Großlandwirte sind Genossen: Reemtsma kauft Agraranteile

Für einen durchschnittlichen landwirtschaftlichen Familienbetrieb in Nordwestmecklenburg wird es immer schwieriger zu existieren. Sie stehen in direkter Konkurrenz zu Großbetrieben, die einen Kaufpreis von 30000 bis 40000 Euro pro Hektar ohne Probleme aufbringen. Und die Großbetriebe können auch ganze Betriebe übernehmen. Zwei große Landwirte aus dem Nordwestkreis sind jetzt neue Teilhaber im genossenschaftlichen Agrar-Betrieb Dorf Gutow: Dr. Henning Scheibler, der einen großen Landwirtschaftsbetrieb in Elmenhorst betreibt, und Bernhard Reemtsma, dem unter anderem Gut Groß Walmstorf gehört. An der Agrar-Betrieb Gutow e.G. haben sich beide „beteiligt“, bestätigte Scheibler gestern gegenüber der OSTSEE-ZEITUNG. „Wir haben Anteile von mehreren ausgeschiedenen Mitgliedern übernommen“, sagte der 46-Jährige, dessen Familie 1990 aus Schleswig-Hostein nach Elmenhorst zog. Bernhard Reemtsma war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Er hatte 1991 das GutGroß Walmstorf übernommen und entwickelte es zu einem großen Landwirtschaftsunternehmen. 2006 kaufte Reemtsma in Niendorf bei Hohenkirchen den damaligen Ökohof des Brillen-Königs Günther Fielmann mit 1200 Hektar Ackerflächen hinzu. 4000 Hektar bewirtschaftet Bernhard Reemtsma inzwischen. Landwirte der Region sprechen sogar von bis zu 7000 Hektar, die ihm gehören sollen. Ein Landwirt, der mit seinem Familienbetrieb in Nordwestmecklenburg inzwischen kämpfen muss, sagt: „Wir können mit den Preisen für Pacht oder Landkauf nicht mehr mithalten und Verpächter gehen schnell zu Großbetrieben, wenn eine Pacht abgelaufen ist.“ Zudem könnten Großbetriebe annähernd jeden Preis bezahlen, der gefordert wird. Das bestätigt im Grunde auch Petra Böttcher, Geschäftsführerin vom Kreisbauernverband Nordwestmecklenburg. „Landesweit ist es schon so, dass Industrieunternehmen ihr Kapital in Boden sichern. Aber auch die Familienbetriebe müssen wachsen, um weiter existieren zu können“, sagt sie. In Sachsen-Anhalt wird inzwischen an einem Landesgesetz gearbeitet, mit dem reglementiert werden soll, Ackerboden als Kapitalanlage zu kaufen. Auch Agrarminister Till Backhaus (SPD) plädiert für einen „möglichst breit gestreuten Bodenbesitz“. Da gebe es Handlungsbedarf. In Bezug auf den Entwurf für das in Sachsen-Anhalt diskutierte Agrarstrukturgesetz sieht Backhaus jedoch erhebliche Probleme“ bei einer Umsetzung. „Zum Beispiel was die Definition von Obergrenzen und deren Verfassungsmäßigkeit betrifft.“ Aber: Auch in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit dem Thema. Zum Agrar-Betrieb Dorf Gutow gehören 1500 Hektar landwirtschaftliche Flächen. Allein das entspricht fast fünf durchschnittlichen Familienbetrieben, die in Nordwestmecklenburg mit 280 Hektar bemessen werden. Doch sie werden immer seltener. Vor allem im Klützer Winkel mit seiner hohen Bodenqualität sind die Ackerflächen begehrt und die Preise steigen. Kleine Betriebe wie die Biohöfe in Neuenhagen mit 40 Hektar und Hohen Schönberg mit 25 Hektar sind die Ausnahme. Die Güter Brook und Christinenfeld der Silvius Dornier Land- und Forstwirtschaft GmbH & Co. KG umfassen 1400 Hektar Ackerflächen. Zum Landgut Oberhof der Familie Nölck gehören etwa 2000 Hektar Ackerflächen. Der Landwirtschaftsbetrieb Klützer Winkel bewirtschaftet 2500 Hektar. Landwirtschaft in Nordwestmecklenburg 501 landwirtschaftliche Betriebe in Nordwestmecklenburg beschäftigen 2870 Menschen. 140 328 Hektar werden insgesamt von Landwirten im Landkreis bewirtschaftet. Ein durchschnittlicher Familienbetrieb hat 280 Hektar. 300 Betriebe in Nordwestmecklenburg halten Rinder, davon sind 86 Höfe Milchviehbetriebe. 83 Landwirte im Kreisgebiet halten Schweine. Davon haben 18 Mastbetriebe. Die meisten Landwirte der Region sind im Kreisbauernverband Nordwestmecklenburg organisiert. Er wurde 1996 gegründet und ist das größte Mitglied im Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern, der in 15 Regionalverbände unterteilt ist. • Infos: www.kbv-nwm.de Malte Behnk und Elke Ehlers

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