Mathias Diederich wird Stellvertreter der Landrätin

Drei Wahlgänge waren gestern Abend notwendig, bis kurz nach 19 Uhr Mathias Diederich als künftiger Beigeordneter der Landrätin verkündet werden konnte. Der Jurist aus der Kreisverwaltung hatte sich mit 32 Stimmen in der Stichwahl gegen Roland Finke (24 Stimmen), der ebenfalls in der Kreisverwaltung tätig ist, durchgesetzt. Zuvor hatte Diederich zweimal die absolute Mehrheit der Kreistagsmitglieder verfehlt. 31 Stimmen wären angesichts von 61 Kreistagsmandaten notwendig gewesen. Im ersten Durchgang hatten in der geheimen Wahl 28 für den späteren Gewinner gestimmt, auf Roland Finke entfielen 22 Stimmen, Grevesmühlens Bauamtsleiter Lars Prahler erhielt fünf Stimmen. Im zweiten Durchgang stimmten immerhin 29 Kreistagsmitglieder für Mathias Diederich, 20 für Finke und sechs für Prahler. Bei der anschließenden Stichwahl setzte sich schließlich der Favorit durch. Denn bereits im Vorfeld war für CDU und SPD die Nachfolge von Gerhard Rappen (CDU), der seit der Wende in der Kreisverwaltung arbeitet und im Herbst in den Ruhestand geht, beschlossene Sache. Weil die SPD mit Kerstin Weiss die Landrätin stellt, einigten sich die Parteien darauf, Mathias Diederich zu unterstützen. Das hatte bei den übrigen Fraktionen für reichlich Unmut und öffentliche Proteste gesorgt. Wirkung haben die offenbar nicht gezeigt, wie die Abstimmungsergebnisse von gestern Abend zeigen. Dabei hatten die drei Kandidaten gestern Abend vor der Abstimmung dafür gesorgt, dass die Diskussion um Eignung und Qualifikation noch einmal hochkochte. Denn sowohl Mathias Diederich als auch Roland Finke gaben bei ihrer mündlichen Vorstellung keine glückliche Figur ab. Diederich musste sich zudem den unbequemen Fragen von Kreistagsmitglied Dennis Klüver (Piraten) stellen, der schon im Vorfeld moniert hatte, dass der Kandidat nicht im Landkreis, sondern in Schwerin wohnhaft sei. Der 44-Jährige dazu: „Ich kann mir sehr gut vorstellen, in Nordwestmecklenburg zu wohnen, wenn die familiäre Situation das zulässt.“ Er hat zwei kleine Töchter. Diederich verwies in seiner Ansprache darauf, dass ihm die parteipolitische Neutralität sehr wichtig sei. Doch diese Aussage wurde angesichts der parteiinternen Absprachen zur Farce. Während Roland Finke, der seit fünf Jahren erfolgreich den Fachdienst Umwelt im Landkreis leitet, die Daten zu seiner Person ablas, wirkte zumindest Lars Prahler am Rednerpult authentisch. „Ich bin 43 Jahre alt und jetzt ist für mich der Zeitpunkt gekommen, um mich beruflich weiterzuentwickeln“, erklärte der Diplomingenieur, der seit 2006 das Bauamt der Stadt Grevesmühlen leitet, seine Beweggründe für die Kandidatur. Frust herrschte nach der Wahl bei den übrigen Parteien, die sich gegen die Absprache von SPD und CDU gestellt hatten. Sie hatten im Vorfeld darauf gesetzt, dass bei einer geheimen Wahl, die übrigens von Olaf Claus (Freie Wähler) beantragt worden war, einzelne Mitglieder von der Parteilinie abweichen würden. Das ist keine Demokratie Die Wahl zum Stellvertreter von Landrätin Kerstin Weiss ist eine Farce. Unabhängig von der Qualifikation von Mathias Diederich, die ich hier in keiner Weise infrage stellen möchte, ist diese Absprache im Vorfeld zwischen SPD und CDU ein Schlag ins Gesicht der Demokratie. Die Wähler haben die Kreistagsmitglieder gewählt, damit sie ihre Interessen auf Kreisebene vertreten. Wenn allerdings vor einer Wahl feststeht, wer am Ende gewinnt, dann erinnert das an Zeiten, als die Demokratie nicht mehr als ein Begriff auf dem Banner am 1. Mai war. Wir stellen die Landrätin, ihr bekommt den Stellvertreter. Bei solchen „Deals“ darf man sich nicht wundern, wenn die Bürger nicht mehr zur Wahl kommen. Michael Prochnow

Grevesmühlen - Mathias Diederich wird Stellvertreter der Landrätin