Auf dem Sportplatz am Damerower Weg kam es am Mittwoch zu einem „Kick“ der besonderen Art. Denn das Hanse-Jobcenter aus Rostock hat geladen und über 50 Spieler, bestehend aus Arbeitgebern und Arbeitssuchenden, sind dem Aufruf gefolgt. Das Ziel: berufliche und soziale Integration. Denn ein Großteil der Arbeitssuchenden lebt erst seit wenigen Jahren in Rostock.
„Etwa zwei Drittel der 50 Spieler sind arbeitssuchend. Der Rest sind Arbeitgeber“, sagt Toni Greinert vom Rostocker Jobcenter. Darunter Unternehmen wie Burger King, Capita, Fischer Dienstleitungen oder die Deutsche Post. Zu Beginn des „Cup der Chancen“ treten alle Teilnehmer an den Loshut. Dabei ziehen sie sich in eines der sechs Teams und treten anschließend mit völlig Fremden gegen Fremde an. „Wir hoffen, dass die Hemmschwelle zwischen Arbeitgeber und -nehmer hier niedriger als bei herkömmlichen Jobmessen ist“, sagt Julia Speck, Integrationsbeauftragte und Teamleiterin für Langzeitarbeitslose im Hanse-Jobcenter.
Konkurrenzkampf um Arbeitnehmer
Schon kurz nach dem ersten Spiel hat Kay Prestin bereits zehn Kontakte in seiner Tasche. „Wir hatten bisher gute Erfahrungen mit Geflüchteten. Denn gibt man Ihnen eine Chance, dann sind sie sehr loyal und zuverlässig“, sagt Prestin, der als Projektleiter bei Capita arbeitet. Er sucht beim Cup der Chancen nicht nur nach einer sportlichen Herausforderung, sondern vor allem nach potenziellen Callcenter-Mitarbeitern für seinen Arbeitgeber. Das sei auf herkömmlichen Wege gar nicht mehr so einfach: „In Rostock gibt es einige Callcenter und alle suchen nach guten Kräften. Es gibt einen echten Konkurrenzkampf um Arbeitnehmer.“
Am Rand des Feldes sind zwei große Pinnwände aufgebaut. Auf der einen befinden sich die zahlreichen Steckbriefe der Arbeitssuchenden und auf der anderen die der Arbeitgeber. „Man kann sich dann einfach einen kleinen Zettel mit den Kontaktdaten der Person oder des Unternehmens ziehen“, sagt Speck. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Susanne Meyer, Anke Welzel, Annette Krüger und Toni Greinert hatte sie die Idee zu dem Event. „Wir wollten die Möglichkeit schaffen, eine Begegnung von Arbeitssuchenden und Arbeitgebern auf Augenhöhe zu veranstalten.“
Arbeitgeber und Geflüchtete auf Augenhöhe
Das funktioniere gut, wie Michael Forstreuter von Elektrotechnik Sitte berichtet: „Durch den gemeinsamen Sport und den Spirit fühlen sich die Menschen nicht als Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Hier entsteht mehr Nähe.“ Forstreuther und sein Kollege David Kükelhahn sind während des Turniers auf Samad Al-Kaesi aufmerksam geworden. Der 30-jährige Iraker ist erst seit eineinhalb Jahren in Rostock und absolviert an der Universität Rostock seinen Master in Elektrotechnik. „Es gibt so wenige Fachkräfte für Elektrotechnik. Dementsprechend ist es eine tolle Möglichkeit hier an Personal wie Herrn Al-Kaesi heranzutreten“, sagt Kükelhahn.
Dass es als Geflüchteter nicht immer einfach ist, in einer Stadt wie Rostock berufliche Perspektive zu bekommen, weiß Diaa Al-Hamidi. Der 37-Jährige ist seit drei Jahren in der Hansestadt und hat zahlreiche Praktikas absolviert. „Aber ich bin enttäuscht, denn mehr ist daraus nie geworden und ich will wirklich gerne arbeiten.“ Der gebürtige Syrer war in seinem Heimatland vielfältig beschäftigt. „Ich habe in Syrien Jura studiert und später als Produktionsleiter in einer CD- und DVD-Fabrik gearbeitet.“ Doch in Deutschland habe er seit seiner Ankunft weit über 100 Bewerbungen geschrieben – ohne Erfolg. „Ich hoffe, dass ich hier in Gesprächen überzeugen kann“, sagt Al-Hamidi.
Freikarten für FC Hansa Rostock
Das Event war nur aufgrund guter Kooperationen möglich, wie Julia Speck unterstreicht. So haben sowohl der Landessportbund, der Landesfußballbund, die AOK und der Rostocker FC dazu beigetragen, dass Bratwurst, Bälle und Platz zur Verfügung standen. Und natürlich gab es auch einen Preis: „Der FC Hansa Rostock spendiert den Siegerteams Freikarten für ein Ligaspiel in der nächsten Saison. Da sollen die Gruppen dann gemeinsam hingehen und Spaß haben“, sagt Julia Speck. Sie hofft, dass das der Cup der Chancen auch im nächsten Jahr für besondere Begegnungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitssuchenden sorgen kann.
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