Corona in MV: Kleingärten gefragt wie nie

Abstandsregeln, gesperrte Spielplätze und eingeschränkte Freizeitmöglichkeiten: Die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie haben Mecklenburg-Vorpommern noch immer fest im Griff. Davon betroffen sind ebenfalls Kleingartenanlagen, in denen das Vereinsleben weitestgehen d eingestellt worden ist. Nichtsdestotrotz herrscht reges Treiben in den einzelnen Parzellen. Die Nachfrage nach freien Flächen ist so hoch wie nie. „Uns haben 80 Prozent mehr Anfragen erreicht, als noch zur selben Zeit im Vorjahr“, berichtet Doreen Wall, Vorstandsvorsitzende des Rostocker Kleingartenvereins Barnstorf. Weil mittlerweile aber alle 111 Grünanlagen belegt sind, führe der Verein eine Warteliste. „Derzeit können wir keine neuen Mitglieder aufnehmen. Wir kommen nicht drumherum die Leute zu vertrösten“, verrät sie. Dass dies kein Einzelfall ist, bestätigt auch Susann May, Geschäftsführerin des Verbands der Gartenfreunde Rostock: „Wir hören nicht nur von den Vereinen, dass immer mehr Menschen eine Parzelle pachten möchten. Bei uns gehen aktuell ebenso zahlreiche Anfragen ein.“ Natur macht den Kopf frei: Seit mittlerweile mehr als 30 Jahren bewirtschaftet Harry Becher aus Evershagen seinen Kleingarten in der Anlage Schutower Moorwiesen. „Damals war das noch alles Acker“, erinnert er sich. Heute ist der 82-Jährige froh, dass er sich während der Corona-Krise ins Grüne flüchten kann. Schon um neun Uhr am Morgen tritt der Rostocker den Weg zu seiner Oase an und beginnt zu werkeln, wie er selbst sagt. Doch alleine ist er um diese Uhrzeit selten. „Man merkt, dass die Leute ihre Gärten nun deutlich öfter nutzen. Es ist wesentlich voller geworden.“ Galerie: Die Hobby-Gärtner sind los Eine Beobachtung, die auch Ferdinand Roth in den vergangenen Wochen gemacht hat. Als Vorsitzender des Kleingartenvereins Klingenberg in Wismar behält er stets den Überblick über die gesamte Anlage. „Bei 400 Parzellen ist das gar nicht so einfach“, gesteht er. Weil die Arbeit des Kreisvorstands derzeit auf Eis gelegt ist, hat der 76-Jährige jetzt etwas öfter die Gelegenheit, sich zusammen mit seiner Frau dem gemeinsamen Garten zu widmen. Doch sein Telefon steht dabei selten still. Immer wieder melden sich Personen, die „ganz dringend eine freie Fläche pachten möchten“, wie Roth mitteilt. Gerne würde er ihnen diesen Wunsch erfüllen. „So einfach ist das aber nicht. Die Grundstücke müssen zunächst geschätzt werden und wir behalten uns vor, die neuen Mitglieder persönlich zu treffen. Das geht momentan alles nicht“, erklärt er. Parzellen so schön wie lange nicht mehr: Der Rentner verstehe aber, dass gerade während der Krise viele Menschen auf den Garten gekommen sind. „Bei der Arbeit bekommt man den Kopf frei und kann den ganzen Stress, der momentan herrscht, für ein paar Stunden vergessen“, berichtet der Wismarer. Einen Vorteil habe die aktuelle Situation zudem auch, wie Doreen Wall findet: „Die Gärten sind so schön wie schon lange nicht mehr. Alle sind draußen und nutzen die Zeit zum Werkeln.“ Und das könne sich sehen lassen. Das hat Monique Löwy ebenfalls bemerkt. „Durch Corona haben alle ihre Gärten viel früher fertig“, sagt die 39-Jährige, während sie eine neue Ladung Rindenmulch in die Schubkarre hievt. Alljährlicher Frühjahrsenthusiasmus: Frank Wiedig, Vorsitzender des Kleingartenvereins „Karstenberg“ in Bad Doberan hingegen hat keine großartige Veränderung auf dem Gelände bemerkt. „Im Frühling haben wir immer mehr Anfragen, als zu anderen Jahreszeiten. Sobald es warm wird, herrscht jedes Mal wieder eine Art Frühjahrsenthusiasmus“, berichtet er. Daher sei es nichts Ungewöhnliches, dass momentan alle 94 Parzellen belegt und viele Menschen am Pflanzen und buddeln sind. „Allgemein betrachtet ist das Interesse in den letzten zwei Jahren stark gestiegen.“ „Gärten sind eben goldwert“, meint Bernd Weichmann, Vorsitzender der Kleingartenanlage „Weiße Rose“ in der Rostocker Südstadt. Auch wenn er froh darüber ist, dass wieder Leben in die insgesamt 66 Parzellen eingezogen ist, mahnt er die Nutzer zur Vorsicht. „Es ist wichtig, dass sich alle Menschen an die Regularien und vor allem das Kontaktverbot halten“, betont er. Das klappe in der Regel aber sehr gut. „Gespräche mit den Nachbarn werden stets nur über den Gartenzaun hinweg gehalten.“ Ingelore Günther, Vorsitzende der Vereinigung der Gartenfreunde „Hufe Mecklenburger Tor Wismar“ achte zudem darauf, dass die einzelnen Parzellen stets nur von der Kernfamilie genutzt werden. „Wir haben alle Richtlinien ausgehängt, damit die Mitglieder immer Bescheid wissen. Das ist wichtig, denn momentan ist auf der Anlage eine ganze Menge los.“ Lesen Sie auch: Chrom schlägt Corona: Oldtimer-Fans in MV starten jetzt in die Saison Gastronomen in MV fordern bessere Exit-Strategie Eltern in MV sind sauer: Warum gelten in den Schulen lockerere Regeln als beim Einkaufen? Von Susanne Gidzinski