Dummerstorf: Leibniz-Forscher nutzen Gewebeproben vom Schlachthof

Um Tierversuche deutlich zu reduzieren, nutzen Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Nutztierbiologie in Dummerstorf (FBN) für Experimente seit Jahren Probenmaterial vom Schlachthof Teterow. Dieser gehört zur dänischen Unternehmensgruppe Danish Crown. Vor allem Eierstöcke und Eileiter von Kühen werden untersucht, um Fortpflanzungsprobleme zu erforschen. Auf dem Betriebshof in Teterow wurden extra Räume eingerichtet, in denen die Gewebeproben aus sogenannten Schlachtnebenprodukten für die Forschungsprojekte aufbereitet werden können. Vor drei Jahren war es in Dummerstorf erstmalig gelungen, realitätsnahe 3D-Zellkultur-Modelle des tierischen Eileiters zu etablieren, in deren „Eileiterflüssigkeit“ sich sogar Embryonen entwickeln können. „Wir sind für unsere Untersuchungen auf diese natürlichen Materialien dringend angewiesen“, unterstreicht PD Dr. Jens Vanselow, Leiter des Instituts für Fortpflanzungsbiologie am FBN. Deshalb seien die Dummerstorfer Wissenschaftler froh, dass ihnen das Teterower Unternehmen als Kooperationspartner auch in diesen schwierigen Zeiten zur Seite stehe. Denn der Aufwand habe sich während der Corona-Pandemie erheblich erhöht. Schnelltests, Schleusung und hohe Hygieneauflagen: Die Mitarbeiter aus Dummerstorf, die die weiblichen Geschlechtsorgane der Kühe in Teterow zu Forschungszecken selbst entnehmen, durchlaufen mehrere Sicherheitsstufen. Das beginnt mit einem wöchentlichen Test auf Coronaviren, der mittlerweile zeitsparend als Schnelltest durchgeführt werden kann. Nach Anlegen des Schutzanzuges muss eine Hygieneschleuse passiert werden. Erst dann gelangen sie in den Schlachthof und können während der laufenden Arbeitsprozesse die tierischen Proben entnehmen und für den Transport vorbereiten. Einmal wöchentlich werden die Schlachtnebenprodukte für das FBN abgeholt. „Unser Unternehmen unterstützt seit vielen Jahren das FBN und die Forschung“, sagte Ralf Heisterkamp, Senior Commercial Director in Teterow. „Das betrifft insbesondere öffentliche Institutionen wie Universitäten und Forschungseinrichtungen, die sich in der Human- und Veterinärmedizin sowie in der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses engagieren. Diese Arbeit kommt letztendlich uns allen zugute“, betont Heisterkamp. Mit alternativen Modellen Tierversuche vermeiden: In einem weiteren Modell kultivierter Eierstockzellen können die Dummerstorfer Forscher nun auch Stoffwechselprobleme und Umwelteinflüsse, die in ähnlicher Weise bei Kühen und Menschen auftreten, simulieren. Dadurch lassen sich deren Auswirkungen auf die weibliche Fruchtbarkeit sehr gut molekular- und zellbiologisch untersuchen. Mit Hilfe eines solchen Zellkulturmodells wurde kürzlich in der Arbeitsgruppe von Dr. Jens Vanselow herausgefunden, dass erhöhte Fettsäurekonzentrationen im Blut das Zyklusgeschehen und die Eizellreifung beeinflussen. Und so sind die tierversuchsfrei gewonnenen Erkenntnisse über frühembryonale Prozesse auch für die Humanmedizin und den menschlichen Nachwuchs von großem Interesse. Von Doris Deutsch