Gegen Asseln hilft nur Chlor

Wer schon mal im Sommer in einem See baden war, kennt Wasserasseln: Selbst mit bloßem Auge sind die kleinen Krebstierchen dann im Wasser zu beobachten. Die winzigen, maximal zwei Zentimeter großen Tiere suchen im Wasser nach organischen Abfällen – nach abgestorbenen Algen etwa. Dass Asseln in Seen und Flüssen leben, ist auch völlig normal – nur im Trinkwasser haben sie nichts verloren. Und dennoch: In Rostock sind nun erstmals seit Jahren Asseln auch im Leitungswasser nachgewiesen worden. Wie die Krebse in die Leitungen gelangen konnten – das wollen das Gesundheitsamt und der Versorger Eurawasser erst noch untersuchen. Zwei Fälle im Rostocker Nordwesten: Entdeckt wurden die Tiere vom städtischen Vermieter Wiro – bei der Kontrolle von Filteranlagen in zwei Wohnhäusern in Lütten Klein und Lichtenhagen. „Wir betreiben in allen Wohnhäusern solche Filteranlagen – um die Hausnetze vor Einträgen aus dem öffentlichen Netz zu schützen“, sagt Wiro-Sprecher Carsten Klehn. Bei der Wartung zweier Filter stieß die Wiro nun auf die besagten Wasserasseln. „Das Leitungsnetz in den Häusern war allerdings nicht betroffen – und komplett sauber. Wir haben umgehend den Wasserversorger informiert.“ Auch Eurawasser-Sprecherin Gabi Kniffka bestätigt den AsselFund, spricht jedoch von einem Einzelfall: „Im weiteren Versorgungsgebiet Rostock sind bisher keine weiteren Befunde aufgetreten“, so Kniffka. Aber: Wasserasseln könnten grundsätzlich in allen wasserführenden System vorkommen. „Insbesondere in Filteranlagen kann es zu einer Ansammlung von Wasserasseln kommen.“ Warum die Tiere nur an zwei Stellen gefunden wurden, werde jetzt überprüft: „Bei Laboruntersuchungen der Zuläufe konnten keine Asseln nachgewiesen werden“, so Kniffka. Experte: Tiere lassen sich kaum bekämpfen Eurawasser will nun die Leitung gründlich spülen. Doch Experten bezweifeln, dass dies helfen wird: „Asseln sind ein Anzeichen dafür, dass das System nicht zu 100 Prozent sauber ist. Irgendwo gelangen Verunreinigungen in das Netz. Doch die zu finden, ist eine echte Sisyphusarbeit.“ Die Krebse würden sich beim Spülen an Ablagerungen an den Rohrinnenwänden festkrallen. „Kein Wasserversorger möchte die in seinem Netz haben.“ Aus dem Gesundheitsamt der Hansestadt heißt es: „Gängige Chemikalien, wie Chlor oder Ozon, machen den Asseln nicht viel. Zum Abtöten mit Chlor bräuchte man eine sehr hohe Konzentration, aber dann wäre das Wasser ungenießbar. Ozon, UV-Licht und auch Ultraschall sind wirkungslos gegen die Tiere.“ Keine Gefahr für die Gesundheit Allerdings sind die Krebse harmlos. Auch ihr Kot ist für Menschen unbedenklich. „Die Asseln sind vorrangig ein ästhetisches Problem“, so Dr. Kerstin Neuber, Leiterin der Abteilung Hygiene und Infektionsschutz. Das Amt hatte erst durch die OZ von den Asseln im Nordwesten erfahren. „Es besteht aber auch keine Meldepflicht uns gegenüber, wenn Asseln im Wasser entdeckt werden.“ Dennoch wolle das Gesundheitsamt nun den Kontakt zur Wiro und zum Versorger Eurawasser suchen: „Wasserasseln leben von organischen Belastungen im Netz“, sagt Neuber. Deshalb werde die Stadt nun auch offiziell Spülungen im Netz veranlassen. Für Eurawasser kommt das Assel-Problem zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Ende Juni übergibt das private Unternehmen die Wasserversorgung an die neue, kommunale Nordwasser GmbH. Auch Nordwasser war über die Funde von Tieren im Trinkwasser noch nicht informiert worden. Der Warnow-Wasser- und Abwasserverband (WWAV) verweist in diesem Punkt auf die Zuständigkeit des Noch-Versorgers. Andreas Meyer

Lütten Klein/Lichtenhagen - Gegen Asseln hilft nur Chlor