Autohändler: Jubiläum in Krisenzeiten

Vor 25 Jahren herrschten in der Branche geradezu goldene Zeiten: Die Wiedervereinigung war beschlossene Sache, die Marktwirtschaft hielt auch in MV Einzug und das Interesse an neuen, modernen Autos — an Alternativen zu Trabi, Wartburg und Co. — war riesig. Die Geschäfte der Autohändler liefen prächtig und die Stimmung im damals neu gegründeten „Verband des Kfz-Gewerbes MV“ war es ebenfalls. Nun feiert die Branchenvertretung runden Geburtstag. Doch so wirklich Feierstimmung mag nicht aufkommen: Viele Händler leiden unter sinkenden Verkaufszahlen und finden kaum noch Nachwuchs für die Werkstätten. „Die Anforderungen an das Kfz- Gewerbe sind mit den Jahren immer stärker gewachsen“, sagt Mike Specht, Obermeister der Kfz-Innung in Rostock. Neue Technologien, immer strengere Umweltauflagen für Autos und auch sich stetig wandelnde Kundenwünsche. „Wir gehen mit der Zeit“, versichert Specht, Geschäftsführer des Volkswagen-Zentrums in Lütten Klein. Nicht nur, was die Fahrzeuge angeht: Mit modernen Arbeitsplätzen will die Branche Azubis locken. Doch Nachwuchs ist schwer zu finden. Der Verband kämpfe — genau wie alle anderen handwerklichen Berufe auch — mit den geburtenschwachen Jahrgängen. „Die Zahlen der Lehrlinge sind rückläufig“, sagt Specht. Jährlich beginnen rund 50 Lehrlinge ihre Ausbildung. Vor einigen Jahren wären es noch 75 gewesen. „Aber wir geben nicht auf.“ Seit 2010 steuere der Verband gegen die derzeitige Entwicklung. Er möchte das Interesse junger Menschen wecken. „Dafür sind wir jedes Jahr mit einem Stand auf der Jobfactory präsent.“ Denn: „Die Jobs, die wir zu bieten haben, sind attraktiv.“ Die Probleme mit dem Nachwuchs kann Andreas Wigger, Geschäftsführer des gleichnamigen BMW-Autohauses, nur bestätigen. „Jedes Jahr fangen um die zehn neue Leute bei uns an.“ Das sei okay, ausreichend. Aber: Weil sich die Betrieb oftmals nicht mehr aussuchen können, wen sie einstellen, sinke die Qualität der Lehrlinge. Michael Hecht, Geschäftsführer im Autozentrum Südstadt, ergänzt: „Wir haben jedes Jahr etwa die gleiche Anzahl an Lehrlingen.“ Jedoch sei die Bewerbungsanzahl deutlich zurückgegangen. „Die Attraktivität der handwerklichen Berufe sinkt. Das ist ein branchenübergreifendes Problem.“ Und dann ist da noch eine Sorge, die den Verband des Kfz-Gewerbes im Jubiläumsjahr umtreibt: die Verkaufszahlen. Im Autohaus Südstadt — einem der großen Ford-Händler der Region — sind die zum Beispiel seit Jahren rückläufig. „Es fehlt das Geld“, sagt Hecht. Gleichzeitig steigen die Autopreise. „Die Bereitschaft, Geld für ein Auto auszugeben, sinkt.“ Hinzu komme, dass die Autos heutzutage immer länger gefahren werden. Laut Kfz-Verband wurden 1992 Autos durchschnittlich 6,2 Jahre alt. 2014 waren es dagegen schon neun Jahre. „Wir leben vom Ersatzgeschäft. Ein neues Auto wird erst gekauft, sobald das alte kaputt ist“, ergänzt Obermeister Specht. Etwas besser sieht es im Segment der Premium-Automobile aus: Bei BMW-Wigger hingegen sind die Verkaufszahlen zuletzt sogar kontinuierlich gestiegen. „Wir blicken optimistisch in die Zukunft“, sagt der Chef. Zum 25. Jubiläum, das gestern Abend mit einem großen Fest in der Yachthafen-Residenz Hohe Düne gefeiert wurde, gab es warme Wort vom Wirtschaftsministerium: Der Kfz-Verband in MV sei der erste in den neuen Ländern gewesen, so Minister Harry Glawe (CDU). „Durch ihn wurden Strukturen geschaffen, die das Bundesland mobil gemacht haben.“ Nach eigenen Angaben vertritt der Verband zehn Kfz-Innungen mit ungefähr 750 Mitgliedsbetrieben. In diesen werden um die 8000 Mitarbeiter beschäftigt. Davon sind etwa 1000 Auszubildende. 50 neue Lehrlinge 3 Millionen Neuzulassungen werden jährlich in Deutschland erfasst. Davon werden rund 35.000 Autos in Mecklenburg-Vorpommern verkauft. 9 Jahre wird ein Auto heutzutage durchschnittlich gefahren. 1992 waren es 6,2 Jahre. 50 Lehrlinge beginnen jährlich eine Ausbildung im Kfz-Gewerbe. Vor einigen Jahren waren es 75. Der Mangel an Nachwuchs ist ein branchenübergreifendes Problem. Schuld sind geburtenschwache Jahrgänge. Pauline Rabe

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