Corona-Krise: Reinigungsfirma kämpft um Notfallbetreuung für Mitarbeiterkinder

Holger Papenhagen betreibt einen kleinen Hausmeister- und Reinigungsservice in Dettmannsdorf-Kölzow. Mit einer Angestellten sorgt der 58-Jährige für Sauberkeit in sechs Bürohäusern und 20 Treppenfluren zwischen Rostock und Ribnitz-Damgarten. Seine Mitarbeiterin ist Mutter von drei Kindern, zwei sind schulpflichtig, eines besucht die Kita, ihr Mann ist auf dem Bau beschäftigt und in der Woche auswärts auf einer Baustelle in Hamburg. Seit Wochenanfang steht die Familie wegen Kita- und Schulschließungen vor dem Problem, die Kinder zu betreuen. Unternehmer Papenhagen ist in Sorge, seine gerade in diesen Tagen so wichtige Arbeit nicht allein bewältigen zu können. „Meine Kollegin möchte arbeiten und wollte die Kinder für eine Notfallbetreuung anmelden“, erzählt der 58-Jährige. Er setzte sich dafür ein, rief bei Arbeitsamt und Bildungsministerium an und bekam zur Antwort: „Sie machen doch nur sauber!“ Ihm wird die Personengruppe zugemailt, die Anspruch auf Unterstützung bei der Kinderbetreuung hat, die Reinigungsbranche zähle nicht dazu. Warum steht Reinigung nicht auf Liste der wichtigen Berufe? Papenhagen ist empört. „Ich habe gegenüber beiden Institutionen erwähnt, gerade jetzt, in Zeiten von Corona, gehört Hygiene zu den wichtigsten Maßnahmen überhaupt. Die Bürohäuser, die wir reinigen, haben alle mit der Öffentlichkeit zu tun. Treppenhäuser, teilweise über sieben Etagen, werden von vielen Menschen benutzt. Man denke nur an die Handläufe, die jeder berührt. Oder an diejenigen, die auf dem Rasen oder Bürgersteig in Tretminen gelatscht sind. Ist da Hygiene nicht wichtig? Wird man deswegen nicht auf der Liste der wichtigen Berufe geführt und bekommt dadurch keine Notfallbetreuung für die Kinder?“ Keiner will mehr putzen: Seit drei Jahren sei seine Reinigungskraft in Vollzeit bei ihm beschäftigt. „Sie ist sehr zuverlässig, arbeitet eigenständig, es gibt keine Beschwerden von Kunden“, erklärt Papenhagen, der seine Bestände an Desinfektionsmitteln kräftig aufgestockt hat, „denn gerade Treppengeländer, Türklinken, Lifte sind unser täglich Brot“. Seiner Angestellten zahlt er Tariflohn, „sogar mehr“, denn Arbeitskräfte in der Branche seien schwer zu finden. „Putzen, das will keiner mehr machen“, hat der Firmenchef erfahren. Wer in der Branche arbeite, werde „als dumm“ abgestempelt. Papenhagen ist Elektromeister von Beruf. „Doch wir hatten im Umfeld hier ein Überangebot in diesem Bereich.“ Deshalb habe er sich nach einem neuen Betätigungsfeld umgesehen und 2001 seinen Hausmeister- und Reinigungsservice „Hoka Papenhagen“ eröffnet. Zunächst mit drei, dann mit fünf Angestellten. „Es kamen immer mehr Aufträge“, erzählt der dreifache Familienvater, aber auch der Arbeitskräftemangel schlug durch. Nun bewältigt er mit seiner Vollzeitangestellten den wichtigen Job. Chef beklagt Geringschätzung der Reinigungsbranche: „Wir bekommen nie die Anerkennung, die Reinigungskräfte verdient hätten“, ärgert sich Papenhagen über die gesellschaftliche Geringschätzung der Arbeit. Die zeige sich nun wieder in den behördlichen Reaktionen: „Sie machen ja bloß sauber!“ Der Firmenchef erinnert an das Szenario, wenn die Putzteufel nicht ihre Dienste verrichten würden. „Wie sieht es in vier Wochen aus“, fragt Papenhagen. „Wer möchte sich in Büros oder Bahnhöfen auf eine verdreckte Toilette setzen? Gerade jetzt, wo sich jeder schützen will, wird die Hygiene vergessen“, ist er enttäuscht. Seine Kollegin versucht indes wenigstens stundenweise zu arbeiten und die Kinder zu versorgen. „Die längeren Touren übernehme ich“, sagt Papenhagen. Einen Monat könne er so vielleicht überbrücken. Grundsätzlich aber fordert er im Interesse der Kunden, Reinigungsdiensten die entsprechende Aufmerksamkeit und in Corona-Zeiten besondere Unterstützung zu gewähren, beispielsweise bei der Betreuung von Mitarbeiterkindern. „Gerade jetzt wird unsere Arbeit mehr denn je benötigt, unsere Kunden fordern besondere Reinigung, Hygiene ist das A und O“, betont Papenhagen. Lesen Sie auch: Zahl der bestätigten Corona-Infektionen in MV auf 133 gestiegen MV sperrt Zufahrten wegen Corona: „Wer aus touristischen Gründen kommt, begeht Straftat“ Schulen und Kitas in MV dicht Von Doris Deutsch