Bei schlechtem Wetter geht‘s in die Bahn

In der Saison gehört sie zum Bild der Gemeinde Graal-Müritz: Seit 15 Jahren fährt die Tuki-Bahn Gäste und Einheimische durch das Seeheilbad. Doch unter dem Blech ist sie lange nicht mehr die Alte. „Wir haben schon viele Teile ersetzt“, sagt Bernd Kuntze, Geschäftsführer der Tourismus- und Kurgesellschaft (TuK), „und die Reparaturen häufen sich“, fügt er hinzu, um an die Ersatzteile der in Italien gebauten Touristenbahn zu kommen, haben die Graal-Müritzer schon Kooperationen mit anderen Ostseebädern gegründet. „Aber sie ist eine Attraktion“, sagt Kuntze, und seine Stellvertreterin Benita Chelvier kann vorrechnen, wie sich diese Attraktion in Zahlen niederschlägt. „Zwischen 8000 und 10000 Fahrgäste befördern wir in einer Saison“, sagt sie. „Und für die Sachkosten der Bahn und ihres Betriebes haben wir 5000 Euro in den Haushalt eingeplant. Dazu kommen dann aber noch die Lohnkosten der beiden Fahrer.“ Das sind Peter Brüggert und Daniela König. Sie ist mit ihrer Familie aus Ludwigsfelde nach Graal-Müritz gezogen, gerade um die Touristenbahn zu lenken. „Da passte alles“, sagt Bernd Kuntze, zumal Daniela König auch einen Personenbeförderungsschein vorlegen konnte. „Der Job ist einfach super“, freut sich Daniela König. „Vor allem bei schlechtem Wetter nutzen die Gäste die Bahn.“ Das war ursprünglich nicht so gedacht. „Schon in 1990er Jahren haben wir uns überlegt, dass wir einen innerörtlichen öffentlichen Verkehr brauchen“, erinnert sich Bernd Kuntze. Er sollte das langgestreckte Graal-Müritz verbinden. „Im Jahr 2000 kam dann ein Unternehmer, der diese Aufgaben erfüllen wollte — allerdings in der Vorsaison“, erinnert sich Bernd Kuntze. „Da haben die Umsätze natürlich nicht gestimmt, und er war nach vier Wochen wieder mit seiner Bahn verschwunden.“ Hilfe nahte dann in Person von Karl-Heinz Krüger vom Reha-Zentrum. „Er hat uns eine nagelneue Bahn aus Italien mit zwei Anhängern zur Verfügung gestellt“, so Kuntze. Der Fahrbetrieb begann am 15. Juni 2000. Sechs Jahre später kaufte die Tourismus- und Kurgesellschaft dann die Bahn und ließ sie von Grund auf überholen. „In all den Jahren ist es uns nicht gelungen, einen Ortsverkehr aufzubauen“, sagt Kuntze. Einerseits ist die Kapazität zu gering, gerade dreißig Passagiere finden Platz. „Es ist unmöglich, Fahrräder, Koffer, Kinderwagen oder einen Rollator mitzunehmen“, zählt Kuntze die Nachteile der Bahn auf. „Sie ist gerade richtig für Rundfahrten, zumal den Fahrgästen auf ihren Touren vom Tonband die Sehenswürdigkeiten der Gemeinde erläutert werden.“ Gedanken zum innerörtlichen Verkehr sind dem Badegast schnuppe. „Vor allem Familien mit Kindern steigen gern ein, und die Bahn sieht mit ihrem nostalgischen Blechkleid auch nett aus“, sagt der Kurdirektor. Der Bedarf für Fahrten mit der Tuki-Bahn ist auf jeden Fall da. Aber über kurz oder lang muss etwas Neues her. „Das sieht man schon an der Häufigkeit der Reparaturen“, sagt Kuntze. Er sinniert, ob man vielleicht eine zweite Bahn anschaffen solle oder die alte ganz durch eine Neu-Investition ersetzen lassen könnte. Billig wird das nicht. „So eine neue Touristenbahn kostet zwischen 280000 und 300000 Euro“, schätzt er. Aber noch ist es ja nicht so weit, dass die Tuki-Bahn aus dem Verkehr genommen werden soll. Nun hat die Hauptsaison gerade erst begonnen — und Daniela König und Peter Brüggert fahren jetzt acht Touren am Tag. Zwischen Linienverkehr und Ausflugsfahrten Eine Besonderheit der Tuki-Bahn ist, dass sie Ausflugsfahrten mit Aus- und Einstiegsmöglichkeiten innerhalb der Gemeinde Graal-Müritz anbieten kann. Das ist im Konzessionsrecht begründet, dieses Recht liegt im Landkreis Rostock bei der Rebus-Gesellschaft. Deswegen darf die Tuki-Bahn keinen Linienverkehr fahren, sondern nur Ausflugsfahrten anbieten. Die sind genehmigt bis nach Klockenhagen, zum Erdbeerhof in Rövershagen und zum Pilzmuseum nach Neuheide. Einen Lehrgang zur Führung eines „Unternehmens des Straßenpersonenverkehrs“ musste Kurdirektor Bernd Kuntze machen — und die Prüfung bestehen, sonst wäre aus dem Betrieb der Tuki-Bahn wohl nichts geworden. Wir wollten einen inner- örtlichen Verkehr aufbauen.“Bernd Kuntze, Kurdirektor Michael Schißler

GRAAL-MÜRITZ - Bei schlechtem Wetter geht‘s in die Bahn