Landkreis eingereicht. Die Genehmigung sei angekündigt worden. Der Finanzausschussvorsitzende Ernst Vogler (parteilos, CDU-Fraktion) betonte vor dem Beschluss, ein Defizit von 1,05 Millionen Euro — „mindestens“ — resultiere nicht aus dem neuen Baugebiet auf dem früheren Flohmarktgelände, sondern aus der gesamten städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme. Es sei angepeilt, bis 2015 alle noch verfügbaren Baugrundstücke zu verkaufen. Erhard Huzel sagt: „Wo wir in den letzten Jahren konnten, haben wir Entscheidungen dafür getroffen, dass es nicht noch länger dauert und wo wir Kosten senken konnten, haben wir das getan.“ Leider habe sich die Nettoverkaufsfläche verringert — unter anderem durch ein mittlerweile ausgewiesenes FFH-Schutzgebiet nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Bernhard Strutz (Wählergemeinschaft „Bürger für Lüdersdorf“) sagt, dass ein Defizit zu erwarten sei, löse bei ihm Befremden aus. Er finde das sehr bedenklich. Strutz und sein Fraktionskollege Frank Sadler stimmten als einzige Gemeindevertreter gegen die beiden Haushalte. Nach Angaben der landeseigenen Entwicklungsgesellschaft EGS steht heute nicht fest, dass am Ende der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme ein Defizit zu decken sein wird. Geschäftsführer Robert Erdmann sagte gestern gegenüber der OZ: „Wenn es zu einem Defizit kommt, sehe ich das als angemessene Kostenbeteiligung der Gemeinde im Zusammenhang mit einem Investitionsvolumen von 30 Millionen Euro.“ Mit der Entwicklungsmaßnahme sei auch eine Infrastruktur mit Straßen, einer Schule und Kindergärten geschaffen worden. Es sei gelungen, dies aus den Erträgen zu bezahlen. Allein die 1998 eröffnete Grundschule kostete nach Auskunft der EGS inklusive Mehrzweckhalle 5,2 Millionen Euro. Dass am Ende für die Gemeinde kein Gewinn zu erwarten sein wird, teilte der EGS-Projektleiter Uwe Klötzer bereits im Juni 2006 der damaligen Gemeindevertretung mit. Er sagte allerdings auch: „Unser Ziel ist eine schwarze Null.“ Größter Posten bei den Einnahmen sind die Grundstückserlöse, größter Posten bei den Ausgaben die Infrastruktur. Außerdem sind unter anderem Kreditzinsen und Honorare zu zahlen. Jürgen Lenz

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