Haarpflege mit Wau-Effekt: Diese Friseurin tourt mit mobilem Hunde-Salon durchs Rostocker Land

Akim muss ordentlich Haare lassen. Gleich büschelweise holt ihm seine Friseurin die Zotteln vom Kopf. Was klingt wie der Alptraum eines jeden Salonbesuchers, lässt sich der Siebenjährige nur zu gern gefallen. Mehr noch: Es tut ihm gut. „Der Filz muss aus der Unterwolle, damit die Haut atmen kann und Akim keine Schuppen kriegt“, erklärt Sarai Kaiser und bürstet dem Leonberger-Mix-Rüden über den Rücken. Sarai Kaiser (32) ist buchstäblich auf den Hund gekommen. Ob Dackel oder Bernhardiner, Rassetier oder Promenadenmischung: Sie verpasst jedem Fell die richtige Pflege. Ihre Kunden müssen dafür kaum eine Pfote rühren, denn die Hundefriseurin kommt zu ihnen nach Hause – mit einem rollenden Salon. Beautypaket mit Wau-Faktor: Seit knapp einem Dreivierteljahr tourt Sarai Kaiser mit einem umgebauten Kleinbus kreuz und quer durch Rostock und den umliegenden Kreis. Waschen, Schneiden, Föhnen – auf wenigen Quadratmetern bietet sie Vierbeinern ein Beautypaket mit Wau-Faktor. Normalerweise wird jeder Kunde einzeln und hinter verschlossener Bustür frisiert. Heute aber lässt Sarai Kaiser ausnahmsweise ein ganzes Rudel in ihren Salon: Akim mag Gesellschaft, deshalb dürfen auch die Riesenschnauzer-Schäferhund-Mix-Dame Berta und Pyrenäenberghündin Akira ins Mobil hüpfen. Das tierische Trio gehört Manuela Schwiedeps. Alle vier Wochen bestellt sie die Hundefriseurin zu sich auf den Hof nach Gelbensande, um das Fell ihrer drei Riesen zu pflegen. Sie ist begeistert, dass ihre Lieblinge das ganz ohne Zähnefletschen und Knurren mitmachen. Selbstverständlich ist das nicht. Skeptisch beim ersten Friseurbesuch: Ihr ursprünglicher Besitzer hatte Akim und Akira regelrecht verwahrlosen lassen. Erst seitdem die Hunde bei Manuela Schwiedeps leben, haben sie gelernt, dass sie Menschen vertrauen können. Trotzdem war Akim beim ersten Friseurbesuch skeptisch. „Inzwischen müssen wir ihn regelrecht aus dem Salon scheuchen“, sagt Sarai Kaiser und lacht. Wie zum Beweis schmiegt Akim seinen Kopf an ihre Schulter. Kuscheleinheiten – bei der Friseurin gehört das zum Service. Sarai Kaiser weiß, wie man mit Problemfellen umgeht. „Hunde können nicht mit uns diskutieren, aber sie zeigen uns, was ihnen gefällt und was nicht. Man muss versuchen, ihre Sprache zu verstehen.“ Mode hilft Vierbeinern: Die 32-Jährige versteht sich auch ohne Worte mit ihren Kunden, denn ihr Herz schlägt von klein auf für Hunde. „Ich bin mit ihnen aufgewachsen. Ein Leben ohne sie kann ich mir nicht vorstellen.“ Muss sie auch nicht: Ein Schäferhund und ein Rottweiler-Cane-Corso-Mix warten daheim auf die fahrende Friseurin. „Sie sind ein fester Bestandteil meiner Familie.“ Doch sie möchte auch jenen Vierbeinern helfen, die bislang kein Glück mit Menschen hatten. Mit dem Projekt „Halstuch für Härtefelle“. Auf ihrem Instagramkanal @cKs_tierbedarf stellt sie Tierheimhunde und -katzen vor, in der Hoffnung, dass jemand sein Herz an sie verliert und ihnen ein liebevolles Zuhause bietet. Über die sozialen Netzwerke verkauft sie zudem selbst genähte Halstücher und Fliegen für Vierbeiner. Einen Teil der Erlöse will Sarai Kaiser an Tierheime spenden. Bühne für Pfundskerle und Fiffis: Accessoires hat Akim nicht nötig. Nach einer Stunde Dauerbürsten hat er genug Haare gelassen, um daraus einen Pullover zu stricken. Die Frisur sitzt. Der Rüde hüpft von der Mini-Hebebühne, dem tierischen Pendant zum Frisierstuhl. Hier nehmen sowohl Fiffis im Handtaschenformat Platz als auch echte Pfundskerle. Wie Akim. Der Rüde bringt 55 Kilo auf die Waage. „Mehr als ich“, sagt Sarai Kaiser und lacht. Doch Schwergewichte schrecken sie nicht. Vielmehr setzt die zierliche Friseurin auf die Mitarbeit ihrer Kunden. Gegen den Willen der Tiere passiert hier nichts. Deshalb muss Akims Bad bis zum nächsten Termin warten. Eine Stunde Dauerbürsten waren schön, aber jetzt reicht’s ihm. Mit einem Satz springt er aus dem Salon in die Sonne. Absage für Trendschnitte: Weil ihr das Wohl ihrer Kundschaft am Herzen liegt, erteilt Sarai Kaiser manchem Hundehalter eine Absage. Einem Pudel Schwanzpompon und Puschellatz verpassen oder Spitz auf Teddy trimmen, nur weil’s der Besitzer so niedlich findet – für die Hundefriseurin ein No-Go. „Mein Credo lautet: alles für die Fellnasen.“ Was den Vierbeinern nicht nützt, dafür aber etliche Stunden im Salon kosten würde, will sie den Tieren nicht zumuten. Mit ihrem mobilen Hundesalon hat sich Sarai Kaiser einen Traum erfüllt. Zweiter Glücksgriff: ihre neue Wahlheimat Mecklenburg. Die Liebe hat die gebürtige Schwäbin in den Norden gebracht: Sarais Kaisers Mann ist Soldat bei der Marine. Sobald er seinen Stützpunkt wechselt, packt auch sie ihre Koffer. Liebend gern auf Achse: Nach zwei Dutzend Umzügen sind die Beiden vor rund einem Jahr in Völkshagen, einem Dorf zwischen Rostock und Marlow, gelandet – auch das nur eine Zwischenstation. Vor Kurzem hat das Paar in Vollrathsruhe am Rande der Mecklenburger Schweiz ein Zuhause gefunden. „Hoffentlich für lange Zeit“, sagt Sarai Kaiser. Mit ihrem Hundesalon möchte sie dagegen keinesfalls sesshaft werden. „Jeden Tag am selben Platz arbeiten – das ist nichts für mich. Ich brauche die Abwechslung.“ Deshalb kommt sie buchstäblich auf Touren. Mal darf sie zwischen Wald und Wiese frisieren, mal mit Seeblick oder im Garten eines Kunden. Und bei der Arbeit darf sie mit Hunden nach Herzenslust kuscheln. „Besser geht’s doch nicht.“ Lesen Sie auch: Shooting frei Schnauze: Rostocker Fotografin lichtet Hunde beim Leckerli-Fangen ab Neuer Shop mit Wau-Faktor: In Rostock eröffnet eine Hunde-Boutique Von praktisch bis luxuriös: Diese 10 Dinge gibt es in Rostocks neuer Hunde-Boutique 75 000 Euro! Das plant das Tierheim Schlage bei Rostock mit den Spenden der OZ-Leser Von Antje Bernstein