Die Lokführer haben ihren Streik beendet, doch die meisten Züge in Mecklenburg-Vopommern bleiben vorerst weiter stehen. Der Notfahrplan gilt noch bis zu Donnerstagabend, heißt es in der Bahnpressestelle, die keine Uhrzeit nennen will, ab der wieder der reguläre Fahrplan gilt. Dennoch rollen im Nordosten bereits mehr Züge als am Vortag: Der Regionalexpress Rostock-Berlin-Hamburg fährt wieder regelmäßig. Für den Regionalzug von Rostock nach Berlin gab die Bahn zwei weitere Abfahrten für den frühen Abend bekannt. Auch die S-Bahnen zwischen Güstrow, Laage und Warnemünde fahren vereinzelt wieder. Auch der Regionalexpress Stralsund-Neubrandenburg geht am Nachmittag mit einigen Zügen an den Start. Die Lokführergewerkschaft GDL hatte angekündigt, den Streik um 19 Uhr beenden zu wollen. Bahn-Personalvorstand Jürgen Weber verspricht einen funktionierenden Nahverkehr ab Freitag. Bei den Fernzügen werde es bis Sonnabend dauern, bis alle Bahnen wieder normal fahren.
Weiterer Arbeitskampf droht
Nach dem Ende des Lokführerstreiks drohen bereits neue Ausstände. Diesmal könnte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zu Warnstreiks aufrufen. Die EVG verhandelt am Donnerstag mit der Bahn in Berlin. „Wir werden heute entweder den Sack zumachen oder die nötigen Konsequenzen ziehen“, sagte EVG-Sprecher Uwe Reitz. Die zwischen Bahn und GDL vereinbarte Schlichtung hat auf die Gespräche keinen Einfluss. Einen Abschluss will die EVG nur auf der Grundlage vereinbaren, dass die Tarifverträge inhaltsgleich zu denen der GDL sind.
Lokrangierführer erhalten GDL-Tarif
Grund für die überraschende Einigung ist laut Lokführergewerkschaft, dass die Bahn bereit sei, GDL-Tarifverträge anzuerkennen, ohne das Abschlusse anderer Gewerkschaften eine Rolle spielen. Die Bahn habe akzeptiert, dass die GDL auch für Zugbegleiter verhandeln darf. Rangierlokführer sollen als Lokomotivführer im Flächentarifvertrag eingruppiert werden. Das waren bislang die Streitpunkte, an denen eine Einigung gescheitert war. Für die Dauer der Schlichtung vom kommenden Mittwoch bis zum 17. Juni gilt Friedenspflicht. „Es wird somit keine Arbeitskämpfe der GDL geben„, verspricht die Gewerkschaft.
Schlichtungsverfahren geplant
Lokführer-Gewerkschaft GDL und Bahn AG einigten sich in der Nacht um 2 Uhr überraschend auf eine Schlichtung. Beide Seiten haben bereits Schlichter benannt. Für die Bahn wird das Matthias Platzeck (SPD) sein, Ex-Ministerpräsident von Brandenburg. Die GDL benannte Bodo Ramelow (Linke), Ministerpräsident von Thüringen. Die Schlichtung beginnt kommenden Mittwoch und soll drei Wochen dauern. In mehreren Radiointerviews griff Ramelow Bund und Bahn scharf an. Die Bahn habe zu lange auf „Vollkonfrontation“ gesetzt, der Staat als Eigentümer dürfe die Handlungsfähigkeit kleiner Gewerkschaft nicht beschneiden.
Tourismus erleichtert
„Das ist ein Sieg der Vernunft“, sagt Tobias Woitendorf, Sprecher des Tourismusverbandes MV. Hoteliers und Pensionen im Nordosten hatten wegen des Bahnstreiks ein Gästeminus am wichtigen Pfingstwochenende befürchtet. Erste Stornierungen seien bereits eingegangen. Der Branche drohte laut Verband ein Umsatzminus von bis zu drei Millionen Euro. 25 000 per Bahn anreisende Gäste werden am Pfingstwochenende erwartet. Bis zu 15 000 davon wären zu Hause geblieben, wenn die GDL den Streik durchgezogen hätte, befürchtete der Tourismusverband. Ob Gäste, die bereits storniert haben, nun doch noch an die Ostsee fahren, ist laut Woitendorf fraglich. Aber die Erleichterung ist groß: „Der Stillstand zu Pfingsten scheint beendet", lobt Landeswirtschaftsminister Harry Glawe.
Gerald Kleine-Wördemann