„Seute Deern“ erstrahlt in Weiß

102 Jahre alt ist die „Seute Deern“. Das ist plattdeutsch für „Süßes Mädchen“ und der Name des Hauses an der Strandpromenade von Boltenhagen, das am Sonnabend seine Türen öffnete. Wie die Eigentümer Heike Dreier und Dr. Wolfgang Kalkhof den Besuchern berichteten, hieß das heutige Feriendomizil nicht von Anfang an so. Die beiden wollten nicht nur das Haus und seine Geschichte vorstellen, sondern auch die Fertigstellung der Bauarbeiten feiern, die im Mai 2012 begonnen hatten. Heike Dreier und Wolfgang Kalkhof hatten das Objekt im November 2011 gekauft. Das Paar aus Berlin führt ein Gesundheitsunternehmen. Ein Freund hatte ihnen seinerzeit den Tipp gegeben. „Wir hatten ihm gesagt: Wenn hier etwas frei wird, sage Bescheid“, erklärte Wolfgang Kalkhof, der mit seiner Lebensgefährtin jede freie Minute in Boltenhagen verweilt — schon seit vielen Jahren. Heike Dreier wuchs in Boltenhagen auf, genauso wie ihr Sohn. Der war beim Tag der offenen Tür natürlich auch vor Ort, zusammen mit zig weiteren Gästen, die entweder geladen waren oder aber zufällig am Haus entlang flanierten und die Gelegenheit nutzten, einmal einen Blick hineinzuwerfen. Sie konnten an vielen Stellen im Haus die Beziehung zum gleichnamigen Schiff erkennen. Etwa an dem Bullauge in einer Wand am Eingang, in dem Wein lagert. Die hölzerne Bark „Seute Deern“ liegt in Bremerhaven und dient als Restaurantschiff. Es steht seit 2005 als Bestandteil der Gesamtanlage Deutsches Schifffahrtsmuseum unter Denkmalschutz. „Ich hatte mich erkundigt, wo dieser Name noch überall verwendet wird“, erklärte Kalkhof. „Haus Kammen“ hieß das Haus früher, benannt nach Heinrich Kammen, der es 1911 baute. Kammen war eigentlich ein Fischer, aber er vermietete auch damals schon einen Teil der Räumlichkeiten. „Nach dem Zweiten Weltkrieg war eine Frau Brockmann, geborene Kammen, Erbin des Hauses“, erzählte der heutige Eigentümer. Deren Sohn Hans Brockmann habe mit seiner Frau Svetlana bis 2011 in dem Objekt an der Strandpromenade gelebt. Heute wohnen die beiden in Travemünde. „Frau Brockmann war zwischendurch einmal hier und war ganz erstaunt, wie sehr sich alles verändert hat“, sagte Heike Dreier. Das Äußere hat sich jedoch nicht verändert, obwohl auch hier vieles erneuert werden musste. Innen erhielt alles einen neuen Anstrich. Obwohl das Haus nicht unter Denkmalschutz steht, haben die Eigentümer darauf geachtet, möglichst viel Historisches zu erhalten, wie zum Beispiel Balken. Jetzt ist das Haus ein Traum in Weiß: lichtdurchflutet, modern, und jede der sieben Suiten weist einen Blick zur Ostsee auf. Mit Ausnahme eines Appartements, das Heike Dreier und Dr. Wolfgang Kalkhof bewohnen, wenn sie in Boltenhagen sind, werden die übrigen an Feriengäste vermietet. Das übernimmt die Boltenhagener Appartement & Immobilien Service GmbH von Kirsten Koch, die zusammen mit Gesellschafter Thomas Neuffer auch beim Tag der offenen Tür war. Thomas Neuffer stellte sich fürs Foto kurzerhand in eine der modernen Duschen, die ebenerdig verbaut wurden. Die Suiten tragen allesamt maritime Namen, beispielsweise „Backbord Suite“ und „Lotsen Suite“. „Mich fasziniert der Charme des Bauwerks“, sagte Ele Kammerahl. Sie ist die Schwester von Wolfgang Kalkhof und lebt als Künstlerin in Hamburg. Sie hatte ihrem Bruder und Heike Dreier anfangs bereits mitgeholfen, die alten Möbel herauszutragen, und anschließend auch ihren Beitrag zur Neugestaltung geleistet. Viele Werke, die nun im Haus zu sehen sind, hat sie gemalt. Thomas Neuffer erklärte beim Rundgang durch die vielen Suiten: „Jedes Haus, das in Boltenhagen verschwindet, ist eines zuviel“. Er freue sich darüber, dass „Seute Deern“ eben nicht verschwunden ist, wie so viele andere Anwesen im Ostseebad. Dana Dolata

Boltenhagen - „Seute Deern“ erstrahlt in Weiß