Kampf gegen Coronavirus: Müssen bald alle Bürger in MV zum Test?

Geht MV in der Coronakrise bald den selben Weg wie Südkorea oder Taiwan? Im Nordosten wird der Ruf nach einer deutlichen Ausweitung der Covid-19-Tests lauter – um auch Infizierte ohne Symptome aufzuspüren, eine Verbreitung des Virus einzudämmen. Die Hansestadt Rostock und der Landkreis Nordwestmecklenburg machen den Anfang: Sie wollen auch Mitarbeiter in Alten- und Pflegeheimen, bei Feuerwehren und in anderen „System-relevanten Berufen“ durchtesten. „Wir brauchen so viele Tests wie möglich“, fordert Rostocks Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen. Aktuell nur Verdachtsfälle: Bisher werten sechs Labore in MV Coronatests aus. 14 000 Tests wurden dort nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Soziales bisher untersucht. Nur 366 waren bisher positiv (Stand Montag). Für mehr reichen die Kapazitäten aktuell nicht aus, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben des Landesverbandes der Amtsärzte sowie der Uni-Kliniken in Greifswald und Rostock. MV muss sich deshalb bisher auf begründete Verdachtsfälle und deren Kontaktpersonen beschränken. Zur OZ-Umfrage: Was halten Sie von Massentests? „Wir testen schon sehr viel“, sagt der Rostocker Infektionsmediziner Prof. Dr. Emil Reisinger. Weitere Tests an scheinbar gesunden Menschen würden nur Sinn machen, wenn sie regelmäßig wiederholt werden. „Wer heute negativ getestet ist, kann morgen schon infiziert sein“, so Reisinger plastisch. Für dieses sogenannte Kohorten-Screening würden aktuell aber die Kapazitäten in den Laboren fehlen. Uni baut Kapazitäten aus: Doch die werden längst ausgebaut: Gerade erst hatte sich das Bundesinnenministerium dafür ausgesprochen, so viele Menschen wie möglich und so oft wie möglich zu testen. „Und das macht auch Sinn“, sagt Prof. Dr. Christian Schmidt, Ärztlicher Vorstand der Rostocker Uni-Klinik. Die Labore in Rostock rüsten bereits auf, bekommen vom Land neue Technik. „Damit können allein wir 5000 Tests binnen Stunden auswerten“, so Schmidt. Weitere OZ-Umfrage: Sollten im Kampf gegen Corona auch Ihre Handy-Daten erfasst werden? „Wir müssen versuchen, so schnell wie möglich, wieder zu einem geordneten Leben zurückzukehren. Dafür ist es nötig, dass wir viele Menschen testen – und möglichst alle Infizierten frühzeitig erkennen und in Quarantäne schicken können.“ Centogene plant 20 000 Tests am Tag: Während sich die Landesregierung zu dem Thema bedeckt hält, handeln die Entscheider vor Ort: In Rostock gibt es seit Tagen Debatten um die freiwilligen Tests, die das Rathaus anbietet – in Zusammenarbeit mit einem privaten Unternehmen. Die Firma Centogene – spezialisiert auf die Diagnose seltener Erbkrankheiten – stellt Personal und Technik für den Kampf gegen das Coronavirus bereit. Mehrere Tausend Tests hat Centogene bereits durchgeführt. „Das reicht aber nicht“, sagt Vorstandschef Prof. Dr. Arndt Rolfs. Auch OB Madsen will das wichtige Personal nun einmal die Woche freiwillig durchtesten lassen: „Vier von fünf Infizierten merken nichts von der Infektion. Aber auch die müssen wir finden – und die Ausbreitung stoppen.“ Das tägliche OZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern täglich gegen 19 Uhr im E-Mail-Postfach „Andere Länder wie etwa Südkorea, Taiwan und Singapur zeigen, dass vor allem das breite Testen auf Covid-19-Infektionen auch bei Bürgern ohne Symptomen dazu beigetragen hat, dass diese Länder verhältnismäßig gering betroffen sind“, so Centogene-Chef Rolfs. Das Rostocker Unternehmen will bis zu 20 000 Tests pro Tag anbieten – zunächst für System-relevante Berufsgruppen. Genau das empfehle die Weltgesundheitsorganisation WHO. „Wir brauchen eine gezielte Überwachung, um unsere Bevölkerung zu schützen“, sagt Rolfs. Nicht zuletzt gehe es auch darum, die Wirtschaft zu retten – in dem möglichst schnell die Ausbreitung von Covid-19 gestoppt wird und strenge Einschränkungen unnötig werden. Auch Euroimmun entwickelt Corona-Indikator: Ein ähnliches Ziel verfolgt der Landkreis Nordwestmecklenburg. Das Landratsamt kooperiert dafür mit dem Unternehmen Euroimmun aus Lübeck und Dassow. Die Firma bringt im großen Stil einen Antikörper-Test namens „Elisa“ auf den Markt. Der soll auch in der Lage sein, zu erkennen, ob ein Mensch bereits unbemerkt mit dem Coronavirus infiziert war und nun geheilt ist. Auch Nordwestmecklenburg will verhindern, dass beispielsweise Altenpfleger unbemerkt die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen anstecken. Mehr lesen: Kommentar: Warum MV noch viel mehr testen muss OZ-Telefonforum: Lorenz Caffier beantwortet Leser-Fragen zur Corona-Krise Corona: 19 Infizierte in Schweriner Flüchtlingsheimen Schwesig zur Corona-Krise: Schärferes Kontaktverbot soll Reiseverkehr zu Ostern einschränken Von Andreas Meyer