„Meine größte Errungenschaft aus dem Westen ist ein Ostmann“

Sie kommen aus Leipzig, Köln, Karlsruhe, Schönberg, Ollndorf, Hamburg und vielen weiteren Orten in Deutschland. Gemeinsam feiern sie das Jubiläum „25 Jahre Mauerfall“. „Es werden etwa 90 Gäste sein“, sagt Bärbel Schröder-Ostmann. Die 56-Jährige aus dem nordwestmecklenburgischen Ollndorf und ihr Mann Jens Ostmann (53) haben die Einladungen für die Feier in einem Hotel in Lübeck mit einer Umfrage verbunden. Sie fragen, was für den Empfänger die größte Errungenschaft ist, die er mit der Einheit Deutschlands verbindet. Einige nennen die größere Freiheit, das unbeschwerte Reisen, neue Freundschaften. Bärbel Schröder-Ostmann verbindet ihre Antwort mit einem Wortspiel: „Meine größte Errungenschaft aus dem Westen ist ein Ostmann.“ Die 90 Frauen und Männer werden in der Nacht vom 8. auf den 9. November in den Jubiläumstag hineinfeiern. Bärbel Schröder-Ostmann wird eine kurze Ansprache halten. Sie kündigt an: „Ich will auch sagen, dass auch in diesem Land nicht gebratene Tauben durch die Luft fliegen.“ In der Bundesrepublik sei nicht alles top, aber: „Wir leben in einem Sozialstaat.“ Bestehende Vorurteile — Arroganz von Menschen in den alten Bundesländern und Unzufriedenheit in den neuen — bestätigt Bärbel Schröder-Ostmann nach vielen Begegnungen nicht. Sie betont: „Ich kenne viele tolle Menschen in Ost und West, auf die dies nicht zutrifft.“ Das zeigte sich bereits am 3. Oktober 1990 während einer Feier auf dem elterlichen Hof in Ollndorf. 60 Frauen und Männer von hüben und drüben feierten gemeinsam. Daran erinnert heute ein Gedenkstein. Bärbel Schröder-Ostmann nennt eine weitere Folge: „Es sind tolle Freundschaften daraus geworden.“ Für ihren Vater Karl-Heinz Rattunde war es einer der schönsten Tage, die er erlebte. Er wurde 86 Jahre alt. Nach 1990 folgten in Ollndorf und Lübeck weitere Feiern zum Tag der Einheit und zum Mauerfall. 2006 wählten Bärbel-Schröder-Ostmann und ihr Mann den 17. Juni, den früheren Tag der Deutschen Einheit, als Datum ihrer kirchlichen Hochzeit. Die ehemalige Grenze spielt im Leben der beiden heute in vielerlei Hinsicht keine Rolle. Ein Beispiel: Die Ollndorferin leitet in Lübeck eine Kita, die auch Kinder aus dem nordwestmecklenburgischen Dassow besuchen. Ihr Mann arbeitet als Sachverständiger für den Tüv Nord. Er antwortet auf die Frage, was ihm die Einheit Deutschlands gebracht hat: „In erster Linie meine Frau.“ jl

Ollndorf/Lübeck - „Meine größte Errungenschaft aus dem Westen ist ein Ostmann“