Schönberg: Holzschädling frisst sich durch Denkmalhof

Der ungebetene Gast kam vor Jahren und ist seitdem nicht wieder gegangen. „Er ist hier seit 2001 nachweisbar“, sagt Olaf Both, Leiter des Volkskundemuseums in Schönberg. Vor 19 Jahren fiel der ungebetene Gast einem Experten des Instituts für Holzbiologie und Holzschutz auf: der Gescheckte Nagekäfer. Seine Larven fressen sich durch das jahrhundertealte Gebälk des Bechelsdorfer Schulzenhauses, dem Zentrum des Denkmalhofes in Schönberg. Ein Ende ist nicht abzusehen. Fachleute empfehlen Holzschädling zu bekämpfen: Von selbst wird der ungebetene Gast nicht verschwinden. Eindeutig ist die Empfehlung von Fachleuten, die bei jüngsten Untersuchung auf holzzerstörende Insekten im Jahr 2018 einen Befall des gesamten Fachwerks einschließlich der Schwellen feststellten: „Ganzheitliche Bekämpfung des Gebäudes mittels feuchteregulierter Warmluft oder durch ein Begasungsverfahren (Sulfuryldifluorid, Cyan- oder Fluorwasserstoff).“ Das gesamte Gebäude weise „massiven Lebendbefall durch den Gescheckten Nagekäfer mit substanzieller Schädigung der Konstruktionen“ auf. Gesamtkosten für die Variante mit feuchteregulierter Warmluft: rund 85 000 bis 90 000 Euro. Der Schönberger Museumsleiter Olaf Both bedauert, dass der Gescheckte Nagekäfer bis heute nicht durch das Verfahren bekämpft wurde, das wegen des Gesundheitsschutzes bevorzugt wird. Es habe zwar einen Antrag des Vereins „Volkskundemuseum Schönberg“ auf Zuschüsse gegeben, doch letztlich sei das Projekt als nachrangig zurückgewiesen worden. Er akzeptiere die Entscheidung der Stadt, sagt Olaf Both. Der Denkmalhof sei für die Kommune und das Volkskundemuseum als Betreiber immer wieder eine Herausforderung. Großen Anstrengungen der Stadt Schönberg, des Heimatbundes für das Fürstentum Ratzeburg und des Instituts für Denkmalpflege der DDR sei zu verdanken, dass mit dem Bechelsdorfer Schulzenhaus ein Gebäude öffentlich zugänglich ist, das zu den wenigen Bauten gehört, die den 30-jährigen Krieg überdauert haben. Fest steht nach Auskunft des Museumsleiters allerdings, was passiert, wenn der Gescheckte Nagekäfer nicht beseitigt wird: „Er frisst das Gebälk weiter auf.“ Ein Vortragvon Olaf Both über die Bauwerksanalyse des Bechelsdorfer Schulzenhauses beginnt am Sonnabend, den 3. Oktober, um 15 Uhr auf den Denkmalhof in der Johann-Boye-Straße. Anlass ist das Erscheinen eines rund 100 Seiten starken Heftes über das Schulzenhaus. Olaf Both erläutert: „Das, was lange immer angefragt wurde, konnte im vergangenen Jahr nun in die Tat umgesetzt werden: eine umfangreiche Analyse des Bauwerkes, das heute den Kern der Freilichtanlage darstellt.“ Das Heft kann nach dem Vortrag gekauft werden. Es kostet fünf Euro. Bereits am Vortag backen die Mitarbeiter des Museum Brot, das ebenfalls am 3. Oktober erhältlich ist. „Eine kleine Kaffeetafel rundet die Veranstaltung ab“, kündigt Olaf Both an. Der Eintritt ist frei. Handwerker errichteten das Schulzenhaus um 1520 in Bechelsdorf. Dort wurde es ab Dezember 1962 abgebaut, um es auf der Boyeschen Koppel in Schönberg neu zu errichten. Bereits 1975 Schäden festgestellt: Ein Fachmann für Bauschutz und Bauwesen stellte bereits 1975 zahlreiche Schäden am Fachwerk durch Feuchtigkeit und Pilze fest. Olaf Both erklärt: „Der vor allem in der hinteren linken Kammer auftretende Pilz musste beseitigt werden. Es fand zudem partiell eine Behandlung mit Hylotox IP braun statt, die nahe legt, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits einen Insektenbefall gab.“ Möglicherweise handelte es sich um den Gescheckten Nagekäfer. Eindeutig geklärt wurde, welcher Pilz sich im Bechelsdorfer Schulzenhaus verbreitet hat. Es ist der Kahle Muschelkrämp. Olaf Both erläutert, wie der Pilz ins Gebälk kam und warum sein Auftreten mit dem des Gescheckten Nagekäfers zusammenhängt: „Durch die unsachgemäße Lagerung der abgebrochenen Materialien des Schulzenhauses und das verspätete Schließen der Dachhaut konnte Feuchtigkeit lange ungehindert auf das Holz einwirken, was zu einem Pilzbefall führte. Dieser Pilz nun ist das bevorzugte Lockmittel für den Gescheckten Nagekäfer.“ 2018 zählten Mitarbeiter von Noldt Consulting allein im Bereich des ehemaligen Kuhstalls mehr als 160 Käfer. Die Experten hatten dort Klebefallen ausgelegt. Über den Autor Lesen Sie auch Schönberg: Stiftungen helfen Volkskundemuseum Schönberg: Historische Herausforderung für Heimatbund durch Corona Ausstellung in Schönberg: Eisenbahn im Wandel der Zeit Von Jürgen Lenz